Grotesker Streit

“Handschlag-Befreiung” für muslimische Schüler?

Ausland
09.04.2016 08:32

Gibt es ein religiöses Recht darauf, Autoritätspersonen den Handschlag zu verweigern? Seit Tagen wird in der Schweiz über diese Frage diskutiert, weil eine Schule im Kanton Basel-Land zwei muslimischen Schülern (14 und 15 Jahre) eine "Handschlag-Befreiung" eingeräumt hatte.

Der Vater des 15-jährigen Burschen, der seinen Lehrerinnen nicht die Hand geben will, ist laut der Tageszeitung "Blick" Imam der Basler König-Faysal-Moschee. Während man sich dort nicht zur Affäre äußern will, hält Justizministerin Simonetta Sommaruga mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg: "Dass ein Kind der Lehrperson nicht die Hand gibt, das geht gar nicht", sagte die sozialdemokratische Politikerin diese Woche im Schweizer Fernsehen.

IS-Flagge auf Facebook-Profil des Handschlag-Verweigerers
"Ihr wollt alle Muslime schlechtmachen, denkt gut darüber nach. Ihr seid alle Lügner", konterte der Bursche im Facebook-Chat mit "Blick". Dass die Flagge der mörderischen Dschihadistengruppierung Islamischer Staat sein Facebook-Profil ziert, begründet der 15-Jährige mit "dem Lied im Hintergrund".

Befreiung nicht als "dauerhafte Lösung" gedacht
Die Schulleitung der Mittelschule Therwil hatte dem Burschen und einem 14-jährigen Freund erlaubt, auf den üblichen Handschlag mit den Lehrpersonen zu verzichten. Die beiden jungen Muslime sehen sich in ihrem Glauben kompromittiert, wenn sie Frauen die Hand geben müssen. Die Bildungsdirektorin des Kantons, Monica Gschwind, verteidigte den Dispens als "pragmatisch", stellte aber klar, dass es sich "nicht um eine dauerhafte Lösung" handeln könne.

Händedruck "theologisch erlaubt"
Auf Distanz zu den beiden Jugendlichen ging auch die Föderation Islamischer Dachorganisationen der Schweiz (FIDS). Ihr Präsident Montassar Benmrad stellte am Freitagabend im TV klar, dass die Schüler kein Recht hätten, ihren Lehrerinnen den Handschlag zu verweigern. Benmrad sagte in der SRF-Sendung "Arena", "dass die Burschen das aus Respekt machen sollten". Es brauche aber auch "Dialog" mit den beiden. Laut einer FIDS-Erklärung ist der Händedruck zwischen Mann und Frau "theologisch erlaubt".

Probleme auch an österreichischen Schulen
Auch in Österreich sehen sich Lehrerinnen immer wieder mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Väter, die der Lehrerin den Handschlag verweigern, Eltern, die einer Einladung seitens der Schule nicht nachkommen, und Schüler, die weibliche Lehrkräfte als "Hure" beschimpfen - die Zahl der Einzelfälle nimmt zu, schreibt aktuell der "Kurier".

Laut Lehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger versucht "der Großteil der Kinder und Eltern mit Migrationshintergrund fast alles, um Fuß zu fassen". Lediglich einzelne radikale Familien "bereiten uns Probleme", so Kimberger. Meistens reiche es, wenn ein männlicher Kollege hinzugezogen werde. In schwierigeren Fällen werde der Landesschulrat eingeschaltet, im Falle einer Eskalation auch die Polizei.

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