Lokalaugenschein

Wut nach Nizza-Anschlag: “Die Politik hat versagt”

Ausland
18.07.2016 17:01

Nach der Todesfahrt des Tunesiers Mohamed Lahouaiej Bouhlel an der Promenade des Anglais in Nizza, der 84 Menschen zum Opfer gefallen sind, hat Frankreichs Präsident Francois Hollande eine Staatstrauer ausgerufen. In Nizza wurde am Montag mit einer Gedenkminute den 84 Opfern des Terroranschlags gedacht. Doch Bevölkerung ist auch sauer auf die Politik und wirft ihr Versagen vor. Die "Krone" war vor Ort.

Bereits am Montagsvormittag war Nizzas Zentrum gesperrt. Schwer bewaffnete Militär- und Polizeieinheiten hielten Wache. Zur Mittagszeit war’s dann so weit: Da gedachten Zehntausende auf der Promenade des Anglais der Opfer des Anschlags. Darunter Frankreichs Fußballkapitän Hugo Lloris, selbst Regierungschef Manuel Valls, der ausgebuht wurde.

Stille. Ein Fernsehjournalist, der plötzlich live berichten will, wird beschimpft: "Halt dein Maul!" Dann gehen um Punkt 12 Uhr Zehntausende in sich, spenden Applaus und singen die Marseillaise, ehe die Gedenkminute für den Anschlag von Nizza im Aufruhr endet.

"Versager", "Mörder", "Wechselt den Job"
Als die Regierungscrew um Premierminister Manuel Valls abtritt, gibt’s Buhrufe und Anfeindungen. Auszug: "Versager", "Mörder" oder "Wechselt den Job!" Feuerwehrleute und Rettungskräfte erhalten indes Applaus. Warum die Politspitze an der Amokfahrt schuld sei? "Weil sie versagte, nichts getan hat, um dies zu verhindern", murrt Bertrand. "Wir wissen doch alle, dass in unserer Region viele Muslime leben." Radikalisierung nicht ausgeschlossen.

Wie bei Todeslenker Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, der vor einem Haufen mit Steinen, Flaschen und Müll verflucht wird. "Geh zur Hölle", bespucken Menschen den Unrat, und so sinnbildlich ihn. Die Trauer, die Wut sind allgegenwärtig. Während Badetouristen unten am Strand oft einen unbeteiligten Eindruck machen, bieten Rettungskräfte der "Protection civile" Hilfe an. "Etwa wenn trauernde Angehörige der Opfer Wasser brauchen", erklären Armine und Raphael. "Für psychologische Belange haben wir auch eigens ausgebildete Experten." In Nizza ist man bemüht, gemeinsam alles zu verarbeiten - und zu gedenken. Die Schweigeminute, sie war "bewegender" Teil davon.

Handy analysiert: Attentäter war bisexuell
Unterdessen sucht die Polizei weiterhin fieberhaft nach den Motiven des Attentäters Mohamed Lahouaiej Bouhlel. Details zum Privatleben des 31-jährigen Tunesiers haben die Ermittler vor allem im Bouhlels Handy gefunden. Es dokumentiert, dass der radilake Islamist bisexuell war, über Online-Partnerbörsen zahlreiche Männer und Frauen datete, Alkohol trank und Drogen rauchte.

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