Pfefferspray und Co.

Nach Sex-Attacken: Geschäft mit Schutzwaffen boomt

Österreich
10.01.2016 13:56

Seit den Sexmob-Übergriffen zu Silvester in Köln sind auch in Tirol und Salzburg etliche Anzeigen wegen derartiger Attacken bei den Behörden eingegangen. In erster Linie sind es Frauen, die den Tätern ausgeliefert sind. Das Schutzbedürfnis ist merklich gestiegen. So werden derzeit deutlich mehr Selbstverteidigungswaffen wie etwa Pfeffersprays, Elektroschocker und Co. verkauft. Der Einsatz der Schutzwaffen ist durch den Notwehrparagrafen geregelt.

"Einerseits sind es Frauen, die sich bei uns mit Pfeffersprays eindecken. Und zwar jene Frauen, die jeden Abend allein mit ihrem Hund spazieren gehen oder die - wie Kellnerinnen - spät von der Arbeit nach Hause kommen", schildert Gerhard Fuchs vom Waffengeschäft Jagdwaffen Fuchs in Innsbruck und ergänzt: "Andererseits kommen Männer, die ihre Frauen und Töchter mit derartigen Utensilien schützen möchten."

Nicht nur aufgrund der jüngsten Ereignisse in Köln ist der Verkauf von Selbstverteidigungswaffen enorm gestiegen. "Vor rund drei Jahren haben wir etwa fünf Pfeffersprays in der Woche verkauft. Mittlerweile sind es bis zu 20 Sprays am Tag", erklärt Fuchs. Der Anstieg sei auch auf die Flüchtlingswelle zurückzuführen, die bei der Bevölkerung Angst auslöse.

Nach Reizgas-Einsatz Anzeige erstatten
"Ein Pfefferspray ist eine Waffe, der Einsatz ist ein Waffengebrauch. Vorteilhaft ist jedoch, dass man keine Waffenpapiere benötigt. Seit rund zehn Jahren dürfen in Österreich Pfeffersprays offiziell gekauft werden - vorausgesetzt, man ist volljährig", so Fuchs. Auch die Verwendung ist einfach: "Ich halte den Spray mit vier Fingern. Mit dem Daumen drücke ich die Schutzklappe nach oben und löse den Spray vor dem Gesicht des Angreifers aus", erklärt der Experte. Wichtig dabei ist: "Sobald ich den Spray eingesetzt habe, muss ich sofort bei der Polizei Anzeige erstatten. Andernfalls mache ich mich strafbar."

Pfeffersprays zählen zwar zu den gängigsten Selbstverteidigungswaffen, aber auch andere Utensilien werden mittlerweile verkauft. "Wir führen Schlüsselalarme - auch in der Trendfarbe Pink - sowie Elektroschocker und Messer", sagt Waffenhändler und -experte Hubert Fischbacher, der Inhaber des Geschäfts HF Jagdwaffen. Hier ein Überblick über einige der gängigsten Utensilien zur Selbstverteidigung:

  • Pfefferspray: Jeder Österreicher ab 18 Jahren darf sich zur Abwehr einen Pfefferspray kaufen. Dieser kann beispielsweise in einem Waffenfachgeschäft oder im Internet erworben werden. Empfohlen wird ein Gel-Spray und kein Zerstäuber. Sinnvoll ist, dass Sie sich nach dem Kauf in Ruhe mit der Funktionsweise vertraut machen. Wichtig: Alle drei bis vier Jahre sollten Sie Ihren alten Spray gegen einen neuen austauschen. Die Trägersubstanz setzt sich nämlich mit der Zeit ab, dann besteht die Gefahr, dass im Notfall nur noch Wasser aus Ihrem Spray spritzt.
  • Ein Elektroschocker kann z.B. in einem Waffenfachgeschäft erworben werden. Vom Gebrauch wird aber - ebenso wie vom Gebrauch von Messern - abgeraten. Zur Begründung: Für die Anwendung muss man sehr nahe an den Angreifer herantreten. Die Wirkung ist schwer einzuschätzen, beispielsweise durch eine dicke Winterjacke. Und: Der Angreifer kann ein Messer oder einen Elektroschocker leicht aus der Hand schlagen und dann gegen Sie verwenden.
  • Wenn man von hinten angegriffen wird, kann man auch seinen Schlüsselbund einsetzen, indem man ihn fest zwischen zwei Fingern der Faust hält und damit zuschlägt. Auch eine Zeitung kann, wenn nichts anderes zur Hand ist, fest zusammenrollt zur Abwehr verwendet werden. Grundsätzlich gilt, wenn Sie mit einem Stock oder einem Messer bedroht werden: Gegenstand gegen Gegenstand.
  • Bei der Bedrohung durch ein Messer empfiehlt Selbstverteidigungsexperte Georg Erber außerdem: "Schleudern Sie dem Angreifer Ihre Jacke entgegen. Das wird ihn kurzzeitig ablenken, sodass Sie die Möglichkeit zur Flucht haben." Alternativ können Sie den Angreifer auch mit ihrer Handtasche auf Distanz halten. Wichtig: Werden Sie bedroht, holen Sie sich Hilfe unter dem Polizei-Notruf 133.

Wann ist Notwehr erlaubt?
Was unter Notwehr fällt, regelt das Gesetz. Rechtsanwalt Peter Harlander kennt die Auslegung:

"Krone": Wann ist Notwehr angebracht?
Peter Harlander: Ist es eindeutig, dass ein Mann vorhat, eine Frau gegen ihren Willen festzuhalten und zu begrapschen, muss sie nicht warten, bis es passiert, sondern kann ihn präventiv wegstoßen. Ein Faustschlag ins Gesicht des Mannes wäre zu diesem Zeitpunkt jedoch schon eine Notwehrüberschreitung.

"Krone": Was darf ich auf keinen Fall tun?
Harlander: Zurückschlagen, nachdem der Angriff eingestellt wurde, nach dem Motto: "Dem zeig ich's jetzt aber." Das ist dann keine Notwehr mehr, sondern ein strafbarer Angriff.

"Krone": Per Gesetzestext ist Notwehr auch bei Angriffen auf das Vermögen erlaubt?
Harlander: Das ist richtig, solange es nicht nur um Bagatellwerte geht. Zur Verhinderung eines Diebstahls einer wertvollen Handtasche darf der Dieb auch niedergeschlagen werden. Zur Verhinderung eines Diebstahls des Kleingeldbörsels allerdings nicht.

Video: Frauen fordern nach Übergriffen in Köln Aufklärung

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