Ein Motorradfahrer, der auf einer kurzen Fahrt verunglückt und schwerer verletzt wird, weil er keine Schutzkleidung trug, trägt nach Rechtsmeinung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich eine Mitschuld an der Schwere seiner Blessuren. Es bestehe nämlich diesbezüglich unter gewissen Voraussetzungen ein "allgemeines Bewusstsein der beteiligten Kreise", heißt es in der OGH-Entscheidung.
Der Kläger war als Motorradlenker auf einer Freilandstraße unterwegs und wollte mit 90 bis 100 km/h eine Fahrzeugkolonne überholen. Aus der Kolonne scherte ein Pkw-Lenker aus, es kam zum Zusammenprall und zum Sturz. Den Autofahrer traf die Alleinschuld an dem Unfall. Der Motorradfahrer erlitt unter anderem tiefe Abschürfungen über dem rechten Kniegelenk und am linken Ellbogen samt Schleimbeutelverletzung.
Weil der Biker nur eine etwa fünf Kilometer lange Fahrstrecke vor sich hatte, hatte er auf das Anlegen von Schutzkleidung verzichtet und war nur mit T-Shirt, kurzer Hose, Arbeitsschuhen und dem Sturzhelm unterwegs. Hätte er das übliche Motorradequipment angehabt, wären die Abschürfungen nicht eingetreten und die Verletzungsfolgen weit geringer gewesen.
Dennoch bekam der Biker, der geklagt hatte, in den Vorinstanzen insofern Recht, als diese eine Mitschuld von ihm an seinen Verletzungen verneinten. Der OGH schloss sich dieser Rechtsmeinung nicht an, sondern gelangte nicht zuletzt aufgrund der Ergebnisse einer Online-Befragung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit zu einer anderen Ansicht. Es bestehe in Österreich ein allgemeines Bewusstsein der beteiligten Kreise, "wonach ein einsichtiger und vernünftiger Motorradfahrer wegen der erhöhten Eigengefährdung unter gewissen Voraussetzungen Schutzkleidung trägt". Besonders dann sei dies "bei lebensnaher Einschätzung" zu bejahen, wenn er bei Antritt der Fahrt unabhängig von ihrer Länge oder Dauer in Kauf nehme, auch mit hohen Geschwindigkeiten zu fahren.
Aus dem Video-Archiv: Autofahrer rammt überholenden Motorradfahrer - "mir doch egal!"
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