Tarnname "Bolek"

Polen: Ex-Präsident Walesa soll gespitzelt haben

Ausland
18.02.2016 12:48

Der polnische Gewerkschaftsführer, spätere Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hat nach Erkenntnissen des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) in Warschau für den kommunistischen Geheimdienst gearbeitet. Es sei "eine handschriftliche Zusage zur Zusammenarbeit" entdeckt worden, unterschrieben mit "Lech Walesa" und dem Tarnnamen "Bolek", sagte Institutschef Lukasz Kaminski am Donnerstag. Auch lägen Quittungen über Honorarzahlungen vor.

Im Haus des im November verstorbenen Ex-Generals Czeslaw Jan Kiszczak seien Walesas Personalakt und seine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst gefunden worden, sagte Kaminski laut der Agentur PAP. Die Unterschrift Walesas sei authentisch. Die Unterlagen stammten aus den Jahren 1970 bis 1976 - damals war Walesa noch nicht Vorsitzender der freien Gewerkschaft Solidarnosc gewesen.

Walesa weist neuerliche Anschuldigungen zurück
Walesa, der sich derzeit im Ausland aufhält, teilte mit: "Es können keine von mir stammenden Dokumente vorliegen." Er will sich juristisch gegen die neuerlich erhobenen Vorwürfe wehren. Früher war dem Friedensnobelpreisträger in zwei IPN-Büchern vorgeworfen worden, in den 1970er-Jahren Kollegen auf der Danziger Werft für die kommunistische Geheimpolizei SB bespitzelt zu haben. Ein Sondergericht sprach Walesa aber vor mehr als 15 Jahren von allen Vorwürfen frei. Im Jahr 2008 warf dann der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski Walesa persönlich Spionage vor.

Vom Gewerkschaftsanführer zum Präsidenten
Walesa war in kommunistischer Zeit Anführer der Gewerkschaft Solidarnosc, die sich gegen das kommunistische Regime stellte. Von 1990 bis 1995 war er der erste demokratisch gewählte Präsident Polens. Das IPN verwaltet heute die Geheimdienstunterlagen und ist auch für die juristische Aufarbeitung von Verbrechen aus nationalsozialistischer und kommunistischer Zeit zuständig.

Walesa (72) gilt als Kritiker der seit Oktober regierenden neuen nationalkonservativen Regierung und des Chefs der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski. Im Dezember warnte der Freiheitsheld angesichts der gesellschaftlichen Spannungen vor einem "Bürgerkrieg" in Polen.

Dabei waren Walesa und Kaczynski früher enge Vertraute und politische Mitstreiter: Jaroslaw Kaczynski und sein Zwillingsbruder Lech, der 2010 im Amt des Staatspräsidenten bei einem Flugzeugunglück ums Leben kam, gehörten in den 1980er-Jahren der Solidarnosc-Bewegung an. Nach der demokratischen Wende schlugen sich die beiden Brüder, als das Solidarnosc-Lager in einen linken und einen rechten Flügel auseinanderbrach, noch auf die Seite des konservativen Walesa. Wenig später gingen sie aber in scharfe Opposition zu ihm.

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