EU-Kommissar warnt:

“Mossul-Offensive treibt IS-Kämpfer nach Europa”

Ausland
18.10.2016 13:42

Die irakische Armee und ihre Verbündeten haben am Montag mit der Großoffensive zur Befreiung von Mossul begonnen, die einen Wendepunkt im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat bringen soll. Im Osten der Großstadt konnten kurdische Peschmerga-Kämpfer bereits erste Dörfer aus der Gewalt des IS befreien. Während die UNO wegen des bevorstehenden Kampfes um die Metropole vor einer Fluchtwelle warnt, sieht EU-Sicherheitskommissar Julian King auch andere negative Folgen: "Die Rückeroberung Mossuls kann dazu führen, dass gewaltbereite IS-Kämpfer nach Europa zurückkommen."

Zwar werde es keinen "Massenexodus von IS-Kämpfern nach Europa" geben, doch: "Es befinden sich derzeit insgesamt noch rund 2500 IS-Kämpfer aus EU-Ländern in den Kampfgebieten. Vergleichbare Fälle in der Vergangenheit, wie Afghanistan, haben uns gezeigt, dass einige Kämpfer zurückkehren", sagte King am Dienstag der deutschen Tageszeitung "Welt". "Selbst eine kleine Anzahl stellt eine ernste Bedrohung dar, und darauf müssen wir vorbereitet sein." Wichtig sei jetzt, durch geeignete Maßnahmen Terroristen immer weniger Handlungsmöglichkeiten zu geben und "insgesamt unsere Widerstandsfähigkeit gegen die terroristische Bedrohung zu erhöhen".

Kommissar: Sicherheit von Reisedokumenten verbessern
King plädierte angesichts der terroristischen Bedrohung dafür, die Sicherheit von Reisedokumenten zu verbessern. "Derzeit kann man die Passkontrollen an den EU-Außengrenzen zu leicht umgehen, indem man falsche Dokumente vorlegt", so der EU-Kommissar. "Wir sollten uns auch die Sicherheitsstandards von Geburts- und Heiratsurkunden ansehen - die Dokumente, auf deren Grundlage man Reisedokumente erhält. Es nützt nichts, wenn der Reisepass zwar fälschungssicher ist, aber auf falschen Angaben basiert."

Angeführt wird die Offensive auf Mossul von der irakischen Armee und der Polizei des Landes. Unterstützt werden die Sicherheitskräfte von bis zu 4000 kurdischen Peschmerga-Kämpfern. Auch schiitische und lokale sunnitische Milizen sollen an der Operation beteiligt werden. Die von den USA geführte internationale Koalition wiederum fliegt Luftangriffe gegen den IS.

Armee und Peschmerga melden erste Erfolge
Noch finden die Kämpfe im Vorland von Mossul statt. Die Armee rückt von Süden und Südosten auf die Stadt vor, die Peschmerga von Osten aus. In den ersten 24 Stunden der Offensive eroberten die Soldaten und kurdischen Kämpfer laut eigenen Angaben 20 Dörfer. Die türkische Luftwaffe unterstützte im Rahmen der Koalition mit Luftschlägen den Vormarsch. Irakische Sicherheitskräfte wehrten zudem eigenen Angaben zufolge mehrere Gegenangriffe der IS-Extremisten ab.

Rückeroberung könnte "womöglich Monate" dauern
Laut Experten ist jedoch nicht mit einem schnellen Erfolg zu rechnen. Die Rückeroberung der Stadt werde Wochen oder "womöglich Monate" dauern, sagte etwa der für den Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak zuständige US-General Stephen Townsend. Demnach befinden bis zu 4500 IS-Kämpfer in und um Mossul. Es wird befürchtet, dass die Extremisten in der ganzen Stadt Minen deponiert haben. Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Militäroperation als eine "sehr komplexe Herausforderung".

Mossul ist die letzte IS-Bastion im Irak. Die Millionenstadt unweit der Grenze zur Türkei steht seit Juni 2014 unter der Kontrolle der Miliz, von dort aus überrannte der IS weite Teile des Landes. Die Metropole ist von großer strategischer Bedeutung, nicht nur wegen ihrer Ölfelder und Raffinerien. Durch die Stadt führen auch wichtige Routen zur syrischen Grenze, in die Türkei sowie in die irakische Hauptstadt Bagdad.

UNO befürchtet Fluchtwelle und humanitäre Katastrophe
In Mossul sollen noch rund 1,5 Millionen Menschen leben. Die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen warnten vor einer Fluchtwelle und einer humanitären Katastrophe. Mit den ersten größeren Flüchtlingsbewegungen sei in knapp einer Woche zu rechnen, sagte Lise Grande, die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Irak, am Montag. Der Bürgermeister der nordirakischen Kurdenhauptstadt Erbil, Nihad Kodsha, sagte, er rechne mit bis zu 800.000 neuen Flüchtlingen. Die Hilfsorganisation UNHCR befürchtet bis zu eine Million Flüchtlinge aus Mossul, von denen bis zu 700.000 humanitäre Hilfe benötigen könnten.

Internationales Treffen zur Zukunft von Mossul
Wie unterdessen bekannt wurde, organisieren Frankreich und der Irak am Donnerstag in Paris ein internationales Treffen zur Zukunft Mossuls. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault teilte am Dienstagnachmittag mit, zu der Konferenz seien die Außenminister von rund 20 Ländern geladen. Dabei gehe es um die politische Zukunft der Stadt nach der geplanten Vertreibung des IS.

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