"Krone"-Interview

Cypress Hill: “Wir wissen, was wir an euch haben”

Musik
30.05.2016 18:10

Cypress Hill gehören seit mittlerweile 25 Jahren zu den wichtigsten Hip-Hop/Rap-Formationen des Planeten und haben sich auch in Österreich eine treue Fanbase erspielt. Beim Nova Rock kehren Sen Dog, B-Real, DJ Muggs und Eric Bobo nach vierjähriger Abwesenheit wieder zu uns zurück, um all ihre großen Hits wie "Insane In The Brain" oder "Mr. Greenthumb" zu zelebrieren. Sen Dog nahm sich bereits im Vorfeld etwas Zeit, um mit uns über die beispiellose Karriere, die Veränderungen im Marihuana-Geschäft und die Zukunft zu sprechen.

(Bild: kmm)

"Krone": Sen, euer letzter Auftritt in Österreich war 2012 beim Nova Rock - heuer kehrt ihr genau an diese Stelle zurück. Was dürfen wir uns von euch erwarten?
Sen Dog: Wir sind Cypress Hill, was nichts anderes bedeutet, als dass sehr viel Energie von der Bühne herunterkommen wird. Wir wechseln unsere Setlist ständig, um alles spannend und aufregend zu halten. Wir spielen niemals die gleiche Show zweimal, werden aber natürlich auch unsere großen Klassiker spielen. Es wird mit Sicherheit jeder eine gute Zeit haben.

"Krone": Kannst du dich an irgendetwas in Österreich erinnern? Freust du dich auf etwas ganz besonders?
Sen Dog: Ich mag das Land, die Leute, das Essen und vor allem das Bier. (lacht) Unsere Shows waren bei euch immer großartig und wir haben eine große Fanbase in Österreich. Die Leute gehen immer voll mit, lassen sich von einer Cypress-Show ordentlich mitreißen. Wir wissen genau was wir hier an unseren Fans haben, der Support war immer da und deshalb kommen wir auch immer sehr gerne zu euch zurück.

"Krone": Den Hauptteil eurer Fanschar habt ihr natürlich trotzdem in den USA. Bemerkst du eigentlich einen Unterschied zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Publikum?
Sen Dog: Ich finde es sogar leichter, in Europa eine Fanloyalität aufzubauen. Ich weiß, dass wir eine US-Band sind, aber wir spielen in Europa eigentlich meist bessere und sogar größere Konzerte. Der europäische Fan ist vielseitiger aufgebaut. Hier gibt es Leute, die neben Hip Hop auch Alternative Rock oder Metal hören, das merkst du auch bei den Festivalzusammensetzungen und das ist in den USA definitiv nicht so einfach.

"Krone": Nebenbei feiert ihr auf eurer Tour gerade 25 Jahre Cypress Hill - eine wirklich lange Zeit in diesem harten Geschäft. Gibt es etwas Spezielles aus den Anfangstagen, an das du dich gerne zurückerinnerst?
Sen Dog: Wir tourten in einem verdammt kleinen Auto und sind den größeren Bands nachgefahren. Wir waren sehr hungrig und hatten keine Kohle. Wir haben jeden Tag bei McDonald's gegessen, hatten aber die allerbeste Zeit. (lacht) Diese Tage waren aber auch deshalb besonders, weil sie unseren Charakter für alles Spätere gebildet haben. All den Erfolg hätten wir nie verkraftet, hätten wir nicht die harten Zeiten am Anfang durchgemacht. Wir hätten diesen Erfolg auch nie so genießen und wertschätzen können.

"Krone": Hast du damals gedacht, dass Cypress Hill jemals eine so wichtige Nummer im gesamten Rap- und Hip-Hop-Kosmos sein würde?
Sen Dog: Nie im Leben. Ich dachte, wir würden etwa fünf oder sechs Jahre unterwegs sein und dabei zwei bis drei Alben veröffentlichen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass Frauen diese Band mögen würden, weil wir doch ziemlich abgedrehtes Zeug ablieferten, aber ich habe mich bei all diesen Dingen massiv geirrt. 25 Jahre später wissen wir auch, dass die Girls uns lieben. (lacht) Wenn du eine Band gründest denkst du nicht so weit voraus in die Zukunft, du willst einfach nur das erste Album rausbringen und wenn das danebengegangen wäre, dann würde ich jetzt wieder für UPS fahren und Pakete zustellen. Aber es hat ganz anders funktioniert und wir haben viele Alben gemacht - all das hat meine kühnsten Erwartungen übertroffen.

