Live im Gasometer

Status Quo: Ein Abschied mit Würde und Wehmut

Musik
13.10.2016 00:46

Nach 54 Jahren und mehr als 6.000 Konzerten neigt sich die Karriere der britischen Kult-Rocker Status Quo dem Ende zu. Ohne den immer noch an einem Herzinfarkt laborierenden Rick Parfitt boten Francis Rossi und Co. Mittwochabend vor rund 2.900 Fans im Wiener Gasometer eine überraschungsarme, aber höchstzufriedenstellende Abschiedsvorstellung.

(Bild: kmm)

Es ist wie eine Hollywood-Dramödie ohne das berühmte Happy End. Nach mehr als 50 Jahren der gemeinsamen Berufsausübung, mit allen Höhen und Tiefen, ist Status Quo kein gemeinsamer Karriere-Abschluss gegönnt. Rick Parfitt, von treuen Anhängern liebevoll als bester Rhythmusgitarrist der Welt tituliert, fehlt aus gesundheitlichen Gründen beim europäischen Abgesang der berühmtesten Boogierock-Band der Welt. Sein am 15. Juni im türkischen Antalya erlittener Herzinfarkt war nicht der erste, aber der bislang fatalste. Nach den Sommer-Open-Airs musste der Blondschopf schlussendlich zähneknirschend auch die Herbsttournee absagen. Das ist insofern doppelt bitter, als das Status Quo eben ihre "Last Night Of The Electrics"-Tour spielen - ihre Stromgitarren und die daraus in alle Himmelsrichtungen feuernden Riffsalven pensionieren.

Rares Gut
Vor dem großen Ende sind die Briten aber noch einmal auf großem Eroberungsfeldzug und füllen die Hallen. Dem Wiener Gasometer fiel Mittwochabend gar die Ehre zuteil, als Tourauftakt für die zweimonatige Abschlussreise zu dienen. Rund 2.900 Fans folgten der Einladung ihrer in Würde ergrauten Heroen, die sich vor drei Jahren mit dem jungen Leon Cave an den Drums verstärkten und Richie Malone als Ersatzmann für den rekonvaleszenten Parfitt engagierten. Indoor-Shows sind für die heimischen Quo-Fans ein rares Gut. Zwischen dem Linzer Domplatz, Wiesen, der malerischen Burg Clam oder auch den weiten Feldern im steirischen Gutenberg bei Weiz wurden die Briten in den letzten Jahren vornehmlich auf Freiluftbretter geschickt.

Dabei steht ihnen die Halle gut, denn hier kanalisieren sich die schneidenden Riffs zu einem in sich geschlossenen Hörvergnügen, profitierten an diesem Abend auch von einem mehr als adäquaten Sound. Wie gute alte Bekannte dröhnten legendäre Klassiker wie "Caroline" oder "The Wanderer" - gefühlt seit 100 Jahren unverändert am Beginn jeder Quo-Setlist - durch die Gehörgänge und brachten das Publikum von Anfang an auf Betriebstemperatur. Für ihre große Abschiedstournee haben sich die Briten eine ausgeklügelte und bunte Lichtshow ausgedacht, lassen per LED-Strahler immer wieder den Bandnamen hervorleuchten und rütteln ansonsten nicht einmal ansatzweise am Gewohnten.

Nostalgie und Halt
Nach mehr als 100 Singles, weit über 6.000 Konzerten und 54 Jahren auf der Bühne sitzt jedes Detail, jede Nuance mit einem beneidenswerten Perfektionismus. Status Quo bedienen bei ihren Liveshows nicht nur die verträumte Nostalgie, sondern bieten klanglich und optisch auch einen stabilen Halt in Zeiten fortwährender Veränderungen und Erneuerungen. So wie sich die Setlist der Briten seit Jahrzehnten nur minimalst verändert, genießen Quo-Fans auch denselben "Rhino" Edwards mit seinem kopflosen Bass, sowie dasselbe weiße Hemd von Frontmann Francis Rossi, der mit seinen 67 zwar mittlerweile sehr mitgenommen und hager wirkt, bei Songs wie "Down Down" oder "Whatever You Want" aber noch immer unvergleichlich kompromisslos das "Ballett der drei Akkorde" abfeiert.

Von "Hold You Back" über "Paper Plane" bis hin zum hart rockenden "Roll Over Lay Down" verbrieten die Briten in gut 90 Minuten alle großen Klassiker ihres langjährigen Schaffens und verwandelten den Gasometer-Innenraum in ein Tollhaus. Die Parfitt-Parts wurden durchaus bravourös von "Rhino" Edwards gesungen, für die programmatischen Rossi-Scherze mit einer kräftigen Portion dunkelenglischen Humors blieb zur großen Abschiedsmatinee ebenfalls genug Zeit. Dass sich hie und da doch auch eklatantere Spiel- und Gesangsschwächen ("Down Down") einschlichen, machten Status Quo mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Kult und Sympathie wieder wett.

Noch einmal suchen
So endete der Abschied auf Raten unter tosendem Applaus - dass Parfitts, just am Wien-Konzerttag stattfindender, 68. Geburtstag von seinem langjährigen Kompagnon Rossi nicht einmal erwähnt wurde, ist trotz der seit Jahren anhaltenden Privatfehde der beiden ein unrühmliches Zeichen fehlender Kollegialität. Doch auf Kreuzfahrtschiffen oder Einzelkonzerten im Akustik-Gewand wird man die beiden auch in Zukunft wieder sehen können. Davor gibt es heute, Donnerstagabend, noch den allerletzten Österreich-Auftritt mit Stromgitarre: allerdings mit Pech für Kurzentschlossene, denn der Gig in der Klagenfurter Wörtherseehalle ist bis auf den letzten Platz ausverkauft. Allen glücklichen Kartenbesitzern wünschen wir zum Abschluss noch ein letztes Mal viel Spaß mit der Suche nach dem vierten Akkord - goodbye and farewell!

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