Zankapfel der Nation

Asylgesetz: Was die “Blitz-Novelle” bringt

Österreich
13.04.2016 14:49

Die Regierung hat zuletzt Ende März eine rasche Verschärfung des heimischen Asylrechts angekündigt - was in den vergangenen Wochen zu heftigen Wortgefechten in der Politik führte. Nun fasste die Koalition ihre Pläne in einem großen Antrag zusammen. Hier ein Überblick über die geplanten Gesetzesänderungen und deren Hintergründe.

"Öffentliche Ordnung gefährdet": Die Koalition geht grundsätzlich davon aus, dass durch die seit dem Vorjahr anhaltende Flüchtlingsbewegung die "öffentliche Ordnung und innere Sicherheit" gefährdet sein könnten. Dann könne und müsse Österreich die Zulassung zum Asylverfahren deutlich einschränken und nur noch solche Fälle bearbeiten, bei denen dies aus Gründen der Menschenrechtskonvention unbedingt nötig sei.

Notfallmechanismus, um Asyl-Zustrom zu stoppen: Die Möglichkeit zum Erlass einer entsprechenden Notfallverordnung - Stichwort Asyl-"Obergrenzen" bzw. -"Richtwert" - soll nun im Gesetz verankert werden. "Wir werden keine Asylanträge zulassen, außer wir müssen das aufgrund gewisser Kriterien wie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention tun", kündigte Noch-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner an. In allen anderen Fällen sollen die Flüchtlinge in jenes Land zurückgeschickt werden, aus dem sie nach Österreich gekommen sind.

Ausnahmen möglich: Artikel 8 der Menschenrechtskonvention garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Wer Familie in Österreich hat, müsste also jedenfalls zum Asylverfahren zugelassen werden. Ebenfalls zugelassen werden müssten weiterhin beispielsweise Asylwerber, deren Leben im Fall einer Abschiebung bedroht wäre.

Asyl auf Zeit: Schon länger in Planung ist das sogenannte Asyl auf Zeit, das nun in einen großen Sammelantrag der Koalition zur Änderung des Asylgesetzes eingearbeitet wurde. Asyl auf Zeit soll für alle Fälle gelten, die seit 15. November vorigen Jahres eingetroffen sind. Hier soll der Asylstatus nur noch für drei Jahre vergeben werden. Ändert sich die Sicherheitslage im Herkunftsland, wird der Flüchtlingsstatus aufgehoben und die betroffene Person muss das Land verlassen.

Familiennachzug verschärft: Ebenfalls in den aktuellen Antrag übernommen wurde die Verschärfung des Familiennachzuges. Subsidiär Schutzberechtigte können ihre Familien demnach erst nach drei Jahren nach Österreich holen. Zudem müssen sie gewisse wirtschaftliche Voraussetzungen dafür erfüllen. Gleiches gilt für Asylwerber, bei denen der Antrag auf Familiennachzug nicht innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Asylstatus gestellt wird.

Schnellverfahren an der Grenze: Ob die Kriterien zum Asylverfahren vorliegen, soll künftig in einem "Schnellverfahren" direkt an der Grenze in "Registierzentren" geprüft werden. Auch Flüchtlinge, die sich nicht an der Grenze melden, sondern illegal einreisen und den Asylantrag erst im Land stellen, sollen ebenfalls in ein grenznahes "Registrierzentrum" gebracht werden.

Asylwerber können 120 Stunden festgehalten werden: Grundsätzlich können Asylwerber in den "Registrierzentren" - wie viele es letztlich geben wird, ist noch unklar - bis zu 120 Stunden festgehalten werden, um abzuklären, ob die Annahme des Asylantrages notwendig ist.

Grenzkontrollen verschärfen: Die Grenzkontrollen etwa am Brenner und im Burgenland will die Regierung intensivieren. "Dort, wo wir Grenzkontrollen machen, wird es auch kein Durchwinken mehr geben", kündigte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ein weiteres Mal ein "Ende des Weiterleitens" von Flüchtlingen nach Deutschland an.

Rechtsgutachten bescheinigt "Spielraum": Die Zahl der Asylanträge gesetzlich zu begrenzen, sei völkerrechtlich schwierig, räumte Doskozil ein. Eine entsprechende Expertise des Europarechtlers Walter Obwexer und des Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk zeige aber Handlungsspielräume auf: "Diese Handlungsspielräume, sei es legistisch, sei es praktisch, wollen wir nutzen", so Doskozil. "Es ist nie darum gegangen, eine absolute Zahl in ein Gesetz zu schreiben", erklärte Mikl-Leitner dazu, dass die Gutachter eine gesetzliche "Obergrenze" eigentlich ausschließen.

"Keine grundsätzliche Lösung": Bundeskanzler Werner Faymann betonte, dass ein "Richtwert" für die Aufnahme von Flüchtlingen nicht die Eigenschaft habe, das Problem grundsätzlich zu lösen: "Könnten wir Kriege durch Richtwerte beenden, würden wir nur mehr Richtwerte beschließen."

Verschärfungen bis spätestens Juni in Kraft: In Kraft treten könnten die Verschärfungen laut Vizekanzler Reinhold Mitterlehner dennoch bis spätestens Juni (Mikl-Leitner sprach von Mitte Mai). Im Parlament könnten die entsprechenden Gesetze in der Sitzung von 27./28. April beschlossen werden.

Kritik von allen Oppositionsparteien: Die Oppositionsparteien üben seither durch die Bank Kritik an den geplanten Gesetzesänderungen. Für die FPÖ ist die "Obergrenze" keine echte Obergrenze, sondern "Augenauswischerei". Für die Grünen tischt die Regierung den "nächsten Rechtspfusch auf", auch die NEOS orten durch rechtliche Bedenken eine "Blamage". Das Team Stronach spricht von parteipolitisch motivierter "Hudelei".

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