"Krone": Ihr seid noch da und McDonald's auch - manchmal ist es also gut, sich zu irren. Seht ihr euch nach der langen Zeit als Vorbilder und Idole für jüngere Rap- und Hip-Hop-Acts, die ihre Form der Kunst leben?
Sen Dog: Das hat sich wohl so ergeben. Leute wie Big Boi von Outkast oder Sean Paul haben mir oft erzählt, dass wir ein großer Einfluss für sie waren. Auch Pitbull hat sich stark von uns beeinflussen lassen. Speziell die Latino-Kids haben zu uns aufgeschaut und gesehen, dass es einen Latino-Hip-Hop-Act gibt, der es schaffen kann. Ich habe diese Frage vor einigen Jahren gestellt bekommen und sie verneint, aber mittlerweile habe ich meine Meinung geändert und durchaus mitgekriegt, dass wir eine wichtige Rolle für andere spielen. So ging es mir auch mit Public Enemy - ich wollte immer so gut und erfolgreich sein wie sie. Alle Kids haben ihre Idole und Bands, auf die sie aufschauen. Das ist ein schöner Kreislauf, der Musik am Leben erhält. Als ich erstmals Public Enemy, Run DMC und die Beastie Boys sah, war ich etwa 16 Jahre alt und wusste, dass ich genauso werden müsste und nichts anderes mehr machen will.

"Krone": Du hast aber in diversen Interviews schon öfter betont, dass du Cypress Hill nicht unbedingt als Latino-Hip-Hop-Band siehst.
Sen Dog: Das stimmt schon, ja. Es gab da ganz andere Aushängeschilder, die dieses Subgenre wirklich prägten, B-Real und ich wollten aber nie auf Spanisch rappen, sondern einfach nur eine normale Rap-Band gründen und nicht die Latino-Masche in den Vordergrund stellen. Als wir das erste Album machten, wollten die Produzenten noch ein paar spanische Tracks, aber das hat mir damals schon missfallen. Wir wollten ein englischsprachiger Act sein. Wir hatten dann aber doch "Latin Lingo" drauf und der Track war sehr erfolgreich. Wir haben uns die Tür offengehalten, aber wir wollten auf keinen Fall eine Hautfarben-Diskussion mit der Band mittransportieren. Wir waren einfach Stoner.

"Krone": Es gab und gibt auch kaum eine Band, die sich seit jeher so stark für Marihuana einsetzte wie ihr es immer gemacht habt. Wie siehst du die Lage heute im Vergleich zu früher? Hat euer Einsatz etwa auch zur stetigen Liberalisierung des Marktes geführt?
Sen Dog: Der Kreuzzug geht natürlich noch weiter, aber es hat sich definitiv viel verbessert. Die Legalisierung und Entkriminialisierung von Marihuana schreitet stetig voran. Mittlerweile haben wir in den USA 21 oder 22 Staaten, die Marihuana aus medizinischen Gründen verschreiben dürfen und in drei Staaten ist es bereits komplett freigegeben. Als wir mit Cypress Hill starteten, wurde Marihuana mit chemikalischen Hardcore-Drogen wie Kokain, Heroin oder Crack gleichgesetzt. Alles war auf einer einzigen Liste und wir haben immer versucht, den Leuten zu verklickern, dass Marihuana vor allem im medizinischen Bereich eine große Hilfe sein kann. Auch für die Umwelt ist diese Droge kein Schaden und die Leute haben sich über Jahrzehnte doch so stark damit befasst, dass wir jetzt den Beweis haben, dass wir immer korrekt darüber gesprochen haben. Vor allem im medizinischen Bereich ist Marihuana nicht mehr wegzudenken und wir hatten sicher einen kleinen Einfluss darauf.

"Krone": Ihr habt auch seit jeher ein wirklich stabiles und festes Line-Up. Was ist denn die große Magie zwischen euch, dass es schon seit mehr als zwei Dekaden so gut funktioniert?
Sen Dog: B-Real und ich sind gute Freunde seit unseren Teenager-Tagen. Schon lange bevor wir all diesen Erfolg hatten, waren wir wie Brüder. Wir hatten immer großen Respekt voreinander und das hat uns so weit gebracht und dadurch wurde die Freundschaft erhalten. Auch Eric Bobo und DJ Muggs passen perfekt in diese Band und wir respektieren uns gegenseitig in höchstem Maße. Wir behandeln uns gegenseitig gut und versuchen, nichts zu ruinieren. Wenn der Umgang untereinander passt, und das auch noch über all die vielen Jahre, dann kannst du eine Freundschaft auch nicht mehr auseinanderreißen.

