Minister-Alleingang

Merkel über Rückkehr zu Dublin im Dunkeln gelassen

Ausland
11.11.2015 16:27
Das Ende der Willkommenspolitik: Die Meldung, dass Deutschland bei syrischen Kriegsflüchtlingen wieder das Dublin-Verfahren anwendet, schlug am Dienstagabend hohe Wellen - und macht nun auch deutlich, wie zerrüttet die deutsche Regierung von Kanzlerin Angela Merkel im Umgang mit der Flüchtlingskrise mittlerweile ist. Denn wie sich am Mittwoch herausstellte, war die brisante Entscheidung ein Alleingang von Innenminister Thomas de Maiziere, der nicht einmal Merkel informierte. Trotz der internen Querelen war Berlin aber am Mittwoch bemüht, die Rückkehr zu Dublin ohne Ausnahmen für Syrer, zu verteidigen.

Wie erst am Dienstag bekannt wurde, hatte de Maiziere die Entscheidung bereits am 21. Oktober gefällt. In der Koalition hatte er das bis dahin offenbar nicht kommuniziert, nicht nur die SPD dürfte sich übergangen fühlen. Denn der Innenminister erachtete es auch nicht für notwendig, und das als Mitglied von Merkels CDU, die Kanzlerin und den zuständigen Flüchtlingskoordinator der Regierung, Peter Altmaier, über seine Entscheidung zu informieren.

"Geht nicht darum, irgendjemanden rauszuschmeißen"
Diese Entscheidung habe de Maiziere in seiner eigenen Zuständigkeit getroffen, spielte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin die Causa runter. "Das ist auch kein Faktum, über das im Einzelnen dann das Kanzleramt oder eben die Bundeskanzlerin persönlich informiert werden müsste", fügte sie hinzu. Die Entscheidung des Innenministeriums habe auch nichts damit zu tun, dass sich in der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung die "politische Richtung" oder die "Willkommenskultur in Deutschland" geändert habe. "Es geht nicht darum, irgendjemanden rauszuschmeißen", sondern europäisches Recht anzuwenden, so Wirtz.

Nach dem europäischen Dublin-Abkommen ist für das Asylverfahren eines Schutzsuchenden der EU-Staat zuständig, in dem der Flüchtling zuerst registriert wurde. Angesichts der hohen Zahl von Syrien-Flüchtlingen und der Probleme in wichtigen Transitländern hatte das Innenministerium die Umsetzung dieser Regeln im August zeitweise ausgesetzt - auch um die Asylverfahren damit zu vereinfachen.

Wie viele Flüchtlinge nun von der Rückkehr zum üblichen Verfahren betroffen sind, wollte man im Bundesinnenministerium in Berlin indes nicht beziffern. "Es wird sicherlich längst nicht alle zu uns kommenden Flüchtlinge betreffen. Und es wird auch keine verschwindend geringe Zahl von Menschen betreffen", sagte ein Sprecher von de Maiziere.

Ungarn: "Das Dublin-System ist tot"
Die ungarische Regierung erklärte indes am Mittwoch, keine Flüchtlinge aus anderen EU-Ländern zurücknehmen zu wollen - auch wenn sie zuerst in Ungarn in die Europäische Union eingereist sind. "Das Dublin-System ist tot", sagte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto laut der Nachrichtenagentur MTI. "Wenn jemand aus Syrien nach Europa reist, ist es physisch unmöglich, die Europäische Union in Ungarn zu betreten", sagte Szijjarto demnach. "Darum ist es nicht gerechtfertigt, Syrer nach Ungarn zurückzusenden."

Video: Grenzsicherung stört Koalitions-Harmonie weiterhin:

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