1. deutsche Ausgabe

“Charlie Hebdo”: Merkel braucht “neuen Auspuff”

Ausland
01.12.2016 08:02

Die erste deutsche Ausgabe des französischen Satireblatts "Charlie Hebdo" ist da und die Titelgeschichte dreht sich um Angela Merkel. In gewohnt frecher und derber Manier wird die deutsche Bundeskanzlerin karikiert. So findet sich Merkel auf dem Titelblatt auf der Hebebühne einer VW-Werkstatt. Ein Mechaniker inspiziert einen Auspuff und meint: "Ein neuer Auspuff und es geht noch vier Jahre weiter."

Bereits das Werbeplakat für die erste deutsche Ausgabe hat für Aufsehen gesorgt. Auf diesem ist eine auf einer Kloschüssel sitzende Merkel mit einem Exemplar der Satirezeitung abgebildet. Als Überschrift steht zu lesen: "Charlie Hebdo wirkt befreiend - jetzt auch in Deutsch."

"Für uns ist das ein Experiment"
"Charlie Hebdo" auf Deutsch anzubieten ist ein Wagnis. Die bissigen Karikaturen sind nicht jedermanns Geschmack. "Für uns ist das ein Experiment", sagt "Charlie Hebdo"-Chef Laurent Sourisseau alias Riss, der von Kalaschnikow-Kugeln an der Schulter verletzt wurde, als Islamisten am 7. Jänner des Vorjahres beim Anschlag auf die Redaktion in Paris zwölf Menschen ermordeten. "Ich will den Deutschen zeigen, dass auch sie 'Charlie Hebdo' verstehen und darüber lachen können." In Deutschland hätten er und seine Kollegen eine "echte Neugierde" auf das Wochenblatt gespürt.

Auf diese Neugierde setzen die Karikaturisten auch, wenn sie mit einer Startauflage von 200.000 Exemplaren auf den deutschen Markt gehen. Für die deutsche "Charlie Hebdo"-Ausgabe, die wöchentlich erscheinen soll, werden vor allem Karikaturen und Texte des französischen Originals übersetzt, geplant sind aber auch eigene Inhalte und womöglich Kooperationen mit deutschen Zeichnern und Humoristen. Doch lässt sich der Humor von "Charlie Hebdo" treffend übersetzen?

Keine leichte Aufgabe, räumt die deutsche Chefredakteurin Minka Schneider ein, die von Paris aus ein Team von rund einem Dutzend Übersetzern, Grafikern und Korrektoren leitet und aus Sicherheitsgründen ein Pseudonym verwendet: "Manchmal sitzen wir länger als eine halbe Stunde an der Übersetzung von winzigen Formulierungen."

Französische Redaktion arbeitet an geheimem Ort
Vor allem aber spaltet "Charlie Hebdo" die Gemüter wie kaum eine andere Zeitung. Die einen lieben das Blatt für seinen respektlosen Humor, die anderen halten die Karikaturen für vulgär, geschmacklos, beleidigend, blasphemisch. Insbesondere die ausgesprochen religionskritische Haltung von "Charlie Hebdo" geht vielen zu weit. Mit Mohammed-Karikaturen zog sich die Satirezeitung die Wut von Muslimen zu und wurde zum Anschlagsziel. Bis heute haben die bekanntesten Mitarbeiter Polizeischutz, die Redaktion arbeitet an einem geheimen und streng bewachten Ort.

Durch den Anschlag wurde "Charlie Hebdo" weltberühmt. Unter dem Slogan "Ich bin Charlie" gab es eine beispiellose Welle der Solidarität, der Verkauf einer Sonderausgabe brachte Millionen ein. Doch die Berühmtheit ist auch eine Last.

"Im Ausland haben viele Menschen 'Charlie Hebdo' durch dieses dramatische Ereignis kennengelernt, dabei sind wir eine Zeitung, über die man lachen soll", sagt Riss. Die Zeitung werde oft auf den Anschlag und ihre Religionskritik reduziert. "'Charlie Hebdo' ist nicht nur das", beteuert Riss. Was "Charlie Hebdo" wirklich ist, können deutschsprachige Leser ab sofort selbst herausfinden.

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