"Krone": Ein guter Freund aus deinen Kindheitstagen ist der ehemalige Slayer-Drummer Dave Lombardo. Hast du noch immer Kontakt zu ihm und gab es da früher im Teenie-Alter so manche Diskussionen und Kämpfe zwischen der Rap- und der Metal-Fraktion?
Sen Dog: Ich sehe David hier und da noch immer und wir hängen dann gemütlich herum. Er ist sehr bodenständig geblieben und spielt jetzt für die Suicidal Tendencies, was mich sehr für ihn freut. Wir stammen gab es seit jeher verschiedene musikalische Szenen und ich hatte die große Ehre, diese Vielseitigkeit aus erster Hand zu erleben. Ich weiß noch, als ich das erste Mal eine Heavy-Metal-Show sah war das eine Slayer-Show in meiner Highschool, das war unglaublich. (lacht) Ich war mir damals nicht so ganz sicher, was ich mir da jetzt eigentlich anhöre, sicher war aber, dass ich es mochte. (lacht) Das war das erste Mal, dass ich etwas wirklich Hartes hörte und von dort kam ich stärker mit Metal in Berührung. Aber bei mir liefen schon immer auch Hip Hop, Rap, Funk, Rock und sogar Oldies gleichberechtigt mit. In South Gate gab es für alle etwas. Da ich zudem ein Partytiger war, der gerne herumhing und ein paar Bier verdrückte, kam ich in die unterschiedlichsten Szenen und hatte schnell Freunde gefunden.

"Krone": Kommen wir zu Gegenwart - sechs lange Jahre nach "Rise Up" gibt es mit "Elephants On Acid" bald wieder ein neues Cypress Hill-Album. Was kannst du uns aus der gegenwärtigen Perspektive darüber erzählen?
Sen Dog: Produziert ist das Teil wieder einmal von DJ Muggs und es hat auf jeden Fall das typische Cypress-Feeling, wie alle anderen Alben, die wir mit ihm produziert haben. Es gibt aber musikalisch so gut wie nichts, dass dich an unsere Vergangenheit erinnern wird. Es ist ein komplett neues Abenteuer und für uns ein total neues Kapitel, das dennoch Cypress Hill ist. Die Beastie Boys waren auch immer die Beastie Boys und sind niemals irgendwelchen Trends nachgehechelt. So ist das auch mit uns. Es klingt anders, aber du weißt genau, dass es unser Album ist. Falls das irgendeinen Sinn macht: Es ist Cypress Hill total neuinterpretiert. (lacht)

"Krone": Wann wird es erscheinen?
Sen Dog: Ich denke im August sollte es rauskommen, dauert nicht mehr lange.

"Krone": Werden wir darauf auch Dubstep-Elemente hören, schließlich hast du in der Vergangenheit mit Rusko und Deadmau5 zusammengearbeitet und dich in diese Richtung bewegt?
Sen Dog: Auf diesem Album nicht, da haben wir den Sound schon basisch gehalten. Es ist ein Hip-Hop-Album mit diversen verschiedenen Einflüssen, aber Dubstep ist nicht drauf.

"Krone": Was hat es eigentlich mit dem für Anfang Juni angekündigten Projekt Prophets Of Rage auf sich, bei dem auch B-Real beteiligt ist? Kannst du mir etwas darüber verraten?
Sen Dog: B-Real hat mir selber erst vor ein paar Wochen davon erzählt. Es ist eine Art von Supergroup und ich freue mich total für ihn. Es ist immer toll, wenn du mit einer Runde von verrückten Motherfuckern die Bühne teilen kannst. (lacht) Tom Morello und Brad Wilk sind verdammte Genies und das klingt zumindest nach verdammt viel Spaß. Mit Public Enemys Chuck D ist mein absoluter Lieblingsrapper an Bord und ich kann es selbst kaum noch erwarten, diese Show zu sehen. Das wird ganz großartig und wir alle freuen uns darüber, denn auch für B-Real ist das eine große Sache.

"Krone": Zum Abschluss würde ich dich gerne noch etwas Politisches fragen. Du bist geborener Kubaner und nun ist die langjährige Eiszeit zwischen Kuba und den USA endgültig aufgetaut. Fürchtest du, dass das Land nun in einer Art von "Invasion" seine Identität verliert?
Sen Dog: Wenn es darum geht, einfach Kubaner zu sein, dann werden wir niemals unsere Identität verlieren. Das Land wird sich aber definitiv modernisieren. Die ganze Kultur, das Essen und alles drumherum werden sich mit Sicherheit verändern und dem Westen anpassen. Kuba muss auch in die Zukunft schauen, aber die Identität wird trotzdem bleiben. Modernisierung ist nicht immer schlecht, man kann nicht immer am gleichen Stand bleiben und sich im Ausland mit den alten Autos verkaufen. Es wird aber auch Zeit, dass dieses Land sich dem Tempo der restlichen Welt anpasst. Das ist auch nicht vermeidbar und das wollen im Prinzip alle. Ich sehe dem Ganzen sehr positiv entgegen.

Cypress Hill sind am Samstag, 11. Juni, beim Nova Rock im burgenländischen Nickelsdorf zu Gast und werden unter Garantie eine feurige Show auf die sonnendurchtränkte Bühne legen. Alle Infos und Tickets gibt es unter www.novarock.at.

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