"Extremismus-Symbol"

Frankreichs Badeorte erlassen Burkini-Verbot

Ausland
17.08.2016 08:22

Im legendären Badeort Cannes sind Burkinis in diesem Sommer verboten. Drei weitere französische Städte schlossen sich am Dienstag dem Verbot an. Und an einem korsischen Strand waren Burkinis offenbar Auslöser einer wüsten Massenschlägerei. Unschuldiges Kleidungsstück oder Provokation von Fundamentalisten - in Frankreich wird heftig über die muslimischen Ganzkörperbadeanzüge gestritten. Denn nach den vielen Anschlägen radikaler Islamisten ist von der französischen Toleranz immer weniger übrig ...

Was zunächst nach einem typischen Sommerlochthema klingt, hat in Frankreich eine ganz besondere Dimension: Die Burkini-Debatte verweist auf eine von den islamistischen Anschlägen traumatisierte Nation, die um den richtigen Umgang mit ihrer muslimischen Bevölkerung und dem Islam ringt.

Zuletzt sorgte ein Vorfall am Strand der korsischen Gemeinde Sisco für helle Aufregung: Am Samstag gingen dort junge Korsen und Mitglieder von drei Familien nordafrikanischer Abstammung mit Fäusten, Flaschen und Steinen aufeinander los. Es gab fünf Verletzte, drei Autos gingen in Flammen auf, die Polizei musste mit einem Großaufgebot anrücken. Augenzeugen berichteten, Auslöser der Prügelei seien Touristen gewesen, die Frauen in Burkinis fotografiert hätten.

"Extremistische Provokation"
Der Bürgermeister von Sisco, Ange-Pierre Vivoni, kündigte kurze Zeit später für die Strände seiner Gemeinde ein Burkini-Verbot an. "Das ist nicht gegen die muslimische Religion gerichtet, sondern soll verhindern, dass sich Fundamentalismus verbreitet", sagte der Sozialist. "Ich bin absolut kein Rassist: Ich will die Bevölkerung schützen, und zwar auch die muslimische, denn sie sind die ersten Opfer extremistischer Provokationen."

Bei seinem Dekret kann sich Vivoni auf zwei Vorbilder an der Cote d'Azur stützen: In Cannes verbot die Stadtverwaltung bereits Ende Juli - von der Öffentlichkeit zunächst nahezu unbemerkt - das Tragen von Burkinis am Strand. Später folgte der nahe gelegene Badeort Villeneuve-Loubet sowie Leucate im Süden des Landes. Auch die Stadtverwaltung von Oye-Plage im nördlichen Departement Pas-de-Calais verkündete ein Burkini-Verbot.

"Uniform, die Symbol des islamistischen Extremismus ist"
Strandbekleidung, die eine religiöse Zugehörigkeit offen zur Schau stelle, könne in Zeiten der terroristischen Bedrohung die öffentliche Ordnung gefährden, argumentieren die Stadtverantwortlichen in Cannes. Der konservative Bürgermeister David Lisnard hält den Burkini - eine Wortschöpfung aus Burka und Bikini - gar für eine "Uniform, die das Symbol des islamistischen Extremismus ist". Frauen, die im Burkini an den Strand gehen, droht eine Geldbuße in Höhe von 38 Euro.

Menschenrechtsverbände und muslimische Gruppen protestierten zwar scharf gegen das Dekret, ein Verwaltungsgericht erklärte es aber für rechtmäßig. Am Dienstag kündigte auch der Bürgermeister des nordfranzösischen Badeortes Touquet an, Burkinis verbieten zu wollen. Die Verbote könnten allerdings bald Frankreichs Oberstes Verwaltungsgericht beschäftigen.

Frankreich und die Debatte um muslimische Kleiderordnung
Frankreich, wo mehr Muslime leben als in jedem anderen europäischen Land, tut sich schon lange schwer mit muslimischer Bekleidung. Viele befürchten die Bildung von Parallelgesellschaften und sehen die Würde muslimischer Frauen verletzt. Bereits 2004 verbot das laizistische Land das Tragen gut sichtbarer religiöser Symbole an staatlichen Schulen. Vor etwas mehr als fünf Jahren trat dann ein umstrittenes Burka-Verbot in Kraft, seitdem darf der Ganzkörperschleier in der Öffentlichkeit nicht mehr getragen werden.

Anders als die Burka verhüllt der Burkini aber nicht den gesamten Körper - das Gesicht beispielsweise bleibt frei. Außerdem ist der Ganzkörperbadeanzug an Frankreichs Stränden doch ein eher seltenes Phänomen und wird nicht nur von religiösen Eiferern getragen. Doch nachdem Frankreich in diesem Sommer von zwei neuen islamistischen Anschlägen erschüttert wurde, ist die Stimmung besonders angespannt.

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