Warten auf Urteil

“Einweisung wäre ein Sieg für Amokfahrer”

Österreich
29.09.2016 16:43

Viele haben sich eine Meinung gebildet in den vergangenen Tagen, kaum jemand will dem Todeslenker Alen R. seine Opferrolle abnehmen. Jetzt ist es an der Zeit, dass der Prozess, der so vieles wieder aufgewühlt hat, endlich seinen Abschluss hat. Dass es Klarheit gibt und ein Urteil. Damit die Betroffenen wieder nach vorne schauen können.

Noch so ein prachtvoller Herbsttag unter den roten Dächern. Alles flaniert durch die Grazer Herrengasse, der Verkehr tost am Ring, beim Eisernen Tor sitzt halb Graz in der Sonne. Man hat oft den Eindruck, dass die Stadt ihren südlichen Schlendrian nach der Amokfahrt umso bewusster erlebt. Das kollektive Trauma hat sich schon verflüchtigt.

Und doch ist er wie ein Schatten, der Gedanke an diesen Prozess, der nur ein paar Gehminuten entfernt endlich zu Ende gehen soll. Nach wie vor gibt es die, die wirklich betroffen sind, die Opfer und ihre Angehörigen, die Einsatzkräfte. Ihr Trauma wird sich nie verflüchtigen.

"Als Geschworener müsste ich keine Sekunde überlegen"
Und dann sind da die unzähligen Augenzeugen, die immer noch zu kiefeln haben am Erlebten, so wie Hubert Schlegl. Er hat am dritten Prozesstag seine Aussage gemacht. Knisternd sei die Spannung gewesen bei Gericht, erzählt er. "Ich war furchtbar nervös, aber der Richter hat mich angelächelt, da fühlst du dich gleich etwas besser."

Für die Uneinigkeit der Gutachter hat er kein Verständnis. "Alle Zeugen waren sich einig, dass er gezielt auf die Leute zugefahren ist. Ich als Geschworener müsste keine Sekunde lang überlegen." Und er bringt auf den Punkt, was sich so viele denken: "Eine Einweisung, das wäre wie ein Sieg für den Amokfahrer. Es gibt ja Leute, die gehen immer noch auf Krücken."

"Es ging zu wenig um die Opfer"
Augenzeuge Hans Jörg Mackeldey wünscht sich harte Strafen, auch zur Abschreckung. Beim Prozess ging es ihm viel zu oft um Alen R., viel zu selten um die Opfer. "Immer hieß es, der ist arm, so arm. Man muss eben hoffen, dass die Geschworenen es aus der Sicht der Opfer sehen."

So oder so. "Diese Menschen müssen sehen, dass der Rechtsstaat reagiert", hat der Leiter des Kriseninterventionsteams, Edwin Benko, zum Prozessauftakt gesagt. Und der Rechtsstaat hat reagiert, mit riesigem Aufwand, hat alle zu Wort kommen lassen, für Transparenz gesorgt. Das wird den Betroffenen helfen. Vielleicht kann der eine oder andere jetzt loslassen, durchatmen. Und sich über die Herbstsonne freuen.

Am späten Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Ein Urteil soll am Abend gefällt werden.

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