"Krone"-Interview

Deep Purple: “Freuen uns sehr auf Eisenstadt”

Musik
05.07.2016 11:30

Am Samstag geht das renommierte Lovely Days Festivals erstmals im burgenländischen Eisenstadt über die Bühne. Vor der malerischen Kulisse des Schloss Esterházy werden unter anderem Jethro Tull's Ian Anders, Seiler und Speer und Deep Purple ihre großen Hits zum Besten geben. Von Letzteren sprach Keyboarder Don Airey mit uns über seine Liebe zu Eisenstadt, diverse schlammige Erlebnisse in der Alpenrepublik und das ein neues Studioalbum tatsächlich in den Startlöchern scharrt.

(Bild: kmm)

"Krone": Don, euer Schlagzeuger Ian Paice erlitt vor einigen Tagen eine Art "Mini-Herzinfarkt" und ihr musstet dadurch ein paar Shows absagen, seid mittlerweile aber bereits wieder unterwegs. Wie geht es ihm aktuell und welche Auswirkungen hat das auf die Band?
Don Airey: Anfangs machten wir uns alle große Sorgen, dass etwas wirklich Schlimmes passiert sei, aber es stellte sich heraus, dass es sich dabei "nur" um eine TIA, also eine transitorische ischämische Attacke, der Vorbote eines Schlaganfalls, handelte. Es war eine Art Warnschuss, aber er sitzt bereits wieder hinter dem Drumkit und ist so gut wie eh und je. Natürlich muss er einige Gewohnheiten aus seinem Leben ändern, das ist unerlässlich. Wir sind schnell wieder auf der Bühne gewesen und wieder voll im Einsatz.

"Krone": Am Samstag auch beim "Lovely Days", das heuer erstmals im burgenländischen Eisenstadt ausgetragen wird. Was dürfen wir uns von eurer Show erwarten?
Airey: Wir freuen uns sehr auf dieses Festival, schließlich waren wir beim Lovely Days schon 2009 zu Gast, auch wenn das damals noch in Wiesen war. Der Gig war großartig, zudem ist Eisenstadt ja die musikalische Heimat des weltberühmten Komponisten Joseph Haydn - wie könnte man sich hier nicht wohlfühlen? (lacht) Wir werden diese Magie natürlich aufsaugen. Wir spielen einige Klassiker, einige Songs unseres letzten Albums "Now What?!" und auch ein paar obskure Nummern, die man von uns nicht so häufig gehört hat. Wie immer wird bei uns auch genug Platz für Improvisationen gegeben sein.

"Krone": Du warst nicht nur mit Deep Purple, sondern auch solo und in diversen anderen Band-Konstellationen sehr oft in Österreich zu Gast. Blieb dir etwas ganz Besonders intensiv in Erinnerung?
Airey: Vor vielen Jahren habe ich einmal mit meiner damaligen Band Colosseum II in Pinkafeld gespielt und der Gig war eine einzige Schlammschlacht. Ich erinnere mich daran, dass vor uns Uriah Heep spielten, die damals bei Bronze Records unter Vertrag waren. Der Labelchef, Gerry Bron, war auch da und hat selbst mitgeholfen, die Trucks aus dem Schlamm zu ziehen und er war von oben bis unten voller Dreck. Das war immerhin der Labelchef, das werde ich nie vergessen. (lacht)

"Krone": Vor etwa drei Monaten seid ihr doch endlich in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen worden, was viele Kritiker, aber auch eure Fans seit Jahren verlangen. War das einer der letzten großen Meilensteine eurer erfolgreichen und einzigartigen Karriere?
Airey: Ich finde ja, dass das alles 20 Jahre zu spät passiert, aber abseits davon hatten wir einen großartigen Abend, an dem wir auch selbst gespielt haben. Wir haben frühere Bandkollegen und Freunde wie David Coverdale oder Glenn Hughes ebenso getroffen, wie alte Helden von mir. Etwa Sheryl Crow oder Robert Lamm von Chicago. Es war ein magischer Abend für uns alle.

