Polizei-Großeinsatz

Stinkbombenangriff auf rechten Kongress in Linz

Österreich
29.10.2016 17:19

Riesenwirbel am Samstag in der Linzer Innenstadt: Ein Polizeiaufgebot enormen Ausmaßes - es soll sich um eine zumindest dreistellige Zahl an Beamten handeln - überwachte ein verhängtes Platzverbot rund um die Redoutensäle. Der Grund für die drastischen Sicherheitsmaßnahmen: der rechte Kongress "Verteidiger Europas". Die umstrittene Veranstaltung stank dem ein oder anderen gewaltig: Schon kurz nach Beginn kam es zu einer übelriechenden Störaktion. Am Nachmittag machten dann auch noch rund 1800 Gegendemonstranten ihrem Unmut Luft.

Schon in den frühen Morgenstunden galt die Linzer Innenstadt als Sperrzone. Rund um die Redoutensäle wurde ein großräumiges Platzverbot verhängt, das durch eine Vielzahl an Uniformierten, die teils auch mit Helmen ausgestattet waren, auch rigoros durchgesetzt wurde. So wurden etwa Gäste, die ein Lokal in der Zone besuchen wollten, von der Polizei dorthin geleitet - um etwaige Zwischenfälle zu vermeiden.

Für den rechten Kongress waren sogar Einsatzeinheiten aus einem oder sogar zwei weiteren Bundesländern als Verstärkung vorgesehen - eine genaue Zahl der eingesetzten Beamten wurde nicht veröffentlicht, es soll sich aber zumindest um eine Zahl im dreistelligen Bereich handeln. In den Straßen in der Verbotszone und im darin befindlichen Landhauspark stand zudem eine Vielzahl an Dienstfahrzeuge.

Stinkbombenangriff kurz nach Kongressbeginn
Doch selbst das Großaufgebot rund um die Redoutensäle konnte eine erste Störaktion von Veranstaltungsgegner nicht verhindern. Laut Polizei gelang es zwei Personen kurz nach Beginn des Kongresses, eine übelriechende Flüssigkeit in kleinen Kapseln in die Räumlichkeiten zu schmuggeln und dort zu verteilen. "Die beiden Personen wurden vorläufig festgenommen", so Sprecher Bruno Guttmann. Der Kongress lief unterdessen unverändert weiter.

Wirbel um Einladung des Salzburger Weihbischofs
Ein geladener Gast sorgte bereits im Vorfeld des rechten Kongresses für ordentlich Wirbel, besonders in den sozialen Netzwerken. So hatten die Veranstalter den Salzburger Weihbischof Andreas Laun zum rechten Kongress eingeladen. Nach dem ausdrücklichen Ersuchen von Erzbischof Franz Lackner sagte Laun seine Teilnahme dann allerdings ab, bedauerte jedoch "die Polarisierung rund um den Kongress", wie die Kathpress via Aussendung berichtete. Er selbst habe "einen Beitrag zur Versachlichung" leisten wollen, geplant gewesen sei eine Rede über "Europa und seine christlichen Wurzeln". Über die Veranstalter sagte er, "ich weiß nicht, welche Leute das sind."

Scharfe Kritik an Launs avisierter Teilnahme kam - noch vor dessen Absage - von Caritas-Präsident Michael Landau über den Kurznachrichtendienst Twitter:

Kickl: Van der Bellen als "Last-Minute-Patriot"
Bei seiner Ankunft gesichtet wurde er zwar nicht, er trat jedoch später mit gewohnt markigen Sagern in seiner Rede vor den Kongress-Teilnehmern auf. So bezeichnete FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl Abgeordnete von SPÖ und Grüne im Hohen Haus als "mieselsüchtige Parlamentarier". Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen nannte der Norbert-Hofer-Wahlkampfmanager einen "Last-Minute-Patrioten". Und weiter: "Die Toleranz der Linken ist oft nichts anderes als Feigheit."

Dass keine "Mainstream-Medien" am Kongress teilnehmen durften, sah Kickl mit Wohlwollen: "Sie können jetzt selber einmal darüber nachdenken, warum das so ist", meinte der Generalsekretär bei seinem Eintreffen laut einem online-Bericht des "Standard".

Gegendemo mit zahlreichen Teilnehmern
Am Nachmittag versammelten sich dann am Vorplatz des Linzer Bahnhofs zahlreiche Gegendemonstranten, um gegen den rechten Kongress zu demonstrieren.

Seitens der Polizei wurden rund 1800 Teilnehmer gezählt, auf Twitter kursierten jedoch mitunter weit höhere Angaben. Bunte Banner mit den Aufschriften "FPÖ raus! Flüchtlinge rein!" oder "Linz stellt sich quer! Gegen Rassismus, FPÖ und rechte Gewalt" wurden u.a. in die Höhe gehalten, Parolen wie "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda" und "Nazis raus" skandiert.

Nach einigen Ansprachen setzte sich der Demozug schließlich - wie angekündigt - in Richtung des Randes des Platzverbotes an der Promenade in Bewegung.

Der Zug musste zwischendurch jedoch angehalten werden, laut Angaben der Polizei aufgrund des Einsatzes von Bengalen oder auch des Werfens von Farbbeuteln. Die Gegendemo ging dennoch ohne gröbere Zwischenfälle und friedlich über die Bühne.

Wirbel um rechten Kongress bereits im Vorfeld
Bereits im Vorfeld hatte die Veranstaltung für allerlei Wirbel und Aufregung gesorgt. Hinter dem Kongress "Verteidiger Europas" steht das "Europäische Forum Linz". Und auf der Liste der "Aussteller" finden sich u.a. die Identitäre Bewegung, die vom früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf ins Leben gerufene Webplattform "unzensuriert.at" oder das Zweimonatsblatt "Info Direkt". Doch auch hier geizt man mit näheren Details, die Organisatoren schweigen sich aus, geben keine weiteren Informationen weiter.

Kritik an Veranstaltung
Kritiker der Veranstaltung charakterisieren die Teilnehmer als Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker, oft mit Russland-Affinität, teils mit umstürzlerischen Tendenzen. So stehe etwa die Bewegung "Ein Prozent" für ein Prozent der Bevölkerung, das gut vernetzt seine Ziele gegen den Rest durchsetzen könne. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hält die "Teilnahme von Personen aus dem rechtsextremen Lager" für möglich und stuft die Inhalte von "Info Direkt" und "unzensuriert.at" als "zum Teil äußerst fremdenfeindlich" mit antisemitischen Tendenzen bzw. verschwörungstheoretischen Ansätzen ein.

Der Protest gegen das Treffen richtet sich auch dagegen, dass das Land seine Repräsentationsräume an die Veranstalter vermietet hat. Mehr als 60 Persönlichkeiten - darunter Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, KZ-Überlebende, Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske, ÖGB-Präsident Erich Foglar oder der frühere Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) - haben einen Offenen Brief an Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) unterzeichnet, in dem die Auflösung des Mietvertrags gefordert wurde.

Da laut BVT keine Informationen vorliegen, dass eine strafrechts- bzw. verbotsgesetzwidrige Veranstaltung zu erwarten sei, die man von vornherein untersagen müsste, sah Pühringer aber keinen Grund dafür. Versuche von SPÖ und Grünen, eine Auflösung zu erwirken, scheiterten an den Gegenstimmen von ÖVP und FPÖ in der Landesregierung.

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