Großer Manipulierer

Das ist der Mann, der Putin machte

Ausland
06.11.2015 16:55
"Ich bin der Schöpfer des neuen russischen Systems, oder einer der Schöpfer. Mein Aufgabenbereich im Kreml umfasst Ideologie, Medien, politische Parteien, Religion, Modernisierung, Innovation, Außenbeziehungen und moderne Kunst." Bescheidenheit war nie die Zier des Wladislaw Surkow, offiziell "Putin-Berater", inoffiziell "Graue Eminenz", "Strippenzieher", "Puppenspieler", aber auch "Schöngeist" genannt. Surkow inszeniert Russland und manipuliert die russische Gesellschaft.

Das kann er sich leisten, denn er hat nach eigener Darstellung den "Putinismus" geschaffen, das Herrschaftssystem der neuen russischen Elite. Dazu zählt der Personenkult um Putin als große, zynische Kreml-Show.

"Er klatscht in die Hände, und schon ist eine neue Partei da" (als Kulisse von Putins "souveräner, also gelenkter, Demokratie" - ebenfalls ein Schlagwort Surkows), schreibt der Russland-Spezialist Peter Pomerantsev in seinem neuen Buch "Nichts ist wahr, und alles ist möglich - Abenteuer in Putins Russland".

Ein neuer Rasputin?
Das Husarenstück Surkows war immerhin die Gründung der Regierungspartei "Einiges Russland" als die "Partei der Stabilität" (so Surkow). Ist er der Rasputin des 21. Jahrhunderts?

Zu den "Meisterstücken" zählt auch die "Heimholung" der Krim mit den kleinen grünen Männchen ohne Hoheitsabzeichen. Diese Inszenierung lief ab wie ein schauriges Theaterstück (und ohne ein Todesopfer).

"Er klatscht noch einmal in die Hände..."
Peter Pomerantsev: "Er klatscht noch einmal in die Hände und, zack, hebt Naschi (die Putin-Jugend) aus der Taufe... Als stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung traf er sich einmal wöchentlich im Kreml mit den Leitern der Fernsehsender und wies sie an, in welchen Schablonen das Land zu denken und zu fühlen hat."

Das sieht dann so aus: "Sein Moskau kann beim Frühstück wie eine Oligarchie anmuten, beim Nachmittagstee wie eine Demokratie, beim Abendessen wie eine Monarchie und beim Zubettgehen wie ein totalitärer Staat."

Surkow war ein Kleinoligarch in der Bankenwelt, der frühzeitig auf Putin als den kommenden Mann gesetzt hatte. Über das wilde Jelzin-Jahrzehnt schrieb er unter Pseudonym sogar eine Satire ("Nahe null"), in welcher er sich mit ätzendem Zynismus selbst bespiegelt, selbst kritisiert - eine gespaltene Seele. Übrigens: Der Surkow-Roman wird von den Literaturkritikern künstlerisch ernst genommen.

Scheindemokratie ohne Moral und Anstand
Peter Pomerantsev zitiert aus diesem Buch die Philosophie der neuen Elite: "Wir haben in den letzten zwanzig Jahren einen Kommunismus erlebt, an den wir nie geglaubt haben, dann die Demokratie und deren Scheitern, Mafiastaat und Oligarchie, und wir haben erkannt, dass das alles Illusionen sind." In diesem Roman ist jeder käuflich, selbst der liberalste Journalist.

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