IAAF-"Bombe"

Russische Leichtathleten von Olympia ausgesperrt

Sport
17.06.2016 17:18

Jetzt ist es fix! Russlands Leichtathleten haben bis auf weiteres ausgetanzt, die Sportwelt erlebt ihr erwartetes Erdbeben. Der wegen eines Doping- und Korruptionsskandals suspendierte russische Verband bleibt gesperrt, damit ist für die Athleten keine Olympia-Teilnahme an den Spielen im August in Rio de Janeiro möglich. Die einstimmige Entscheidung fiel am Freitag im Ballroom "Quadrille" des Wiener Grand Hotel.

Das Council des IAAF tagte am Freitag in Wien und stützte seine Entscheidungsfindung auf einen jüngsten Ermittlungsbericht der in Russland eingesetzten Task Force unter der Leitung des Norwegers Rune Andersen. Sie hat die Reformtätigkeiten der Russen im Anti-Doping-Kampf seit der Suspendierung am 13. November 2015 beobachtet.

Wie der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) erklärte, sei allerdings ein Start einzelner Athleten unter neutraler Flagge möglich. Über diesen Kompromiss wollen IAAF und das Internationale Olympische Komitee am kommenden Dienstag auf dem IOC-Summit in Lausanne beraten. Einzelne Sportler dürfen eine Teilnahme beantragen, wenn sie überzeugend darstellen könnten, dass sie vom russischen Doping-System nicht "befleckt" seien, erklärte Andersen.

Coe: "Machtvolle Botschaft"
Das russische Council-Mitglied Michail Butow stimmte nicht mit, sondern verließ den Raum. Damit gaben 24 der 27 Council-Mitglieder (einer gesperrt, einer verhindert) ihre Stimme ab. Die Entscheidung fiel einstimmig. In einer Pressekonferenz vor 137 zugelassenen Medienvertretern (24 auf der Warteliste) verkündete IAAF-Präsident Sebastian Coe die Entscheidung: "Es hat Fortschritte gegeben, aber nicht genug", erklärte der Brite und betonte, dass Politik keine Rolle gespielt habe. "Es ist eine machtvolle Botschaft."

Stabhochsprung-Olympiasiegerin und -Weltrekordlerin Jelena Isinbajewa kündigte bereits an, gegen die IAAF-Entscheidung vor Gericht ziehen zu wollen. "Das ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Dazu werde ich nicht schweigen", zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass die 34-Jährige.

2012 in London waren von rund 440 russischen Sportlern ein Viertel Leichtathleten gewesen. Noch nie zuvor blieb es einer so großen Anzahl an Sportlern eines Landes in einer olympischen Kernsportart verwehrt, aufgrund einer Sanktionierung an Spielen teilzunehmen. Russlands Verband bleibt noch der Weg vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS). Dass dies wenig Erfolg verspricht, haben die bulgarischen Gewichtheber miterlebt. Sie wurden vom Weltverband IWF wegen zahlreicher Doping-Fälle von Olympia verbannt, das CAS bestätigte diese Entscheidung.

"Es braucht Konsequenzen"
"Obwohl man schon am Abgrund steht, ist keinerlei Selbsterkenntnis zu sehen, dass man sich sagt, so kann es nicht weitergehen. Anstatt den Schritt zu machen, etwas zu ändern, zieht man sich in eine militärische Anlage zurück und macht so weiter. Es braucht Konsequenzen", forderte Michael Cepic, der Chef der Nationalen Anti-Doping-Agentur Österreichs, nach dem jüngsten Statistikbericht der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA.

Die WADA berichtete über nach wie vor untragbare Zustände bei Dopingkontrollen, Einschüchterungen von Testpersonal und Manipulationsversuchen in Russland. Zwischen dem 15. Februar und 29. Mai hätten insgesamt 736 geplante Dopingkontrollen aus verschiedenen Gründen nicht durchgeführt werden können.

Forderung nach Suspendierung war groß
Die Forderung nach einem rigorosen Vorgehen gegen Russland war groß gewesen. "Wir würden eine strikte Lösung durchaus begrüßen", hatte Österreichs Leichtathletik-Verbandschef Ralph Vallon im Vorfeld gesagt und die mögliche Wettbewerbsverzerrung angesprochen.

"Es wäre ein gutes Ausrufezeichen, wenn man Russland ausschließt, auch für die anderen Nationen, die kein funktionierendes Anti-Doping-System haben", meinte 5.000-m-Läuferin Jennifer Wenth. Mit drastischen Worten meldete sich auch der deutsche Diskuswerfer Robert Harting zu Wort. "Wenn Russland die Starterlaubnis kriegt, würde in mir der letzte Funken meines Glaubens erlöschen, den ich ans IOC und an die IAAF noch habe."

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte sich in der Russland-Causa weitgehend im Hintergrund gehalten. "Wir halten generell wenig von einem Boykott oder von Sperren. Aber ob Athleten einzelner Sportarten suspendiert bleiben, das liegt in der Verantwortung der Internationalen Sportverbände", sagte ÖOC-Präsident Karl Stoss zur APA.

Der dem Council vorsitzende Coe hat über Russland gerichtet, aber auch er steht im Kreuzfeuer. In der BBC-Sendung "Panorama" wurde am Donnerstag berichtet, dass der Olympiasieger von 1980 und 1984 unlautere Hilfe bei seiner Wahl zum Verbandschef erhalten habe und über dem Doping-und Betrugsfall der russischen Marathonläuferin Lilia Schobuchowa schon lange vor Veröffentlichung Bescheid gewusst haben soll. Die IAAF wies beide Anschuldigungen zurück.

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(Bild: KMM)



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