Weil EU einknickt

Kuhhandel um deutsche Maut: Klagt nun Österreich?

Österreich
04.11.2016 16:19

Knalleffekt im jahrelangen Streit um die deutsche Ausländermaut: Wie berichtete, knickt die EU offenbar ein, zieht ihre Klage zurück und lässt sich auf einen Kuhhandel ein, der rasch durchgezogen werden soll. Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) will das aber nicht so einfach hinnehmen und kündigte bereits Widerstand an: "Es darf zu keiner Ungleichbehandlung zwischen deutschen und ausländischen Verkehrsteilnehmern kommen", so Leichtfried. Der Gang vor den Europäischen Gerichtshof sei für ihn noch immer eine Möglichkeit.

Leichtfried erneuerte am Freitag die heimische Klagsdrohung: "Wir werden prüfen, ob das neue Modell diskriminierend und europarechtswidrig ist. Wenn Österreicher benachteiligt werden, behalten wir uns weitere Schritte vor."

ÖAMTC: "Österreichische Autofahrer besonders stark betroffen"
Auch der ÖAMTC sorgt sich, "dass österreichische Autofahrer besonders stark betroffen sein könnten", wie der Autofahrerclub am Freitag in einer Aussendung festhielt. Positiv sieht der ÖAMTC die Ankündigung Leichtfrieds, den finalen Kompromissvorschlag genau zu prüfen. Sollte dabei ein Verdacht entstehen, dass die Diskriminierung ausländischer Autofahrer trotz eines Kompromisses zwischen EU-Kommission und Deutschland weiter besteht, müsse Österreich, wie in der Vergangenheit wiederholt angekündigt, beim Europäischen Gerichtshof Klage einbringen.

Einführung nach deutscher Bundestagswahl?
Das letztes Wort ist also noch lange nicht gesprochen, obwohl der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und die EU-Kommission die Verhandlungen nun rasch abschließen wollen - am liebsten noch im November. Das Gesetz ist längst beschlossen, wird wegen des EU-Verfahrens aber noch nicht angewendet. Wann eine Umsetzung starten könnte, ist daher weiterhin offen. Dobrindt rechnet mit einem Start nach der deutschen Bundestagswahl, die im kommenden Herbst stattfindet.

Das Modell der Maut sieht vor, dass inländische Autobesitzer auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen eine "Infrastrukturabgabe" zahlen sollen, Pkw-Fahrer aus dem Ausland auf Autobahnen. Nach Abzug der Systemkosten sollen jährlich 500 Millionen Euro hereinkommen. Die Kommission hatte noch Ende September angekündigt, Deutschland wegen Benachteiligung von Ausländern vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Hauptkritikpunkt ist, dass nur Deutsche für Mautzahlungen bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollen.

Laut Dobrindt will man der EU bei den geplanten Kurzzeitvignetten nun entgegenkommen, die für Ausländer geplant sind, die nur wenige Tage im Jahr deutsche Autobahnen nutzen. Zudem soll die Umweltverträglichkeit stärker berücksichtigt werden. Schon nach dem bereits beschlossenen Mautgesetz könnten deutsche Autofahrer mit umweltfreundlichen Autos bei der Kfz-Steuer mehr zurückbekommen als sie durch die Maut zahlen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe sich "selbst starkgemacht, um eine gemeinsame Lösung zu finden", sagte Dobrindt am Freitag vor Beginn des CSU-Parteitags. Der Gedanke, umweltfreundliche Autos stärker zu entlasten, sei "gemeinsam mit der EU-Kommission entwickelt worden".

SPD skeptisch
Doch selbst in Deutschland gibt es bereits erste Zweifel an dem Kompromiss. "Wir sind da skeptisch", sagte SPD-Vizefraktionschef Sören Bartol am Freitag. "Wir werden dies sehr ausgiebig prüfen." Die Frage sei, ob der Kompromiss dem Koalitionsvertrag entspreche und ob die Einnahmen sich überhaupt lohnen. "Die Maut darf kein Selbstzweck werden", forderte Bartol. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dagegen lobte die sich abzeichnende Einigung mit der EU. Es dürfe aber kein deutscher Fahrzeughalter zusätzlich belastet werden, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert. Das sicherte auch Dobrindt zu. Sollte sich Deutschland mit der EU einigen, muss sich der deutsche Bundestag erneut mit dem Thema befassen.

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