"Krone": Vor 14 Jahren verließ der legendäre und mittlerweile verstorbene Deep Purple-Keyboarder Jon Lord die Band, was dir danach deinen Job einbrachte. Wie würdest du diese doch schon lange Zeitspanne von dir in der Band zusammenfassen?
Airey: Als Jon die Band verließ war das für alle ein Riesenschock, weil niemand glauben konnte, dass er das wirklich tat. Die ersten Jahre in der Band waren für mich doch etwas seltsam, weil ich das Gefühl hatte, in eine bestimmte Form gepresst zu sein. Aber im Laufe der Zeit hat sich alles zum Guten entwickelt und in den letzten zehn Jahren haben Deep Purple vielleicht die größten kommerziellen Erfolge ihrer Karriere feiern dürfen.

"Krone": Hattest du von Anfang an den uneingeschränkten Respekt und das Vertrauen der Fans?
Airey: Von Anfang an! Wir haben so wundervolle Fans, ich habe nicht bei einem einzigen Konzert jemanden nach Jon schreien hören, das ist einfach nie passiert. Für mich war es eine große Ehre, Jons Part zu übernehmen so wie es heute eine große Ehre für mich ist, sein Vermächtnis weiterzutragen. Jon war eine außergewöhnliche Persönlichkeit in allen Belangen und es wäre auch nicht gerecht, ihn mit irgendjemanden zu vergleichen.

"Krone": Wie sieht es eigentlich mit der Beziehung innerhalb eurer Band aus? Hat sich da in den letzten Jahren etwas fundamental verändert?
Airey: Als Jon die Band 2012 verließ, hat sich die ganze Dynamik verändert. Ian Paice nahm das kompositorische Ruder in die Hand und gab von da an die Richtung der Band vor. Er war übrigens nie so gut wie in den letzten zehn Jahren, ihm gab das wohl einen irrsinnigen Energieschub. Nennen muss man dabei auch die Wiederauferstehung unseres Sängers Ian Gillan, der sich in absoluter Topform befindet. Als ich in die Band kam, war er immer noch sehr gut, aber ich fühlte, dass sein Herz nicht mehr ganz in der Band liegt. Heute ist er aber zu 100 Prozent da -für mich war das ein ultimatives Comeback.

"Krone": Was war denn ausschlaggebend für diese "Wiederbelebung"?
Airey: Es liegt sicher daran, dass die Band selbst heute wieder für ihre Musik und ihre Arbeit brennt. Er hat wieder den Zugang zu allen anderen gefunden und ist enthusiastischer denn je zuvor. Es gab Zeiten, wo alle etwas müde waren, aber heute sind wir wieder voller Motivation.

"Krone": Du hast in einem Interview unlängst bestätigt, dass ihr das kommende Deep Purple-Album bereits eingespielt habt und Produzent Bob Ezrin daran schraubt. Wann habt ihr mit dem Songwriting-Prozess und den Aufnahmen begonnen?
Airey: Die Songs schrieben wir teilweise schon vor einigen Jahren, das hat sich dann so dahingezogen. Wir sind dann nach Nashville gegangen, hatten etwa 20 Songs und sie dann auf zwölf heruntergeschraubt, die wir mit Bob Ezrin aufgenommen haben. Er war ein ganz wichtiger Teil des ganzen Prozesses und wir sind mit den Aufnahmen durch - jetzt muss die Scheibe noch gemixt werden. Ich kann dir nicht sagen, wann Bob ein Zeitfenster hat, um das fertigzustellen, aber ich denke, bis zum Ende des Jahres kann man sich hier schon etwas von uns erwarten.

"Krone": Worauf dürfen wir uns freuen und wo liegen die größten Unterschiede zu "Now What?!"?
Airey: Das kommende Album hat mehr harte Riffs und wird einfach schwerer und wilder klingen.

"Krone": "Now What?!" war kommerziell ein sehr erfolgreiches Album, vor allem bei uns in Österreich und in Deutschland ging es fast durch die Decke. Habt ihr die größten und treuesten Purple-Fans in Mitteleuropa?
Airey: Ich denke schon und wir wissen das zu schätzen. Dass das Album so erfolgreich war, hat uns total überrascht und auch die meisten Konzerte waren ausverkauft, die Leute sangen die neuen Lieder mit und zeigten viel Enthusiasmus und Freude. Wir versuchen jedes Konzert zu unserem Besten zu machen und die Fans helfen uns stark dabei.

