Erziehungsserie

Folge 4: Wie viel Vater braucht ein Kind?

Leben
20.10.2015 17:00
In der Erziehung sind Väter für die ganzheitliche Entwicklung des Kindes genau so wichtig wie Mütter. Ihre Rolle ist aber eine andere als die der Mutter.

Noch vor wenigen Jahrzehnten billigte die Forschung Vätern nur eine eher randständige Rolle im Geflecht einer Familie zu. Viel zulange hat es gedauert, bis dem Mann in der Gesellschaft die "Rolle seines Lebens" zuerkannt wurde. Denn die Natur selbst hat für Väter keineswegs nur die Erzeuger- und Versorgerrolle bestimmt. Werden Männer zu Vätern, steigt der Spiegel des Hormons Oxytocin in den folgenden Monaten in ihrem Blut deutlich an, so das Ergebnis einer israelischen Studie. Dieses Hormon bewirkt, dass Männer einfühlsamer werden, sich dem Kind - besonders oft durch Spielen - zuwenden, und dass Gefühle, die sie selbst als Kind hatten, wieder aktiviert werden. Hilft der Vater schon bei der Babypflege mit, bekommt er früh eine enge Bindung zum Kind und umgekehrt.

Väter sind in der Regel sorgloser
Er ist weitmehr als nurmännliches Rollenmodell, Beschützer, Versorger, Trostspender und Spielgefährte - Väter verfügen genauso über Fähigkeiten, die man lange Zeit nur Müttern zusprach: sich dem Nachwuchs einfühlsam zuzuwenden, zuverlässiger Ansprechpartner zu sein und die Sprachentwicklung zu fördern. Er ist entscheidend für das soziale und kognitive Gedeihen des Sprosses sowie für dessen Gefühlsleben und ist für eine positive Kindesentwicklung mindestens ebenso wichtig wie die Mutter.

Im Positiven, aber auch im Negativen, wenn er distanziert und autoritär ist. Sind Mütter oft eher vorsichtig und besorgt, trauen Väter ihrem Kind auch etwas zu: Sie werfen schon mal das begeistert juchzende Baby spielerisch in die Luft. Und auch in der weiteren Kindheit ist Papa oft der große Mutmacher, er stößt die Tore zur Welt auf und ermutigt den Spross in seiner Eigenständigkeit. Für die Entwicklung eines Buben zum Mann ist es dem US-Forscher Michael Lamb zufolge nicht sonderlich wichtig, dass der Vater ausgesprochen maskulin oder ein entsprechendes Verhalten vorlebt. Das Entscheidende ist eine gute Beziehung zueinander, eine gute elterliche Qualität.

Ohne Vater bleibt sich der Sohn fremd
Buben haben laut Geschlechterforschung mehr Interesse als Mädchen am Wettbewerb, am Kräftemessen. Daran, wer größer, schneller, besser ist. Während Mütter hier oft bremsen, verstehen Väter genau, was ihre Söhne brauchen. Sie können sich daher über Erfolge ihres Nachwuchses ausgiebig mitfreuen und bei Misserfolgen trösten. In Familien ohne Vater haben die Kinder kein Modell für die Geschlechterrolle. Der Mann fürs Leben: Die Art und Weise, wie ein Vater mit seiner Tochter umgeht, beeinflusst sie auf dem gesamten Lebensweg. Fehlt der Vater in der Familie, fühlen sich Mädchen nicht selten unsicher im Umgang mit dem anderen Geschlecht, was wiederum Einfluss auf die spätere Partnerwahl und die Dauer von Beziehungen hat.

Kinder engagierter Väter sind selbstbewusster
Wissenschafter konnten beobachten: Erfolgreiche Frauen haben meist Väter, die viel mit ihnen unternahmen. Diese Männer hatten es für wichtig befunden, dass ihre Tochter auch einmal etwas wagt, riskiert oder sich einer ungewohnten Herausforderung stellt. Andere Studien zeigen: Töchter und Söhne engagierter Väter sind einfühlsamer, selbstbewusster und intelligenter als jene, deren Väter sich kaum oder gar nicht um sie gekümmert hatten. Dass sie im Zusammensein mit ihren Kindern motorische Aktivitäten bevorzugen, ist vielfach belegt. Wobei sie mit der Tochter insgesamt sanfter und vorsichtiger umgeht. Was den zeitlichen Umfang betrifft, so gilt die Regel: Je jünger das Kind ist, desto häufiger sollte der Kontakt stattfinden. Denn kleine Kinder erfahren die tatsächliche Zuwendung des Elternteils als Liebe. Das heißt: Wer sich um mich kümmert, liebt mich - wer nicht, liebt mich nicht.

"Wer sich nicht um mich kümmert, liebt mich nicht"
Abwesenheit bedeutet Liebesentzug. Sind die zeitlichen Abstände zu groß, wird das Kind immer wieder der Erfahrung ausgesetzt, der andere hat mich endgültig verlassen. Das behindert den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Auch der Mangel an Männern in Kindergarten und Volksschule ist für die Identifikationsbedürfnisse und die männliche Rollenfindung besonders von vaterlos aufwachsenden Buben ein Nachteil. Männliche Verwandte oder neue Partner können für die Geschlechtsrollen Vorbilder sein, sie können aber den leiblichen Elternteil nie ganz ersetzen. Das liegt an der Einzigartigkeit dieser Beziehung. Jedes Kind hat nur einen Vater. Selbst wenn die Beziehung nicht gelebt wird, bleibt sie bestehen. Es ist eine schwere Kränkung für die kindliche Seele, wenn sich der Vater nicht kümmert, weil das dem Kind vermittelt, bedeutungslos oder nicht wichtig genug zu sein für den Vater. Aus der Stiefelternforschung wissen wir, dass solche Familienkonstellationen am besten funktionieren, wenn das Kind nicht auf die Beziehung zum leiblichen Elternteil verzichten muss.

"Krone"-Eltern-Kids-Coach Nina Petz steht Ihnen mit Rat zur Seite - per Videoklick auf krone.at/erziehung sowie gemeinsam mit ihrem Team per E-Mail und Post. Ihre Anfragen werden vertraulich behandelt.

Ich habe aus beruflichen Gründen wenig Zeit. Wie kann ich trotzdem ein guter Vater sein? Genauso wichtig wie gemeinsame Aktivitäten sind echtes Interesse und Einfühlungsvermögen. Gerade wenn die Zeit miteinander rar ist, ist es wichtig, stets einfühlsam auf sein Kind zu reagieren. Das heißt, z.B.: Erkundigen Sie sich, was es so erlebt hat! Das stärkt Ihre Bindung, noch dazu, wenn Sie über den "Erlebnisbericht" hinaus auch nach den Gefühlen fragen, die das Erlebte beim Nachwuchs ausgelöst hat. Mit Sätzen, wie "Wow, klingt, als hättest du da großen Spaß gehabt" oder "Oje, da warst du wahrscheinlich richtig traurig", docken Sie direkt an der Gefühlsebene an, Ihre Beziehung zeigt Tiefe. Auch bedingt die Tatsache, dass Sie wenig Zeit miteinander verbringen, nicht, dass Sie in jeder freien, gemeinsamen Minute etwas Außergewöhnliches erleben müssen. Bindung und Beziehung braucht nicht unbedingt einen wilden Ausflugstag im Prater, viel näher kommen sich Vater und Kind oft beim "Alltäglichen". Meine Empfehlungen: gemeinsam ein Buch lesen, sich kreativ, z.B. mit Bausteinen ausleben oder ein Picknick im Freien!

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(Bild: kmm)



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