"Der Ameisenhaufen"

Vera Russwurms neue Karriere als Krimi-Autorin

Adabei
02.10.2016 06:00

Vera Russwurm lässt in ihrem Buch hinter die Kulissen des Showbiz blicken. Rasant, spannend und witzig.

Wir kennen Vera Russwurm schon lange als umtriebige Moderatorin und Journalistin. Sie berührt mit ihren Sendungen, bringt uns zum Lachen, Schmunzeln und Weinen. Als "Krone"-Kolumnistin gibt sie jeden Montag private und berufliche Einblicke in die Welt von TV-Persönlichkeiten aus dem deutschsprachigen Raum.

Mit ihrem ersten Roman "Ameisenhaufen" ist ihr nun ein weiterer großer Coup gelungen. Die Idee dazu entstand nicht anders als bei jenen zu neuen TV-Formaten: durch ein launiges Gespräch unter Freunden, das schließlich in der Aufforderung gipfelte: "Schreib doch einmal, wie es hinter den Kulissen bei der Entwicklung eines quotenträchtigen Showformats zugeht." Der Gedanke war reizvoll. "Warum nicht?", dachte sich die sympathische Moderatorin. Eineinhalb Jahre tippte sie daran. Das Resultat: ein rasanter, spannender und überaus witziger Roman mit treffsicher gezeichneten Charakteren und unverblümter Sprache.

Vera Russwurm blickt hinter die Fassade der Glitzerwelt
Selbst seit fast vier Jahrzehnten im Geschäft, kennt Vera Russwurm nur zu gut den ganz normalen Wahnsinn und die Menschen, die hinter dieser Glitzerwelt stehen. "Die Karrieregeilen und Intriganten ebenso wie die Ängstlichen und Verwundbaren, die nur allzu schnell in dieser bunten Seelen verschlingenden Fernsehwelt untergehen. Und natürlich gibt es auch Neider", erzählt die dreifache Mutter, die wie ein Ruhepol skandalfrei und seit 32 Jahren mit TV-Produzent und "Metropol"-Chef Peter Hofbauer glücklich verheiratet schon viele Veränderungen in der Branche miterlebt hat.

Wenngleich uns der Roman am Medienjob teilhaben lässt, ist er aber keine 1:1-Abbildung der Wirklichkeit. Vielmehr ist die Geschichte um eine verschwundene Million eine Überspitzung, bietet doch der Fernsehalltag samt seinen Akteuren genügend Stoff für eine Realsatire.

Die Handlung
Ein Geldkoffer wird aus dem Chefbüro der österreichischen Produktionsfirma MasterTV-Österreich gestohlen. Somit fehlt eine Million Euro - das Preisgeld - im Budget der brandneuen Sendung "Ameisenhaufen". Das Management trifft eine höchst ungewöhnliche Sparmaßnahme: Aus verschiedenen Abteilungen wird jeweils ein Mitarbeiter bestimmt, der sich im "Ameisenhaufen" behaupten muss. Der Clou: Diejenigen, die diese demütigenden Spiele erfunden haben, müssen nun selber spielen. Der "Ameisenhaufen", das sind 50 Fünfjährige - gnadenlos und unberechenbar. Einer der Kandidaten ist Jonas - ein junger Cutter, der mit seinem Leben nicht klarkommt. Neben ihm buhlen der selbstlose Aufnahmeleiter Sami, die intrigante Redaktionsleiterin Maria, der liebeshungrige Showmaster Will und der fesche Praktikant Fabo um den Hauptpreis.

