Zielpunkt-Pleite

Leitl will Lösung für Mitarbeiter vor Weihnachten

Wirtschaft
30.11.2015 17:23
Knapp 3000 Beschäftigte, und da vor allem Frauen, sind von der Zielpunkt-Pleite kurz vor Weihnachten betroffen und verlieren ihren Job. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl hat ihnen am Montag im "Krone"-Gespräch raschestmögliche Hilfe zugesagt: Man wolle eine der Adventzeit angepasste Lösung finden. Das betreffe vor allem die Auszahlung der noch ausständigen Novembergehälter und des Weihnachtsgeldes. In diesem Punkt sei man schon seit der Vorwoche unterwegs, um die Auszahlung zu beschleunigen. Indes wird auch der Zielpunkt-Lieferant Schirnhofer Insolvenz beantragen müssen, möglicherweise schon am Dienstag, hieß es am Montagabend.

Grundsätzlich sei die Sozialpartnerschaft - Leitl zusammen mit ÖGB-Präsident Erich Foglar - bemüht, den fast 3000 Zielpunkt-Mitarbeitern eine Zukunft auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Leitl: "In diesem Bereich, in dem die Zielpunkt-Mitarbeiter beschäftigt waren, sind ja Leute gesucht."

Leitl ohne "Patentlösung"
Wer keinen Job finde, der könne sich über diverse Stiftungen für eine Weiterbildung entscheiden. Über diese Schiene hätten schon viele einen neuen Job gefunden, so der WKO-Boss. Die Frage, wie es insgesamt nach der Zielpunkt-Pleite weitergehen soll, kann Leitl allerdings nicht beantworten: "Wenn ich eine Patentlösung hätte, würde ich es sagen."

Georg Pfeiffer gibt indessen zu, dass er mit der versuchten Sanierung gescheitert ist. Er agierte dabei aber nicht besonders glücklich: So bekamen die Mitarbeiter noch Anfang November einen Brief von ihm persönlich, in dem er schrieb, "mit voller Kraft die Entwicklung von Zielpunkt fortsetzen" und die Arbeitsplätze sichern zu wollen.

Faymann für Auszahlung so zeitnah wie möglich
Stattdessen werden die Ansprüche der nun von der Pleite betroffenen knapp 3000 Beschäftigten vom Insolvenzfonds übernommen. Sie müssen aber bis zum Zusperren weiterarbeiten. Am Dienstag trifft Bundeskanzler Werner Faymann gemeinsam mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Betriebsräte von Zielpunkt. Ziel ist, die Auszahlungen aus dem Insolvenzentgeltfonds so zeitnah wie möglich zu erreichen. Die Gewerkschaft informiert zudem in den nächsten Tagen auf Versammlungen die Mitarbeiter über ihre Rechte.

Schirnhofer soll am Dienstag Insolvenz anmelden
Auch bei Zielpunkt-Zulieferer Schirnhofer jagt eine Krisensitzung die nächste. Der steirische Fleisch- und Wurstfabrikant werde als Folge der Pleite der Einzelhandelskette ebenfalls Insolvenz anmelden müssen, wurde der Austria Presse Agentur am Montagnachmittag aus gut informierten Kreisen bestätigt. Um welche Art von Insolvenz es sich handle - ob Sanierung mit oder ohne Eigenverwaltung -, werde erst Dienstagfrüh klar sein, hieß es. Dann soll der Antrag beim Handelsgericht Graz gestellt werden.

70 von 287 Beschäftigten wurden bereits beim Frühwarnsystem des Arbeitsmarktservice vorsorglich zur Kündigung angemeldet. Eine Sanierung mit Eigenverwaltung hätte für das Unternehmen den Vorteil, dass man beim AMS-Frühwarnsystem deponierte Kündigungen durchbringen könnte. Das Unternehmen beschäftigt knapp 300 Mitarbeiter. Laut Gewerkschaft Pro-GE sind die Novembergehälter und das Weihnachtsgeld bei Schirnhofer - fällig am 30. November - noch nicht ausgezahlt worden.

Probleme gibt es beim Zielpunkt-Lieferanten schon länger: Im April wurde der Schlachthof an Steirerfleisch verkauft, im September trennte man sich von der Wurstfirma Aibler und der Fertiggerichte-Sparte.

Kommentar von Manfred Schumi: Bittere Realität
Es ist traurig, aber wahr: Für Branchenkenner kam die Pleite von Zielpunkt alles andere als überraschend. Denn profitabel war die Kette so gut wie nie. Mit schöner Regelmäßigkeit wechselte das Management, wechselten die Konzepte.

Zielpunkt war nie so billig wie Hofer oder Lidl, nicht so modern wie Billa oder Spar. Man konnte sich auch den enormen Werbeaufwand der Großen nicht leisten. Denn die Spannen im Einzelhandel sind gering. Von 100 Euro Umsatz bleiben im Schnitt ein bis zwei Euro Profit übrig, wenn's gut geht.

Es gibt nur zwei Wege zum Erfolg. Entweder man gehört zu den Branchenkaisern, die zweistellige Milliardenbeträge im Jahr umsetzen. Oder man schafft mit regionaler Verwurzelung in seinem Heimmarkt eine starke Position, wie die Tiroler Supermarktkette M-Preis, die im Westen mit gleich vielen Filialen deutlich mehr umsetzt als der ganze Zielpunkt, und dazu noch profitabel ist.

2010 gab es der deutsche Tengelmann-Konzern (Obi, Kik) nach mehr als 30 Jahren als Eigentümer auf, für Zielpunkt (früher Löwa, Plus) jene Nische zu finden, in der man langfristig bestehen kann. Zunächst stieg ein Finanzinvestor ein, dann ein Sanierer. Große Erfolge blieben aus.

Schließlich versuchte die oberösterreichische Pfeiffer-Gruppe, das zu schaffen, was vor ihr niemandem gelungen ist. Hätte sie es nicht versucht, wäre Zielpunkt womöglich schon früher pleite gewesen. Das ist die bittere Realität.

Pfeiffer im Video: "Zielpunkt war ein Fass ohne Boden"

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