Interview Teil II

Was blieb unterm Strich in der Finanzaffäre übrig?

Salzburg
10.01.2016 18:37

Ein 1,8 Milliarden Euro schweres Spekulationsportfolio löste Investment-Experte Willi Hemetsberger im Auftrag des Landes in der Finanzaffäre auf. Verdient darauf haben die Banken, bei denen Salzburg als professioneller Kunde geführt wurde - auch wenn man das heute nicht so gerne hört. Schließlich bedeutete das mehr Risikofreiheit und weniger Schutz bei den Geschäften. Doch während immer noch kolportierte Schäden von mehreren hundert Millionen Euro herumgeistern, sind sich Finanzfachleute längst nicht mehr sicher: Wenn Geld verbrannt wurde, dann war das erst in der panikartigen Aufarbeitung - vor Hemetsberger.

"Krone": Was haben die Banken an Margen mit dem Land Salzburg mitverdient?
Hemetsberger: Das wäre unseriös zu sagen, natürlich könnte man das aber pro Deal noch ungefähr berechnen. Haben wir aber nicht, uns ging es darum beim Aussteigen keine Margen zu haben. Wir wussten ja nicht, wo Frau Monika Rathgeber gekauft hat. Die Geschäfte wurden außerdem in der Vergangenheit mehrfach gerollt, also ständig neue Fixing Preise ausgemacht. Das macht es dann noch schwerer nachzuvollziehen, was der Gewinn und der Verlust über die Jahre war.

"Krone": Das kann man nicht mehr nachvollziehen?
Hemetsberger: Unter großem Aufwand könnte man das schon, aber das kostet sehr viel Geld. Das Salzburger Aufarbeitungsteam hat das gut geregelt, in dem es Stichproben aus den Geschäften herausgeholt, wo es einen Verdacht gegeben hat. Danach wurde versucht, Einigungen mit den dahinterstehenden Banken zu erzielen. Das war ein pragmatischer Zugang, jedes Geschäft einzeln aufzuarbeiten hätte sicher einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet.

"Krone": Sie meldeten nach Abschluss des Abbaus ein Plus unterm Strich von 97 Millionen Euro, blieben noch Spekulationsgeschäfte übrig?
Hemetsberger: Es blieben einige Produkte übrig, wo wir geraten haben, diese auslaufen zu lassen. Die Position ,Anthracite Investment Jersey’ gibt es zum Beispiel, das ist eine alte Lehman-Struktur. Da muss man aber noch über einige rechtliche Dinge reden. Dann gibt es noch den ,MB Asia Real Estate Fund’, mit Bauten in Kalkutta, der wird auslaufen, weil wir uns mit dem einzigen Interessenten, der gleichzeitig auch der Verkäufer war, nicht über den Preis einig wurden.

"Krone": Die Spekulationen gingen angeblich erst so richtig los, als die Mittel aus dem Wohnbaufonds ab 2006 bereit standen?
Hemetsberger: Frau Rathgeber hat immer kurzfristig Barvorlagen aufgenommen. Dem Land hat ja jede Bank bei dieser Bonität das Geld geborgt und diese Barvorlagen wurden nicht in der Buchhaltung ausgewiesen, solange sie unterm Jahr liefen. Deswegen hat sie sie unter dem Jahr auch mehrfach gerollt. Das kann im Prinzip ein Triple-A Schuldner auch machen, weil er weiß, dass er auch morgen noch Geld bekommt. Mit den Barvorlagen hat sie schon viel umsetzen können, da hat sie nicht unbedingt Cash aus dem Wohnbaufonds gebraucht. Sie hat langfristige Anleihen gekauft und sie mit den kurzfristigen Barvorlagen finanziert, um Margen zu erzielen. Das machen Hedgefonds in der Regel, diese Art von Geschäften erlauben viele Banken schon gar nicht mehr.

"Krone": Für wie viel Aufsehen hat Salzburg in der internationalen Finanzbranche gesorgt?
Hemetsberger: Salzburg hat in Deutschland und London in der Finanzbranche jeder gekannt, ich bin schon beim Skifahren von Londonern darauf angeredet worden. Dafür war Salzburg am Markt schon groß genug, weil es mit sehr vielen Banken gehandelt hat. Es hat ja fast jede große Investmentbank eine Position mit Salzburg gehabt.

"Krone": Wie nervös ist man in den Investmentabteilungen geworden, als das Land ankündigte Banken zu klagen, weil zu wenig über die Risiken informiert wurde?
Hemetsberger: Ja, da haben viele ihre Rechtsabteilungen eingeschalten, was es leichter machte oder eben auch nicht. Manchmal sagen die Banken eher, wenn etwas schief ging: Wir lösen das auf, wenn ihr uns nachher nicht klagt, dann machen wir euch einen ordentlichen Preis. Das Land Salzburg war aber nicht alleine, wenn es um Bankenklagen bei solchen Geschäften ging.

"Krone": Ist das Land Salzburg als professioneller Kunde bei den Banken gehandelt worden und hatte so mehr Freiheiten und weniger Schutz?
Hemetsberger: Da müssen Sie die Rechtsabteilung des Landes Salzburg oder Professor Meinhard Lukas fragen, der das Land juristisch betreute.

"Krone": Was hat das 2001 beschlossene Finanzmanagement auf zehn Jahre gesehen dem Land gebracht? Rathgeber musste ja 15 bis 17 Millionen jährlich ins Budget erwirtschaften.
Hemetsberger: Das traue ich mir nicht zu sagen, wir wissen nicht, ob Eigenkapital hineingeflossen ist oder nicht.

"Krone": Wie groß war der politische Druck?
Hemetsberger: Von Seiten der Politik kam kein Druck, trotz Wahlkampf. Der Druck kam eher von den Medien, da sind wir oft ,hergewatscht’ worden. Da hat es auch viele Leute gegeben, die ,Gschichtln druckt’ haben. Eine gute Bekannte sagte mir irgendwann: Lies keine Artikel mehr über Dich.

"Krone": Was ist beim Firesale wirklich passiert?
Hemetsberger: Das war Monate vor unserem Einsatz. Ich habe den Herrn Kutschera (er löste 250 Geschäfte im September 2012 auf) sehr professionell wahrgenommen und er hat sicher mit den besten Intentionen gehandelt. Ob er überall das Maximum herausgeholt hat, kann ich nicht sagen. Salzburg hatte nicht die Pricing-Maschinen, die wir im Unternehmen haben. Das Land hatte deswegen ein Riesenglück, dass es Kutschera mit seiner Erfahrung gegeben hat.

"Krone": Wenn Sie das Gesamtkonstrukt der Geschäfte beim Firesale im Nachhinein betrachten, kann es sein, dass Teile herausgerissen und Sicherungsgeschäfte aufgelöst wurden, ohne zu schauen, mit welchen Geschäften sie zusammenhingen? Damit hätte man Positionen erst hohen Risiken ausgesetzt.
Hemetsberger: Das ist möglich, ich kann es nicht ausschließen. Das war ein sehr komplexes Portfolio, vielleicht hat man nicht alles gleich verstanden, das mag schon sein.

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