Technics und Co.

Plattenspieler feiert dank Vinyl-Boom Comeback

Elektronik
08.01.2016 14:28

Es ist ein Comeback, das vor wenigen Jahren noch undenkbar schien: Der Plattenspieler ist wieder da. Äußerlich sehen die neuen Modelle auf der Technik-Messe CES in Las Vegas vielleicht aus wie schon immer - doch unter Plattenteller und Tonarm schlägt ein High-Tech-Herz. Mit der Vinyl-Renaissance kehren inzwischen auch Elektronikriesen in das Geschäft zurück.

Panasonic lässt dieses Jahr das legendäre Modell Technics SL-1200 wieder aufleben. Seit den 70er-Jahren war der robuste Plattenspieler das Lieblingsgerät von DJs und Hip-Hop-Künstlern. 2010 zogen die Japaner den Stecker - die Produktion schien sich nicht mehr zu lohnen. Erst die CD und dann Online-Formate wie die MP3 hatten die Schallplatte weitgehend verdrängt.

Vinyl erlebt zweiten Frühling
Doch Vinyl starb auch mit dem Vormarsch von Streaming aus dem Netz nicht aus. Eine zunächst kleine Schicht von Enthusiasten kaufte die Platten weiter und inzwischen ist es so etwas wie ein Kultur-Phänomen. Nach jüngsten verfügbaren weltweiten Zahlen des Branchenverbandes IFPI sprang der Vinyl-Absatz 2014 um gut 50 Prozent hoch.

"Was genau die Initialzündung für diesen Boom war - ausgerechnet in einer Zeit, in der alle Zeichen auf Digitalmusik stehen, von der CD über den Download bis zum Streaming - kann man nur vermuten", so der Geschäftsführer des deutschen Bundesverbandes Musikindustrie, Florian Drücke. Vielleicht sei es die Sehnsucht nach Entschleunigung in einer Welt, die immer schneller und in immer mehr Lebensbereichen digitalisiert.

"Wesentlich intensiveres Hören"
Die Vinyl-Welle hat längst auch die jüngere Generation erfasst. Silbermond etwa veröffentlichten ihr jüngstes Album "Leichtes Gepäck" auch auf Vinyl. "Wir schätzen die Haptik und den warmen, satten Vinyl-Sound sehr", erklärt die Band um Frontfrau Stefanie Kloß. "Allein dadurch, dass man die Seiten umdrehen muss und die Nadel neu aufsetzen, setzt man sich auf eine andere Art mit der Musik auseinander. Es ist insgesamt ein wesentlich intensiveres Hören."

"Der Klang von Schallplatten ist einzigartig weich - nicht zu vergleichen mit dem von MP3-Playern", schwärmt auch Carsten Haupt vom Label Celebrate Records. "Wenn man die Augen schließt, hat man das Gefühl, direkt vor dem Künstler zu sitzen." Ein geringes Rauschen und Knistern gehöre fast dazu. Er glaube jedoch, dass sich viele der Platten, die jetzt verkauft werden, nie auf einem Plattenteller drehen werden. "Es sind auch Fan-Artikel."

High-Tech unter der Haube
Fest steht jedenfalls: Vinyl wird wieder wirtschaftlich relevant, weshalb auch die Großen der Elektronikbranche das Geschäft nicht mehr nur den Hifi-Spezialisten überlassen wollen, die den Plattenspieler nie aufgegeben hatten.

Die Reinkarnation des SL-1200 behielt den von DJs so geschätzten Direktantrieb. Ein Problem des 1972 gestarteten klassischen Modells waren aber Mikro-Vibrationen des Motors und minimal schwankende Geschwindigkeit. In der Neuauflage soll ein Motor ohne Metallmantel gleichmäßiger laufen. Außerdem sichert ein Aufgebot digitaler Technologie den analogen Musik-Konsum ab: Die Drehung wird von einem Prozessor mit angeschlossenen Hochpräzisions-Sensoren kontrolliert.

Mit diesem Aufwand geht es hier ganz klar nicht darum, alte Scheiben vom Flohmarkt auf den Drehteller zu werfen, sondern um ein Gerät für Audiophile. Ein Preis für den SL-1200G, der bis Ende des Jahres auf den Markt kommen soll, wurde in Las Vegas zwar offiziell nicht genannt. Doch das Fachmagazin "What Hi-Fi?" brachte die Größenordnung von 4000 Dollar (3680 Euro) in Erfahrung. Die auf 1200 Geräte beschränkte Jubiläumsausgabe dürfte noch teurer werden.

Sony spart sich bei seinem auf der CES präsentierten Modell zwar den Aufwand mit der High-Tech-Motorsteuerung und setzt auf einen Riemenantrieb. Aber dafür geht der Konzern einen Schritt weiter bei der Einbindung in heutige digitale Gewohnheiten. Der knapp 500 Euro teure PS-HX500 lässt Nutzer die Musik gleich in digitale Dateien umwandeln. Dabei kommt das einst von Sony und Philips für die "Super Audio CD" entwickelte DSD-Format mit höherer Soundqualität zum Einsatz.

Presswerke am Limit
An der Herstellung der Schallplatten hat sich indes in den vergangenen Jahren wenig geändert. Die Maschinen sind noch von früher. Bei etwa 180 Grad wird mithilfe von Matrizen die Tonspur ins Vinyl gepresst. Die fertige Platte wird beschnitten und muss 24 Stunden kühlen. Wohl auch deshalb laufen die weltweit wenigen verbliebenen Presswerke derzeit am Limit. Musik-Verbandschef Drücke ist dennoch überzeugt, dass die Schallplatte ein Nischenprodukt bleiben wird. "Aber sie hat es geschafft, zurückzukommen."

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