"Krone": Deep Purple-Legende Ritchie Blackmore hat des Öfteren angekündigt, dass er keinen Hard Rock mehr spielen möchte, hat aber im Juni seine legendäre Band Rainbow mit neuer Besetzung reanimiert, um einige ausgewählte Shows in Europa zu spielen. Hast du eine davon besucht?
Airey: Ich war nirgends dabei, aber ich war sehr überrascht davon, dass er das wirklich durchgezogen hat. Ich kenne aber viele Leute, die dort waren und sich von den Konzerten überzeugt zeigten. Ich muss da aber auch einmal eine Lanze für Ritchie brechen, denn harte Rockmusik zu spielen ist nicht so einfach, wie es scheint. Es braucht einfach Zeit, damit eine Band wachsen kann und wir Rocker gehören gemeinhin zu einer aussterbenden Rasse. Es kann nicht jeder auf die Bühne gehen und Hard Rock spielen. Ich finde es toll, dass sich Ritchie für diesen Schritt entschieden hat, hatte aber irgendwie nicht das Gefühl, dasicht Leute wie Bob Daisley oder den hervorragenden Drummer Aynsley Dunbar angerufen hat und die Tour nicht auf ein paar Monate hinauszog, anstatt so wenige Einzelshows zu spielen. Ich habe mir YouTube-Videos angesehen und muss sagen, dass es gut tut so jemanden zu sehen, wie er seiner alten Leidenschaft wieder nachgeht.

"Krone": Es ist auch schön, euch noch auf den Bühnen zu sehen, denn die alten Rock-Heroen dezimieren sich. Eure Freunde von Status Quo legen nach diesem Jahr auch die elektrischen Gitarren nieder - war das bei euch jemals ein Thema oder Diskussionsgrundlage?
Airey: Ach nein, warum auch? (lacht) Das Ende kommt früh genug und ich denke wir werden das merken und wissen, wenn es genug ist. Die Veranstalter laden uns noch immer gerne zu sich ein und solange die Fans uns sehen wollen und wir gesund sind, gibt es keinen Grund, aufzuhören.

"Krone": Wie kann man sich eine Tour bei Deep Purple im Jahr 2016 vorstellen? Gibt es da noch Spuren von Rebellion, Alkohol und Anarchie?
Airey:(lacht) Die Band besteht aus einer angenehmen Abfolge verschiedener Routinen. Am Wichtigsten ist immer, dass wir kein Konzert verpassen, niemals wo zu spät auftauchen, keine Flüge verpassen und immer Zugaben geben und die Leute erfreuen. Es gibt eher eine stille Dynamik in der Band. In den Garderoben sitzen wir meist da und reden über Musik oder Fußball. Ian Gillan löst seine Kreuzworträtsel während er eine Tasse Tee trinkt. (lacht) Es gibt jedenfalls keine wilden Ausritte mehr bei uns. Außer auf der Bühne - der ganze Fokus liegt schließlich auf dieser kurzen Zeitspanne des Tages.

"Krone": Weil du es angesprochen hast - bist du traurig über das Achtelfinal-Ausscheiden der Engländer bei der Fußball-EM?
Airey: (lacht) Natürlich. Es gab da so einen wundervollen Tweet eines Isländers, der durch ganz England ging: "Das war mit Sicherheit der schlimmste Tag Englands seit Freitag." (lacht) Nach dem Brexit war das natürlich die nächste Katastrophe.

"Krone": Werden wir euren legendären Song "Child In Time", den ihr das letzte Mal 2002 performt habt, jemals wieder live zu hören kriegen?
Airey: Ich würde es nicht ausschließen. Sag niemals nie, das ist die wichtigste Regel in dem Geschäft. (lacht)

Deep Purple sind die Headliner beim diesjährigen Lovely Days, das am Samstag, 9. Juli, erstmals im Schlosspark Esterházy im burgenländischen Eisenstadt über die Bühne gehen wird. Ebenfalls mit dabei sind unter anderem Jethro Tull's Ian Anderson, Seiler & Speer, sowie Mother's Finest. Es gibt noch vereinzelte Restkarten unter www.musicticket.at.

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