Leseprobe: "Ich hacke die Überwachungsvideos"
Hans Erschler, von seinen Mitarbeitern heimlich Herrschler genannt, ist der CEO von MasterTV-Österreich. "Warum hat der Herrschler eine Million Euro in seinem Büro?", fragt Jonas verschlafen, denn er hat noch keinen Tropfen Kaffee intus. "Na, das Preisgeld für 'Ameisenhaufen'!", sagt Kevin. Um Bilder für sich sprechen zu lassen, zückt er sein riesiges Smartphone. "Das Video ist doch heute an alle Mitarbeiter verschickt worden." (…)

Üblicherweise hat Jonas einen guten Überblick über die halbseidenen Vorgänge in der Firma, denn er hackt zum Zeitvertreib die Überwachungsvideos und beobachtet seine Kollegen heimlich. Der Timecode im Bild verrät, dass das Überwachungsvideo gestern Nacht knapp vor Mitternacht aufgezeichnet worden ist. In schlechter Bildqualität erkennt man eine dunkel gekleidete Gestalt, die sich mit einem schwarzen Etui in der Hand rasch auf das Büro des CEOs Hans Herrschler zubewegt. (…)

"Alle fragen sich, wer's gewesen sein könnte. Es gibt sogar eine Verdächtigen-WhatsApp-Gruppe". "Ja, ein Einbrecher halt", sagt Jonas genervt, denn die feuchte Kälte lässt seine Nase rinnen. "Ja, aber es ist doch glasklar, dass es einer aus der Firma gewesen sein muss. Nur wir wussten, dass sich dieses Geld in der Firma befindet. Und so gut wie alle haben gestern 'witzige' Kommentare darüber geschoben, dass sie sich diesen Geldkoffer schnappen wollen." (…)

"Gestern war ja dieses zweistündige Fotoshooting mit der neuen, scharfen Moderatorin." "Die findest du scharf?" "Sie ist zumindest ein neues Gesicht, aber angeblich ist sie eine ziemliche Zicke. Der Praktikant hat sie offenbar falsch am Telefon gebrieft, und sie ist dann bei der Probe richtig ausgezuckt." "Sorry, man kann auch nicht die Moderatorin vom Praktikanten briefen lassen. Das geht gar nicht." (…)

Seit dem Kofferdiebstahl fürchtet Josepha ihre Chefin besonders. Sie hat lange genug in der Branche gearbeitet, um heftige Intrigen so gut zu kennen wie ein Sträfling eine Zelle. Jedoch die Kühnheit dieser neuen Gerüchte lässt sogar die Redakteurin staunen. Ein Staunen, das mit der großen Furcht einhergeht, selbst in der einen oder anderen Gesprächsrunde als Täterin genannt zu werden. Anschuldigungen und Verdächtigungen gegen jeden nur erdenklichen Mitarbeiter kursieren bereits. Die Hälfte davon ist natürlich vom Weberknecht (Spitzname ihrer Abteilungsleiterin Maria, Anm. der Red.) höchstpersönlich erfunden worden. Die Auswirkungen solcher Gerüchte kennt Josepha wie keine andere, denn sie ist nicht erst einmal Opfer mittelgroßer Mobbingaktionen gewesen. (…)

In der Zwischenzeit ist es im Konferenzraum unerträglich stickig geworden, und es fällt Jonas schwer, Herrschlers Worten noch zu folgen: "Wegen des Diebstahls fehlt in unserem Projekt nun eine Million Euro Budget. Der Sieger von 'Ameisenhaufen' muss diesen Betrag aber gewinnen, sonst fehlt der Sendung jede Spannung, und der Sender hätte wohl kein Interesse mehr daran. Das wollen wir nicht riskieren. Immerhin haben wir alle lange, hart und mit sehr viel Herzblut an diesem Format gearbeitet. Ihr seid doch alle mit Feuer und Flamme dabei!" (…)

Herrschler führt weiter aus: "Das Publikum will junge, attraktive Frauen in der Show haben!" (…)

In ihrem Leben ist Josepha schon alles Mögliche widerfahren, aber einmal in einer Show um eine Million Euro zu kämpfen war definitiv etwas Neues. (…)

Jonas möchte sich mit Josepha zusammensetzen, weil er mit jemandem über seine Situation sprechen möchte. Seine Cutterkollegen verhalten sich ihm gegenüber anders als sonst, und Jonas fühlt sich in seinem Schnitt-Department erstmals unwohl. Er könnte natürlich auch zuerst mit einem der drei Kandidaten sprechen, er zieht die hübsche Josepha jedoch vor. Über sie selbst weiß er fast nichts, aber dank eines gehackten Überwachungsvideos weiß er etwas über ihre Chefin Maria.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele