"Peer Gynt"

Oper Graz: Eine Premiere mit Starbesetzung

Steiermark
20.11.2016 20:27

Eine wahre Premiumbesetzung bietet die Grazer Oper für ihre konzertante Produktion von Ibsens "Peer Gynt" mit der Musik von Grieg auf. Sunnyi Melles und Cornelius Obonya geben an der Bühnenkante ebenso ihr letztes Hemd wie Dirk Kaftan am Pult. Leider ist die einzige weitere Vorstellung (26. 11.) schon ausverkauft.

Eine Standardfassung des seltsamen Hybrids aus Schauspiel und Musik, den Henrik Ibsen und Edvard Grieg 1876 in Oslo erstmals auf die Bühne brachten, drängt sich kaum auf. Die inneren Brüche des dramatischen Gedichts über den weltentrückten Egoisten Peer, der erst nach einer Weltreise voller Eskapaden zu sich kommt, sträuben sich gegen üppige Inszenierungen. Andererseits muss man die fantasievolle Nationalromantik von Griegs Musik keineswegs ironisch kommentieren, um Stimmigkeit herzustellen.

Also wählte man in Graz mit einer Textmontage zu Alain Perroux’ Konzertfassung den Mittelweg. Die effizient wie poetisch begradigten Texte richten den Blick auf das Innenleben der Figuren, denen der norwegische Bauernlümmel Peer Gynt begegnet. Und mit Sunnyi Melles und Cornelius Obonya steht ein Duo zur Verfügung, das jede Facette dieser Dialoge zu voller dramatischer Entfaltung bringt.

Glücksmomente, für die man in die Oper pilgert
Obonya liest Peer als charismatischen Sturschädel, dessen Sorglosigkeit wie nebenbei auch Bosheit ist. Melles ist nervös Leidende, nah am Wasser gebaut. Sie punktet etwa als fiepsende Grüngekleidete auch komödiantisch, rührt aber vor allem als leidende Solveig und sterbende Mutter.

"Åses Tod" mimt sie restlos, zerfließend - zur Elegie der Streicher, denen Dirigent Dirk Kaftan existenzielle Inbrunst einimpft. Das Ersterben dieser Szene ist einer der Glücksmomente, für die man in die Oper pilgert.

Ein großes Opernfinale
Hinter den Solisten turnt das Orchester mit atmosphärischem Klang und Präzision durch die zerzauste Vielgestalt von Griegs Musik. Schimmernd die Streicher, grandios in Form die Bläser. Und auch die Sänger meistern die raren Vokalnummern ideal: Dshamilja Kaiser singt den Arabischen Tanz mit lasziver Fülle im Mezzo; Dariusz Perczaks Bariton hat Format und Schärfe für Peer Gynts Serenade; Tatjana Miyus (Sopran) liefert als Solveig dünne Spitzen, aber viel lyrische Qualität in der Mittellage.

Es gelingt ein Abend, der emotional alle Register zieht. Das mag dem einen oder anderen schon fast zu viel sein, aber vergessen wir nicht: Understatement ist etwas für Vorstandssitzungen. Wer sich hingibt, erlebt ein packendes Hörspiel, das zuletzt mit Solveigs Wiegenlied, begleitet vom vierstimmigen Kirchgängerchor, sogar noch sein echtes, großes Opernfinale bekommt.

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