Geliebt und gehasst

Dr. Gerti Senger über die “Vorstadtweiber”

Adabei
08.03.2016 06:00

Ab 14. März geht es im ORF-Hauptabendprogramm wieder um Sex, Lügen und Intrigen. Professor Dr. Gerti Senger hat für die Kronen Zeitung analysiert, warum die ORF-Serie "Die Vorstadtweiber" heiß geliebt oder zutiefst gehasst wird.

Geliebt UND gehasst werden die Freiheiten, die sich die Vorstadtweiber nehmen. Sie tun es auf die liebe Tour wie Maria (Gerti Drassl), cool wie Waltraud (Maria Köstlinger), raffiniert wie Nico (Nina Proll), durchtrieben wie Caro (Martina Ebm) und entschlossen wie Sabine (Adina Vetter).

Ein Konzept, das Konservative entrüstet, aber den Anhängern eines "Wellness-Feminismus", in dessen Mittelpunkt Männer, Karriere und Geld stehen, taugt. Auch die Unmoral der Hauptdarsteller hat Erregungspotential. Sie sind gierig, egoistisch, verlogen, triebhaft und enthemmt. Man vergleicht und atmet auf: "Gott sei Dank, so bin ich nicht." Oder: "Gott sei Dank, dass nicht nur ich so bin."

Die unverblümte Sex-Sprache - "ficken", "blasen", "Schwanz" - stößt zwar ab, fasziniert aber als Kontrast zu den gewohnten "braven" Serien-Dialogen. Viele beneiden die Vorstadtweiber um ihren Wohlstand oder ihre Attraktivität. Aber Neid ist eine Todsünde, die man sich nicht erlaubt. Also wird das, was man beneidet, entwertet, damit man es nicht mehr beneiden muss. Neider lehnen die Kultserie am stärksten ab. Ablehnung ist aber kein Grund, die Serie nicht mit größtem Interesse zu verfolgen. Indem man sich empört, streichelt man das eigene Ego: "So bin ich nicht!"

Geschichten von Familien und Clans und die damit zusammenhängenden Bindungen und Spannungen einer Clique sind immer ein Renner. Auch der Voyeurismus, der in jedem steckt, wird bedient. Man sieht, in welchem Ambiente die Reichen und Schönen wohnen, wie sie sich anziehen und amüsieren - das befriedigt die Neugier auf ein Leben, das anders als das eigene ist oder dieses spiegelt. Ein Atout ist Schadenfreude. Bis auf Sabine leben die Vorstadtweiber auf großem Fuß, ohne dafür rackern zu müssen. Doch Wohlstand schützt nicht vor Beziehungskalamitäten. Recht geschieht ihnen! Allen Widerständen zum Trotz begeistern sich auch die größten Gegner für die hochkarätigen Schauspieler. Nina Proll, Gerti Drassl, Jürgen Maurer, Maria Köstlinger - besser geht's nicht.

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(Bild: kmm)



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