Zahlreiche "Zuckerl"

Flüchtlinge: So erkauft sich die EU Erdogans Hilfe

Ausland
30.11.2015 06:23
Die EU und die Türkei haben am Sonntag im Rahmen des EU-Türkei-Sondergipfels in Brüsseleinen Aktionsplan beschlossen, um den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa einzudämmen. Laut EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker werden der Türkei zur Versorgung von Flüchtlingen im Land drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Neben dieser Finanzhilfe sagte die Union der Türkei einen Neustart der Beitrittsverhandlungen sowie eine stufenweise Abschaffung der Visumpflicht für die EU zu. Die Türkei wiederum will künftig ihre Küsten besser schützen und verstärkt gegen Schlepper vorgehen.

"Das ist ein historischer Tag und ein historisches Treffen", sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu nach dem Sondergipfel. Davutoglu sprach von einem "Wendepunkt" in den Beziehungen mit der EU und betonte den "Willen der türkischen Gesellschaft" zur EU-Mitgliedschaft. "Aber ob die EU die Türkei akzeptieren möchte, muss sich durch gemeinsame Bemühungen zeigen", sagte er.

EU-Ratspräsident Donald Tusk stellte allerdings klar, dass die Erweiterungspolitik "nicht neu geschrieben" werde. Die Migration sei Hauptgrund der Verhandlungen mit der Türkei gewesen. Niemand könne der EU abnehmen, die eigenen Grenzen zu bewachen, aber "wir wollen einen großen Schritt zu neuen Spielregeln über die Eindämmung des Migrationsflusses" angehen.

Tusk kündigte bezüglich der neuerlichen Ankurbelung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weiters an, dass das Kapitel 17 zur Wirtschafts- und Währungspolitik eröffnet werden soll, außerdem soll die Öffnung weiterer Kapitel stattfinden. 2016 werde ein Schlüsseljahr für die Umsetzung des Abkommens zwischen der EU und der Türkei werden, meinte Tusk.

Juncker: "Differenzen nicht unter den Tisch fallen lassen"
Juncker betonte, die konstruktive Sitzung werde nicht dazu führen, "noch bestehende Differenzen unter den Tisch fallen zu lassen". Es werde zwei Mal im Jahr einen EU-Türkei-Gipfel geben. Und "es wird immer Dinge geben, die besprochen werden müssen, damit wir unsere Positionen annähern". Grundsätzlich ist Juncker der Ansicht, dass es ohne Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei keine Lösung der Flüchtlingskrise geben könne.

Angst vor Ende des Schengen-Raums
Viele hochrangige EU-Politiker sehen die Türkei als den wichtigsten Partner zur Bewältigung des Migrationsflusses. Das Land beherbergt nach Angaben aus Ankara allein rund 2,2 Millionen syrische Flüchtlinge. Zudem waren die Befürchtungen groß, dass im Falle eines Scheiterns beim EU-Türkei-Gipfel das Ende des Schengen-Raums eingeläutet würde. Eine wachsende Zahl an Mitgliedsstaaten hat wegen der Flüchtlingskrise bereits wieder Grenzkontrollen eingeführt. Zuletzt zeigte sich Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem besorgt und meinte, die EU-Außengrenzen müssten besser geschützt werden und die Staaten mehr Solidarität untereinander an den Tag legen. Wenn sich dies nicht ändere, müssten sich Länder wie Deutschland, Österreich, die Niederlande, Schweden und Belgien zu einer Art "Mini-Schengen" zusammenschließen. Das wäre jedoch eine suboptimale Lösung und hätte negative politische und wirtschaftliche Folgen für alle.

Faymann: "Der Weg stimmt"
Als positiv hatte Bundeskanzler Werner Faymann im Vorfeld des Treffens in Brüssel die "Gipfelerklärung" bezeichnet. Der Weg stimme, diesen müsse man nun "Schritt für Schritt verwirklichen". Die gemeinsame Grenzsicherung mit der Türkei und Griechenland sei jedenfalls "Neuland in der Europäischen Union". Allerdings sei es für neue Kontingente der Flüchtlingsverteilung noch zu früh.

Laut Faymann wird Juncker einen Vorschlag zur EU-weiten Aufteilung der beschlossenen drei Milliarden Euro schweren Unterstützung machen. Die Gelder sollen demnach ausschließlich syrischen Flüchtlingen zugute kommen, werden etappenweise investiert und Schritt für Schritt abgerufen. "Ich finde es erfreulich, dass wir alle den drei Milliarden Euro zugestimmt haben", sagte der Bundeskanzler. Niemand sollte aber glauben, dass die Partnerschaft mit der Türkei einfach werde. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, das Geld diene ausschließlich zur Flüchtlingshilfe, also zur Gesundheitsversorgung oder für Schulen.

In 14 Tagen erste "Überprüfung der Gipfelbeschlüsse"
Weiters kündigte der Bundeskanzler ein weiteres Treffen jener Länder an, die von der Flüchtlingskrise besonders betroffen sind. So soll wahrscheinlich vor dem nächsten EU-Gipfel Mitte Dezember gemeinsam mit der Türkei und mit Griechenland gemeinsam überprüft werden, wie die Gipfelbeschlüsse funktionieren. "Wir warten nicht bis Jänner oder Februar, sondern wir werden in 14 Tagen das erste Mal überprüfen", sagte Faymann.

Aus dem Video-Archiv (28.10.): So wurden die Einsatzkräfte in Spielfeld überrannt

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