Erziehungsserie

Folge 5: Time-out! Warum Überbehütung schadet

Leben
21.10.2015 17:00
Sie wollen nur das Beste für ihr Kind, nehmen ihm aber jegliche Möglichkeit zur Entwicklung von Selbstständigkeit und -vertrauen: Eltern, die immer um ihren Spross kreisen und ihm jedes Hindernis aus dem Weg räumen.

Sie spielen ihren Babys Mozart vor, bringen ihre Schulkinder bis zur Klassentür und wählen für sie die passende Uni aus. Aus Angst, etwas falsch zu machen oder zu versäumen, kümmern sie sich um alles und schwirren ständig um den Nachwuchs herum. Ihnen entgeht nichts. Sie überwachen das Handy des Nachwuchses, seine Freundesauswahl und Aktivitäten. Verwenden Apps zur Ortung als lange Leine. Und gleichzeitig versuchen sie, ihrem Spross jeden Wunsch zu erfüllen, verbünden sich mit ihm und setzen sich konsequent für sein Wohlergehen ein. Das Kind wird mit einer Herausforderung konfrontiert?

Das Hindernis ist in kürzester Zeit aus dem Weg geräumt, Mama und Papa werden es schon richten. Mit den Öffis zur Schule fahren? Keine Chance für "Shuttle-Kids", wenn es nach den übervorsichtigen Eltern geht. Denn deren Ängste vor Verkehrsunfällen und Kidnappern ist zu groß. "Von der Unfallstatistik ist das aber überhaupt nicht gedeckt", betont Autor Josef Kraus (siehe Interview). "Und dass hinter jedem Busch ein Kindesentführer lauert, ist kriminalstatistisch auch nicht zu halten. Experten im Bereich des Kindesmissbrauchs sind sich einig: 90% passieren im engeren Umfeld."

Schwierigkeiten beim Loslassen durch ständiges Sorgen
Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut:  Bei allem Wohlwollen nehmen sie ihm aber damit jegliche Entfaltung und Entwicklung zu einem selbstständigen Menschen. Fördern damit, dass es zu einem unengagierten und maßlos anspruchsvollen Menschen heranwächst. Und gleichzeitig stellen Helikopter-Eltern hohe Anforderungen an ihren Nachwuchs: Bildungs- und Leistungsdruck bestimmen den Alltag des Kindes. Ein enger Stundenplan aus Schule, zusätzlichen Bildungsangeboten, Sportkursen ist für sie alltäglich. Dieser Förderwahn lässt den Kindern keinen Spielraum, ihre Umwelt spielerisch und in ihrer eigenen Geschwindigkeit zu erkunden. Gleichzeitig werden ihm eigene Entscheidungen verwehrt: Selbständiges Denken und Handeln bleiben auf der Strecke.

Helikopter-Eltern treiben Lehrer in den Wahnsinn
Kein Wunder, wenn diese Kinder oft maßlos in ihren Ansprüchen werden. Haben sie doch erfahren, dass ihnen alles nur so zufliegt - auch ohne Leistung. Pädagogen fallen sie in Bildungsstätten durch mangelnde Leistungsbereitschaft, fehlende Problemlösefähigkeit und Kompromissunwilligkeit auf. Und immer mehr jugendlicher Nachwuchs von Helikopter-Eltern befindet sich dem Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff zufolge in Behandlungen wie Ergotherapie, Logopädie und Psychotherapie.

"Krone"-Eltern-Kids-Coach Nina Petz steht Ihnen mit Rat zur Seite - per Videoklick auf krone.at/erziehung sowie gemeinsam mit ihrem Team per E-Mail und Post. Ihre Anfragen werden vertraulich behandelt.

Ich bin ein "Heli-Papa". Meine Überfürsorge erdrückt meinen Sohn (10). Mir fehlt aber der Mut und das Vertrauen. Vielen Dank für Ihre ehrliche Anfrage. Es gehört viel Mut dazu, sich eigene Unsicherheit einzugestehen. Die meisten Helikopter-Eltern sind sich ihres Problems gar nicht bewusst. Mit Ihrer Reflexion haben Sie bereits den ersten Schritt in Richtung Veränderung getan. Erstellen Sie eine Liste mit all den Dingen, die Sie momentan für Ihr Kind erledigen, mit denen Sie es überbehüten oder mit zu viel Planung des Alltags unter Druck setzen. Nun überlegen Sie, wo Sie am ehesten starten können, Ihrem Nachwuchs mehr Freiraum zuzutrauen. Sie müssen nicht von heute auf morgen alles anders machen, beginnen Sie mit kleinen Dingen. Reflektieren Sie, woher Ihr Kontrollbedürfnis kommt. Bitte scheuen Sie nicht davor zurück, sich professionelle Unterstützung zu holen, wenn Sie auf "alte seelische Wunden" stoßen. Zwanghafte Unsicherheit kann ihre Ursachen in der eigenen Kindheit haben. Denken Sie an Selbstfürsorge und gönnen Sie sich Freizeit! So lernen Sie, sich selbst zu entspannen.

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(Bild: kmm)



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