Telekom-Affäre

Staatsanwalt beantragt Haftbefehl gegen Hochegger

Österreich
09.08.2016 14:12

Eigentlich hätte am Dienstag in der Causa Telekom die Strafe gegen den Ex-Lobbyisten Peter Hochegger festgelegt werden sollen. Doch er blieb dem Termin am Wiener Landesgericht fern. Sein Anwalt begründete das im Ö1-"Mittagsjournal" mit einem "psychischen Zusammenbruch" Hocheggers, der sich momentan in der Schweiz aufhalte. Am Nachmittag beantragte die Staatswaltschaft daraufhin wegen Fluchtgefahr dessen Festnahme.

Die zuständige Staatsanwältin Martina Semper sprach sich für die Erlassung eines inländischen, europäischen und internationalen Haftbefehls aus. Richter Wolfgang Etl behielt sich die Entscheidung darüber vor, der Beschluss ergehe schriftlich, sagte er. Wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn mitteilte, wird dieser nicht mehr am Dienstag fallen.

Straffestsetzung auf 23. August vertagt
Um 13.30 Uhr hätte am Dienstag die Verhandlung gegen Hochegger zur Festsetzung seiner Strafe in der Telekom-Affäre beginnen sollen. Am Ende vertagte Etl die Verhandlung auf den 23. August. Bis dahin sollte sich geklärt haben, inwieweit der frühere Lobbyist prozesstauglich ist.

Anwalt verweist auf SuizidgefährungHocheggers
Laut Hocheggers Anwalt Karl Schön wollte sich sein Mandant ursprünglich in der Schweiz einer Augenoperation unterziehen, bevor es zu einem psychischen Zusammenbruch kam. "Er wollte sich nicht der Verhandlung entziehen, aber es war ihm auf ausdrücklichen Befehl der Ärzte nicht möglich, zu erscheinen. Er muss unter schweren Psychopharmaka in Basel bleiben", sagte Schön mit Verweis auf eine Suizidgefährdung seines Mandanten. Schön machte für das Fernbleiben Hocheggers den zunehmenden Druck angesichts des Wiener Gerichtstermins in der Telekom-Affäre verantwortlich.

Aus einem mit Anfang Juli datierten, inzwischen der Justiz vorgelegten Gutachten gehe Schön zufolge deutlich hervor, dass der frühere Lobbyist psychisch erkrankt sei. Hochegger sei für den 10., 11. und 15. August zu Behandlungsterminen an der Universitätsklinik Basel bestellt worden, so der Anwalt. Im Übrigen versicherte Schön, dass sich Hochegger dem Verfahren sicher stellen werde.

Behandlung in der Schweiz: Richter verwundert
"Sind ihm die österreichischen Einrichtungen nicht gut genug?", fragte Richter Etl. Dieser wunderte sich auch, weshalb Hochegger just am Tag seiner Gerichtsverhandlung im Grauen Haus in der Schweiz einen Psychiater konsultierte. Wie sein Anwalt dazu erläuterte, soll Hochegger bei Bedarf immer wieder ambulante Hilfe in Anspruch nehmen. Eine stationäre Behandlung sei Hochegger "nicht möglich, weil er sich das nicht leisten kann".

Hochegger bereits im September 2013 verurteilt
Ein Schöffensenat unter Vorsitz von Etl sollte am Dienstag eigentlich nur noch entscheiden, ob es bei den zweieinhalb Jahren unbedingter Haft bleibt, zu denen der Ex-Lobbyist im September 2013 im Zusammenhang mit Zahlungsflüssen der Telekom Austria an das BZÖ verurteilt worden war. Die Verhandlung war auf 30 Minuten anberaumt, ohne den Angeklagten war eine Strafbemessung allerdings nicht möglich. Schön geht davon aus, dass Hochegger am Ende "eine deutliche geringere Strafe bekommt". Er rechne "mit einer bedingten, zumindest teilbedingten", teilte Schön den zahlreichen Journalisten im Landesgericht mit.

Vermittelte 960.000 Euro ans BZÖ
Vor knapp drei Jahren hatte ein Schöffensenat festgestellt, dass Hochegger als Mittelsmann für Schmiergeldzahlungen von insgesamt 960.000 Euro fungierte, die auf Basis von Scheinrechnungen über zwei Werbeagenturen ans BZÖ gingen, das im Tatzeitraum als Juniorpartner der ÖVP an der Bundesregierung beteiligt war. Die von Hochegger vermittelten Telekom-Austria-Zahlungen - der Lobbyist hatte 2004 einen Rahmenvertrag mit der Telekom Austria abgeschlossen und wollte in dieser Funktion für diese eine Änderung der Universaldienstverordnung bewirken - dienten dem BZÖ zur Finanzierung des Nationalratswahlkampfs 2006.

Oberster Gerichtshof bestätigte Urteil
Obwohl Hochegger stets eine Beteiligung an den Schmiergeldzahlungen bestritten hatte, bestätigte der Oberste Gerichtshof im November 2015 den erstinstanzlichen Schuldspruch. Einen untergeordneten Anklagepunkt - eine angebliche Falschaussage im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss - hoben die Höchstrichter aber auf, was aus formalen Gründen eine Aufhebung der für sämtliche angeklagten Delikte verhängten Strafe zur Folge hatte.

Damit müsste nun neuerlich über Hocheggers Auftritt im U-Ausschuss verhandelt und dann unter Berücksichtigung der erwiesenen Untreue eine Gesamtstrafe verhängt werden. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile allerdings von der weiteren Verfolgung der angeblichen Falschaussage Abstand genommen und die entsprechende Anklage zurückgezogen.

Wie Behördensprecherin Nina Bussek erläuterte, kommt der Falschaussage bei einer Gesamtbetrachtung eine vergleichsweise untergeordnete Bedeutung zu: "Es ist nicht davon auszugehen, dass eine Verurteilung erhebliche Auswirkungen auf die Strafe hätte." Aus prozessökonomischen Gründen wurde deshalb auf eine Neudurchführung des Verfahrens verzichtet.

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