Nach Paris

Terror facht Diskussion um Verschlüsselung neu an

Web
23.11.2015 14:43
Amerikanische Geheimdienste lassen nach den Anschlägen von Paris keinen Zweifel daran, was sie für eine bessere Terror-Abwehr benötigen: einen leichteren Zugriff auf verschlüsselte Daten. CIA-Direktor John Brennan verwies darauf, dass die Verbreitung von Krypto-Technologien "den Geheimdiensten den Einblick erschwert, den sie brauchen". Er hoffe, dass der Terror in Paris auch "ein Weckruf" vor allem für die Europäer sein werde, sagte der Geheimdienstchef bei einer Veranstaltung in Washington.

Allerdings wurden bisher keine Hinweise darauf bekannt, dass die Attentäter von Paris verschlüsselte Kommunikation nutzten: Die Auswertung von Daten eines Handys aus einem Mistkübel in der Nähe des angegriffenen Clubs "Bataclan" führte die Ermittler nach Angaben der Staatsanwaltschaft zum Versteck im Vorort Saint-Denis, wo der mutmaßliche Drahtzieher Abdelhamid Abaaoud dann bei dem Polizeieinsatz ums Leben kam.

Sicherheitsexperten warnen dennoch verstärkt, dass die Terrormiliz Islamischer Staat massiv auf Verschlüsselung setze. So sei bei ihr der Messenger des Start-ups Telegram aus Berlin besonders beliebt, erklärte jüngst die amerikanische Internet-Analysefirma Flashpoint. Der Dienst sperrte daraufhin zumindest einige öffentlich zugängliche Propaganda-"Channels", die Extremisten zugerechnet werden.

"Jede Hintertür für Behörden ist auch potenziell eine für Online-Kriminelle"
"Die Terroristen werden Verschlüsselung nutzen, keine Frage", sagt auch der russische IT-Sicherheitsexperte Eugene Kaspersky. "Aber jede Hintertür für die Behörden ist auch potenziell eine für Online-Kriminelle." Wenn man diesen Weg gehe, werde die Sicherheit für alle geschwächt.

Die beste Lösung, die ihm aktuell einfalle, wäre, dass die Regierungen Quantencomputer entwickeln, die heute unüberwindbare Verschlüsselungs-Algorithmen knacken könnten, sagt der Virenjäger. "Die Kosten wären dabei so hoch, dass nur Staaten sich das leisten könnten - und selbst diese die Technologie mit Bedacht und nicht wahllos gegen alles und jeden einsetzen würden."

Google und Co. unter Druck
Abzuwarten bleibt, wie sehr nun der Druck auf die Internetriesen in ihrem Heimatland USA steigt. Seit den Enthüllungen von Edward Snowden über die ausufernde Internetüberwachung setzt das Silicon Valley auf Verschlüsselung. Aktuell brüsten sich etwa Apple und Google damit, dass sie an Daten auf Smartphones mit den neusten Versionen ihrer Betriebssysteme selbst nicht herankommen und sie damit auch nicht herausrücken können. Aus Sicherheitsbehörden wurde ihnen schon vorgehalten, damit das Leben Unschuldiger aufs Spiel zu setzen.

Im Sommer überlegten ranghohe Beamte des Justizministeriums und der Bundespolizei FBI der "New York Times" zufolge sogar schon, Apple vor Gericht zu zerren. In einem "Kriminalfall um Drogen und Waffen" hätten sie mit Gerichtsbeschluss gefordert, dass Apple Nachrichten aus der SMS-Alternative iMessage in Echtzeit aushändige. Apple entgegnete demnach, das sei technisch nicht möglich. Am Ende rückte der iPhone-Konzern einige gespeicherte Mitteilungen aus dem Online-Dienst iCloud heraus, wo sie unverschlüsselt gespeichert waren.

Internetaktivisten alarmiert
Bei Internetaktivisten lassen die neuerlichen Attacken auf die Verschlüsselung die Alarmglocken schrillen. "Es ist seltsam, dass die Regierung nicht Schlüssel zu Häusern oder Autos verboten hat", ätzte Peter Sunde, Mitgründer der Datentausch-Plattform "The Pirate Bay", am Montag auf Twitter.

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