Populärer Indie-Hype

Wolf Alice auf dem Sprung an die Spitze

Musik
23.09.2016 14:38

Sie selbst bezeichnen sehen ihren Erfolg als Resultat einer langjährigen, natürlichen Entwicklung. Viele andere würden den rasanten Popularitätsanstieg der britischen Alternative-Rocker Wolf Alice aber als Hype der Stunde bezeichnen. Im rappelvollen Wiener Flex bewiesen sie unlängst, warum sie uneingeschränkte Liebkinder der Indie-Presse sind. Uns versuchten sie im Kurztalk einen Einblick in eine Welt zu geben, die sie selbst noch nicht so ganz realisiert haben.

(Bild: kmm)

Bei ihrer Österreich-Premiere im Februar 2015 als Support von Alt-J im Wiener Gasometer war die große Popularität noch weit entfernt, nur ein Bruchteil der heutigen Hörer versammelte sich proaktiv vor der Bühne, um den britischen Alternative-Rockern Wolf Alice zu huldigen. Doch in Zeiten wie diesen reicht schon eine Fingerschnipper-Länge, um einen Hype zu kreieren und genau dieser trat im Juni 2015 mit dem Release des Debütalbums "My Love Is Cool ein". Platz zwei in den englischen Albumcharts, eine signalhafte Strahlkraft, die bis nach Neuseeland und die USA reichte und renommierte Preise wie die zu Jahresbeginn verliehenen NME-Awards für "Best Live Band" und "Best Track" ("Giant Peach") waren die Folge. Dieser Zeremonie fiel schlussendlich auch die Österreich-Headliner-Premiere von Wolf Alice zum Opfer, denn einige Live-Shows wurden kurzerhand abgesagt.

Müde, aber erfolgreich
"Es kam für uns ziemlich unerwartet, dass wir bei so vielen verschiedenen Awards nominiert waren, die zudem fast gleichzeitig stattfanden", erinnert sich die charismatische Sänger Ellie Rowsell im "Krone"-Interview zurück, "im Nachhinein war es vielleicht die falsche Entscheidung, die Shows zu verschieben. Aber gut - alle machen Fehler und wir sind gerade dabei, sie wieder auszubügeln." Müde und etwas ausgebrannt wirken sie in diesen Tagen, nachdem sie seit mehreren Jahren fast durchgängig tourten, unglaubliche dreimal hintereinander beim europäischen Königsfestival Glastonbury auftraten und nebenbei quasi monatlich in immer größere Hallen verfrachtet wurden. Da war die intime Show im randvollen Wiener Flex wohl historisch - nicht wenige sind der Überzeutung, dass es die Briten in diesem Rahmen nicht mehr zu sehen geben werde.

"Ach wer weiß das schon", schwächt Rowsell ab, "wir lieben es, in diesen kleinen Clubs zu spielen, wo Rock und Punk noch durch die Wände atmen. Man fühlt den Schweiß der Menschen aus allen Poren und das macht eine Rockshow doch aus." Eine Rockshow, die dementsprechend abgefeiert wurde, auch wenn die Band mit nur einem Album im Rücken noch etwas limitiert ist, und sich gerade gegen Ende des Sets deutliche Qualitätseinbußen bemerkbar machten. Doch die einst als eher ruhige Folk-Combo gestartete Truppe hat mittlerweile den Lärm und die Verzerreffekte für sich entdeckt. Den Grunge haben die Youngsters tief aufgesogen. "Heroine", "Your Love's Whore" oder "You're A Germ" haben nicht nur musikalisch, sondern auch textlich genau die richtige Portion Dreck, um sich automatisch aus glattpolierten Formatradios raus zu bugsieren. Shoegaze, Indie-Rock und bekömmliche, balladeske Zitate werden hinzugemengt und dass zierlich wirkende Frontfrauen einen Höllensturm auslösen können, wissen wir spätestens seit Courtney Love und ihrer 90er-Kultband Hole.

Losgelöst
Mit den nur allzu gerne hervorgebrachten Vergleichen mit eben Hole, Nirvana oder den Pixies fängt die blonde Sängerin aber nur wenig an. "Die alten Tracks von uns sind wohl etwas klarer von solchen Bands beeinflusst, aber über die Jahre konnten wir uns davon lösen und verstärkt darauf achten, dass wir einfach tun, was uns gefällt. Wenn dann mal ein Song weniger eigenständig klingt als die anderen, dann ist das auch kein großes Problem." Den Underground-Hype im Indie-Segment haben Wolf Alice erst auf den Bühnen mitbekommen. "Die Hallen wurden schnell größer und die Dinge entwickelten sich rasant. Auch die Likes auf den Social-Media-Plattformen gingen rapide in die Höhe. Als Sensation, die über Nacht geboren wurde, sehe ich uns aber nicht. Die Band gibt es seit fünf Jahren und es fühlt sich nach natürlicher Entwicklung an. Zudem haben wir keine Groupies, sondern respektvolle und nette Fans die ihre Eindrücke der Musik mit uns teilen."

Wer glaubt, dass die Band durch den rasanten Hype die Bodenhaftung verloren hätte, der täuscht sich gewaltig. "Sich normal zu verhalten ist doch auch normal", erklärt Rowsell, "dass man verstärkt auf das eigene Verhalten achten muss, ist leider unumgänglich. Wenn man im Rampenlicht steht, ist man leider immer unter Beobachtung und im Internet kann jeder kleine Fehler groß bestraft werden. Im Prinzip wollen mehr Leute Fotos mit mir, aber ansonsten hat sich da wenig getan. Wir sind schließlich keine populäre Boyband, sondern normale Typen. Bei Konzerten außerhalb unserer stilistischen Grenzen kennt uns bestimmt kein Mensch."

Kommunikation: Sound
Ob der Hype auch wirklich gerechtfertigt ist und ob er anhält, das liegt schlussendlich an Wolf Alice selbst, die ihre Touraktivitäten beiseiteschieben und mit den Arbeiten am zweiten Album beginnen. "Ein bisschen haben wir schon geschrieben und ich hoffe wir werden mehr Balladen integrieren. Ansonsten gibt's dazu aber noch nichts zu sagen." Was auch nicht nötig ist, denn das beste Kommunikationsmittel für die im Zwiegespräch schüchtern und desinteressiert wirkende Band ist immer noch die Musik.

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