Kammer schlägt Alarm

Unseren Spitälern fehlen bald Tausende Ärzte

Österreich
02.12.2015 16:10
Gerade zur Weihnachtszeit sind die Spitalsambulanzen oft überfüllt, die Wartezeiten scheinbar endlos. Doch es könnte noch schlimmer kommen, warnt nun die Ärztekammer: Es drohe ein Ärztemangel in den heimischen Krankenhäusern. Bedingt sei dies u.a. durch die verkürzten Arbeitszeiten, den anhaltend starken Andrang in den Ambulanzen und die Abwanderung von Medizinern ins Ausland oder in andere Berufe. Sollte so weitergemacht werden wie bisher, werde sich die Lage "deutlich verschlechtern".

Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte, verwies am Mittwoch auf einer Pressekonferenz auf die Altersstruktur innerhalb der Spitalsärzteschaft: 25 Prozent der derzeit aktiven Mediziner würden demnach innerhalb der nächsten zehn Jahre in Pension gehen, das bedeute einen Verlust von etwa 6400 Medizinern (bei einem Gesamtstand von etwas mehr als 24.000 Spitalsärzten). Zudem sind laut Ärztekammer in den Spitälern derzeit rund 300 Arztstellen unbesetzt.

Auch zeichne sich ab, dass junge Ärzte nicht ihr gesamtes Berufsleben im Spital verbringen wollten - und sich auch kürzere und flexiblere Arbeitszeiten wünschten: Für viele jüngere Ärzte seien die Arbeitsbedingungen nicht attraktiv genug, hier gelte es, zu verbessern, so Mayer. Der Obmann der Bundessektion Turnusärtze, Karlheinz Kornhäusl, ergänzte, es sei nur sehr eingeschränkt möglich, eine Karriere im Spital mit Familie und Kindern zu vereinbaren: "Es fehlt an flexiblen Arbeitszeitmodellen."

Tausende Jungärzte wandern ins Ausland ab
Kornhäusl verwies auch darauf, dass Österreich seit 2003 insgesamt rund 7000 Ärzte ans Ausland verloren habe. Zur Entlastung von Turnusärzten forderte er die Installation von Dokumentationsassistenten und die Einrichtung von Abteilungssekretariaten. Aber auch Kinderbetreuungseinrichtungen im Haus seien notwendig.

Zur Verdeutlichung der hohen Drop-out-Quoten verwies er auf die Statistik: Pro Jahr würden etwa 1500 Personen ein Medizinstudium aufnehmen, aber nur 1300 Mediziner ihr Studium abschließen - und von diesen würden nur 900 in Österreich bleiben. Und auch die Bereitschaft der Turnusärzte, nach Abschluss ihrer Ausbildung weiterhin im Spital zu arbeiten, ist gering: Nur 36 Prozent haben dieses Ziel.

Zu viel Bürokratie, überlaufene Ambulanzen
Eine Eindämmung der Bürokratie forderte auch Mayer. Spitalsärzte würden derzeit 40 Prozent ihrer Zeit für Administration und Dokumentation aufwenden. Diese Tätigkeiten sollten vermehrt von nicht-medizinischem Personal ausgeführt werden, hier sei noch "viel Spielraum". Mit Blick auf die überlaufenen Spitalsambulanzen forderte der Kurienobmann außerdem, dass die Patientenströme besser gelenkt werden: "Wir werden strukturierte Zugänge ins Gesundheitssystem brauchen." Die Aufnahme in Ambulanzen sollte - abgesehen von Notfällen - nur noch mittels Überweisung möglich sein.

Die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie zur Beschränkung der Ärzte-Arbeitszeit auf 48 Stunden pro Woche lobte die Ärzteschaft grundsätzlich: Dies sei "ein wichtiger Schritt" zur Entlastung der Mediziner, sagte Mayer. Gleichzeitig verwies er darauf, dass dies eine Quasi-Reduktion der Ärzte-Arbeitszeit um 20 Prozent bedeute. Man solle nun die Übergangsbestimmungen bis 2021, die es erlauben, mehr als diese 48 Stunden zu arbeiten, sinnvoll nutzen, forderte er.

Gesundheitsministerium reagiert zurückhaltend
Im Gesundheitsministerium reagierte man auf die Warnungen der Ärzte zurückhaltend. Sektionschef Gerhard Aigner sagte am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal", dass einiges an administrativer Belastung auch durch spitalsinterne Optimierung der Abläufe abgefedert werden könnte. Und beim von der Ärztekammer beklagten Ärzteschwund Richtung Ausland müsse man auch berücksichtigen, wie viele Personen überhaupt nur für das Studium nach Österreich gekommen seien.

Aus dem Video-Archiv: So will Niederösterreich Jungärzte anlocken

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