Kritik von Doskozil

“EU-Kommission versagt in Flüchtlingskrise”

Österreich
26.02.2016 17:00

Schwere Kritik an der EU-Grenzschutzagentur Frontex kommt von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Die Rückführung von Flüchtlingen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, funktioniere kaum. Zur Sicherung der EU-Außengrenzen sagte Doskozil am Freitag im "Krone"-Interview: "Diese Aufgabe wird von Frontex nicht wahrgenommen."

In unmissverständlicher Deutlichkeit zielt die Kritik des Verteidigungsministers an die Adresse Brüssels. "Rechtsstaatlichkeit heißt auch, jene wieder in ihre Heimatländer zurückzuführen, die kein Asylrecht haben. Hier versagt die Europäische Kommission an allen Ecken und Enden. Es gelingt der Kommission weder neue Rückführungsabkommen zu beschließen, noch Abschiebungen in hohem Ausmaß durchzuführen."

Zuletzt 470.000 ohne Recht auf Asyl
Doskozils vernichtende Einschätzung der europäischen Flüchtlingspolitik basiert auf den aktuell vorliegenden Statistiken. Demnach gab es in Europa mehr als 470.000 Menschen, die kein Asylrecht erhalten haben und auch wieder in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt hätten werden sollen. Nur 192.000 davon sind tatsächlich in ihre Heimat gebracht worden.

Die für die Rückführungen zuständige EU-Agentur Frontex hat 2015 lediglich 3565 Rückführungen durchgeführt. Im Detail waren es 66 Flüge insgesamt - also im Schnitt 54 Personen pro Flug. Im Vergleich: 2015 hat alleine Österreich 7424 nicht asylberechtige Flüchtlinge wieder in die Heimat abgeschoben beziehungsweise zur freiwilligen Ausreise motivieren können.

Fatale politische und praktische Auswirkung
Doskozil bewertet dieses Versäumnis der EU-Behörden in der politischen und praktischen Wirkung höchst kritisch. "Ich halte die Rückführungsthematik für einen ganz entscheidenden Punkt, um die Flüchtlingssituation eindämmen zu können."

Falsches Signal zieht weitere Flüchtlinge an
Im "Krone"-Interview erhöht der Verteidigungsminister daher den Druck auf die EU-Kommission: "Wenn wir es in Europa nicht schaffen, Flüchtlinge, die kein Asylrecht haben, wieder abzuschieben, dann ist das eine Einladung per se. Dann signalisieren wir: Egal, ob ihr ein Asylrecht habt oder nicht, ihr könnt in Europa bleiben. Damit erzeugen wir einen Pull-Faktor, der nicht zu unterschätzen ist."

Auch der Schutz der EU-Grenze ist schwach. Mit 455 Beamten setzt Frontex bei den Hotspots in Griechenland nur einen Bruchteil dessen ein, was Österreich zur Grenzsicherung aufbietet. "Die EU ist insgesamt nicht glaubwürdig, wenn sie es nicht schafft, ihre Grenzen zu schützen", sagt Doskozil.

Kommentar von Claus Pándi: Europäisches Trugbild
In der Flüchtlingskrise zerbröselt in aller Öffentlichkeit eine EU-Institution nach der anderen. Jetzt gerade wird klar, was Frontex tatsächlich ist: ein wirkungsloses europäisches Fantasiegebilde.

Frontex war dazu gedacht, Europas Grenzen zu schützen und Flüchtlinge ohne Asylrecht in ihre Heimatländer zurückzubringen. Diesem Auftrag kommt die EU-Agentur mit 340 Mitarbeitern, 100 Booten, 25 Hubschraubern und 20 Flugzeugen kaum bis sehr mangelhaft nach.

Zur Meisterschaft hat es die europäische Organisation mit ihrer Zentrale in Warschau nur im Erfinden großspuriger Decknamen für ihre Operationen gebracht. Die tragen allesamt Bezeichnungen griechischer Gottheiten wie Poseidon, Hera, Hermes oder Triton. Bei Frontex muss es eine Abteilung mit einem teuren Spezialisten geben, der sich als James Bond für Arme diesen Unfug einfallen lässt.

Dabei drängt sich eigentlich nur ein Name aus der griechischen Mythologie für den hilflosen Aktionismus von Frontex auf: Chimäre. Zu Deutsch: ein Trugbild, ein Luftschloss. Eine Täuschung - wie so vieles, was von der EU-Kommission zur Flüchtlingspolitik kommt.

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