Horrorszenario

Blackout: Könnten Hacker uns den Strom abdrehen?

Elektronik
05.01.2016 08:30

Käme es in Europa zu einem großflächigen Stromausfall, würden einer Studie aus Deutschland zufolge bereits nach fünf Tagen bürgerkriegsähnliche Zustände ausbrechen. Plünderungen, Einbrüche, Vandalismus, sexuelle Gewalt und verstörte Menschen würden das Straßenbild in großen Städten wie Wien prägen. Doch wie wahrscheinlich ist dieses Horrorszenario? Ein Ingenieur hat die Gefahr analysiert und einen Vortrag darüber gehalten.

Das Horrorszenario eines großflächigen und längerfristig andauernden Blackouts, wie ihn das deutsche Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages in seinem Bericht "Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften - am Beispiel eines großflächigen Ausfalls der Stromversorgung" beschreibt, sei für Angreifer aus dem Cyberspace zwar nur schwer herzustellen, aber auch kein Ding der Unmöglichkeit, erklärte der Ingenieur Mathias Dahlheimer kürzlich bei einem Vortrag am Hacker-Kongress Chaos Communication Congress.

Hacker müssten Frequenz rasch ändern
Würden Angreifer das europäische Stromnetz lahmlegen wollen, ginge dies am ehesten über die Manipulation der Netzfrequenz, die durch ein Gleichgewicht von Stromverbrauch und -produktion konstant gehalten wird. Dahlheimer zufolge läuft das Stromnetz europaweit mit einer Frequenz von rund 50 Hertz. Würde man diese Frequenz manipulieren, hätte es Schäden am Stromnetz und in weiterer Folge einen Blackout zur Folge.

Ein Angriff auf das europäische Stromnetz ist dem Experten zufolge allerdings nicht einfach, da es gegen Frequenzschwankungen abgesichert ist. Damit die Frequenz so signifikant verändert wird, dass das Stromnetz kollabiert, müsste man mit einem Schlag etliche Kraftwerke vom Netz nehmen oder etliche große Verbraucher hochfahren, heißt es in einem "Golem"-Bericht zum Thema.

Die Manipulation müsste im großen Stil erfolgen: Den Ausfall zweier AKW-Blöcke könnte das europäische Stromnetz problemlos verkraften, erläuterte Dahlheimer bei seinem Vortrag. Und um das Netz durch die An- oder Abschaltung von Großverbrauchern anzugreifen, bräuchte es eine konzertierte Attacke auf mehrere solche Großverbraucher - etwa Stahlwerke.

Angriffe auf das Stromnetz selbst denkbar
Die Schwierigkeit eines solchen Angriffs lässt einen großflächigen, von Hackern herbeigeführten Blackout unwahrscheinlich erscheinen. Grundsätzlich möglich wäre eine solche Aktion aber durchaus. Will ein Angreifer das Stromnetz eines europäischen Landes sabotieren, muss er aber gar nicht unbedingt zu Cyberangriffen greifen.

Dahlheimer zufolge ließe sich ein Blackout einfacher durch Angriffe auf die Infrastruktur selbst auslösen. Würde etwa Graphitstaub über einem Umspannwerk abgeworfen, würde dies zu einem Kurzschluss im Höchstspannungsnetz führen und das Netz instabil machen - ganz ohne Cyberangriff. Ebenfalls eine Gefahr: Unerwartete Ausfälle in der Infrastruktur, welche die Frequenzen verändern und auf die nicht rechtzeitig reagiert werden kann.

Angriffsfläche bietet auch der Stromhandel: Jede Viertelstunde, wenn in Europa Strom verkauft wird, kommt es zu einer minimalen Frequenzschwankung, die Angreifer verstärken müssten, um einen Blackout auszulösen.

Reserven machen Blackout unwahrscheinlich
Ein Garant für einen Blackout wäre aber selbst der gezielteste Angriff nicht, was den Sicherheitsmaßnahmen zu verdanken ist, die von den Stromkonzernen eingesetzt werden. Kraftwerke halten einen Teil ihrer Kapazität als Reserve bereit und können damit binnen 30 Sekunden unerwartete Bedarfsspitzen ausgleichen. Und selbst erneuerbare Energien wie Windräder, die wegen ihrer unsteten Stromproduktion von manchen Beobachtern als Risiken gesehen werden, können ihre Leistung mittlerweile so gut regulieren, dass sie keine Bedrohung für das Stromnetz darstellen.

Tatsächlich könnte erneuerbare Energie das Stromnetz sogar noch etwas robuster machen, glaubt Dahlheimer. Viele kleinere lokale Kraftwerke würden das Stromnetz dezentraler machen und so für weniger Angriffsfläche sorgen, glaubt der Ingenieur, der die angesprochenen Stromfrequenzen mit einem selbst konstruierten Messgerät seit anderthalb Jahren misst und bislang kaum gröbere Schwankungen feststellen konnte.

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