"In sicheren Lagern"

Asylcamps in Afrika: Berlin nun für Wiens Vorstoß

Ausland
07.07.2016 20:39

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere hat sich für die Rückführung von im Mittelmeer geretteten Schutzsuchenden in afrikanische Länder ausgesprochen, um dort deren Asylanträge in Europa zu prüfen. Dies solle in "sicheren Lagern" geschehen, sagte de Maiziere am Donnerstag vor dem Treffen der EU-Innenminister in Bratislava - und unterstützt damit einen entsprechenden Vorschlag Österreichs.

Ziel sei es, mit den Staaten Nordafrikas zu verhandeln, "dass die Menschen, die gerettet werden, zurückgebracht werden, aber nicht irgendwo am Strand abgesetzt, sondern in sichere Camps, in sichere Lager, betrieben durch die Europäische Union, gemeinsam mit dem UNHCR (UNO-Flüchtlingskommissariat, Anm.)", so der deutsche Innenminister. Dort solle dann deren "Schutzbedarf" geprüft werden, außerdem sollten "ein Resettlement für die Schutzbedürftigen stattfinden und die anderen zurückgebracht werden in ihre Heimat".

"Europas Staaten sollen selbst Auswahl treffen"
De Maiziere nannte explizit das im März von der EU mit der Türkei getroffene Abkommen als Beispiel, wonach alle illegal nach Europa eingereisten Flüchtlinge wieder in Türkei zurückgeschoben werden, die Union allerdings für jeden zurückgenommenen Syrer einen anderen direkt über Resettlement (dauerhafte Aufnahme und Eingliederung von besonders gefährdeten Flüchtlingen in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat, Anm.) aus türkischen Lagern aufnimmt. "Ich nenne das die 'Methode Türkei', dass man nicht das Portemonnaie darüber entscheiden lässt, nicht die Schlepper eine Auswahl treffen, wer nach Europa kommt, sondern die europäischen Staaten selbst", erklärte der deutsche Innenminister.

Vorschlag von Kurz, Sobotka und Doskozil aufgegriffen
Einen ähnlichen Vorschlag hatten Außenminister Sebastian Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) sowie Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Juni vorgelegt. Damals plädierten die Minister für Asyl- und Migrationszentren in Nordafrika - nur noch dort sollten die Flüchtlinge ihren Asylantrag stellen können. Der Plan sieht allerdings zudem vor, dass auch Schutzsuchende, die es bereits auf europäisches Territorium geschafft haben, wieder zurückgeschickt werden.

De Maiziere lobt Italiens Verhalten in der Flüchtlingskrise
Lob gab es von de Maiziere für das Vorgehen der italienischen Behörden in der Flüchtlingskrise. "Die Zahlen im Mittelmeer machen uns natürlich Sorgen, uns bedrückt auch die gestiegene Zahl an Toten, allerdings ist die Zahl im ersten Halbjahr nicht höher gewesen als im letzten Jahr", sagte er. Allerdings verhalte sich Italien anders als im letzten Jahr, es erfülle nun "seine Pflichten".

"Kaum Aufgriffe": Keine Grenzkontrollen am Brenner
Im vergangenen Jahr war Italien oftmals vorgehalten worden, ankommende Flüchtlinge ohne Registrierung Richtung Norden weiterreisen zu lassen, was der Dublin-Verordnung widerspricht. Zuletzt betonte jedoch auch Innenminister Sobotka, dass dies nicht länger der Tatsache entspreche: Es gebe "kaum Aufgriffe" von Flüchtlingen an der Brenner-Grenze. "Die Züge sind leer", sagte Sobotka. Daher sind auch die zwischenzeitlich heftig diskutierten Grenzkontrollen oder gar ein Grenzzaun am Brenner vorerst Geschichte.

Heuer bereits 76.809 Neuankünfte in Italien
Wie das italienische Innenministerium am Donnerstag bekannt gab, kamen heuer bereits 76.809 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien. Das sind 4,2 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum im Vorjahr. Das Land versorgt derzeit 132.489 Menschen. Die meisten der 2016 Eingetroffenen stammen aus Nigeria (15 Prozent), Gambia (acht Prozent), Elfenbeinküste (sieben Prozent), Guinea (sieben Prozent), dem Sudan, Somalia und dem Senegal (je sechs Prozent).

Innenminister Angelino Alfano klagte wegen Problemen bei der Rückführung von Migranten, die in der EU keinen Asylantrag stellen können. "Die Gefahr ist, dass die Flüchtlingseinrichtungen explodieren und das System nicht mehr standhalten kann. Das Problem der Rückführungen ist ein Thema, das Italien in Brüssel immer wieder in den Vordergrund stellt", so Alfano.

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