Rehhagel in Linz

“Im Fußball gibt es nur eine Wahrheit”

Oberösterreich
03.11.2016 15:09

Mit 832 Spielen ist er in der deutschen Bundesliga  öfter als jeder andere Trainer auf der Bank gesessen. Und keiner hat je eine größere Sensation geschafft als er mit dem  EM-Titel ’04. Dank dem Otto Rehhagel als erster Ausländer "Grieche des Jahres" wurde,  bis heute  als "Rehakles" und "König Otto" verehrt wird.

Herr Rehhagel, welcher Spitzname schmeichelt  Ihnen  denn am meisten?
Natürlich gefällt einem  so etwas - wir sind doch alle ein wenig eitel. Aber eine Anrede freute mich am meisten: In  Griechenland schrieb eine Zeitung nach dem EM-Triumph: "Danke, Herr Otto".

Und wie lebt "Herr Otto" dann heute?
Nun, ich bin schon 78...

...das sieht Ihnen aber wirklich keiner an!
Es glauben auch nur wenige.  Ich übrigens auch nicht. Trotzdem rennt die Zeit davon.  Goethe sagte: "Dreifach geht der Schritt der Zeit, zögernd kommt die Zukunft hergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt verflogen,  still steht die Vergangenheit." Manchmal denk ich mir, ich raste wie eine Rakete durchs Leben - immer war was los.

Worauf sind Sie stolz?
Dass ich schaffte,    dass 95 Prozent meiner Spieler auch meine Freunde geworden sind - auch schwierige Typen wie der Mario Basler.

Ihr größter Erfolg?
Dass ich mit meiner Beate 53 Jahre verheiratet bin.

Was macht Sie neben Ihrer Frau glücklich?
Dass ich Spuren  hinterlassen habe, Menschen mich heute noch überall einladen.

Wann war Ihnen klar: Ich werd’ Fußball-Lehrer?
Ich wollte das  immer. Die große Herausforderung des Lebens ist der Umgang mit anderen Menschen - diese Kunst ist mir  gut gelungen. Auch, weil ich nie alle Türen hinter mir zugeschlagen hab.

Trotzdem war’s oft heftig. 1982 saßen Sie einmal sogar mit einer kugelsicheren Weste auf der Trainerbank.
Das war wegen meinem Freund Ewald Lienen. Ihm war von meinem Spieler mit den Stollen der Oberschenkel 20 Zentimeter  weit aufgeschlitzt worden.  Es sah grässlich aus, war  ein Unfall. Nachher hieß es aber, ich hätte den Spieler  dazu aufgehetzt - und  vorm Rückspiel in Bielefeld gab’s die Drohung: Wir schießen dir eine Kugel durch den Kopf!

Wie gingen Sie damit um?
Man muss cool bleiben. Trotzdem hatte ich eine Bleiweste an und saßen zwei Polizisten neben mir.

Carlo Ancelotti  sagt,  es gehöre zum Job, gefeuert zu werden. Bei Ihnen gehörte offenbar noch viel  mehr dazu.
Trotzdem ist  Fußball nur ein Spiel.  Von Niederlagen  geht die Welt nicht unter.  Wirst du entlassen, so trifft dich das persönlich,   aber im Leben  erhält man  auch immer wieder  neue Chancen.

Eine wie Griechenland!
Vor der EM dachte keiner, dass wir die Gruppe überstehen. Als wir im zweiten Spiel Welt- und Europameister Frankreich geschlagen hatten, sagte ich: "Leute, wir sind schon jetzt der Gewinner des Turniers." Am Ende haben wir gewonnen, weil wir ein gutes Team hatten. Das waren damals  ganz besondere Jungs

Mit einem Coach, der nicht Griechisch sprach!  
Wenn ein Trainer  nicht gewinnt, hilft  ihm  auch die Sprache nichts. Ich bin ein großer Praktiker, heute gibt es aber zu viel Theoretiker. Doch die einzige Wahrheit des Fußball ist:  Der Ball muss ins Tor!

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