"Krone"-Interview

Kira Grünberg: “Mein Freund Christoph hält zu mir”

Sport
16.10.2015 17:02

Die "Krone" hat Kira Grünberg in ihrer Reha in Bad Häring besucht und erlebt, wie die querschnittgelähmte Tirolerin in der Kraftkammer schon wieder intensiv trainiert und dadurch in den letzten zwei Wochen enorme Fortschritte gemacht hat. In einem bewegenden Interview erzählt die hübsche Kira, wie ihre Familie und ihr Freund sie unterstützen, wie sie den Alltag meistert und welche Zukunftspläne sie hat. Sie rät Mädchen nicht vom Stabhochsprung ab: "Stabhoch ist so elegant - und auch nicht gefährlich!" Unfälle wie bei ihr könnten überall und immer passieren. Im Video oben sehen Sie Kira in der Reha.

"Krone": Wie war dein Reha-Tag? Hast du überhaupt die Kraft für ein Interview?
Kira Grünberg: Ja, die Reha war anstrengend, aber das ist sie immer. Bisschen Mittagsschlaf, dann kurz erholen.

"Krone": Was trainierst du derzeit besonders?
Grünberg: Viel für den Kreislauf! Wenn ich zum Beispiel morgens versuchen würde, direkt aufzustehen, würde mir schwarz vor Augen, könnte ich in Ohnmacht fallen. Dann viel Physio, damit die Gelenke nicht steif werden, und Oberkörper-Krafttraining.

"Krone": Was waren für dich die größten Fortschritte?
Grünberg: Dass ich jetzt meinen Rollstuhl selbst schon ein klein wenig bewegen kann - das war für mich ein starker Auftrieb. Und einmal konnte ich auf dem Physiobett auch die Beine selbst ausstrecken, für wenige Sekunden, das war cool. Da hatte ich was selbst gemacht.

"Krone": Hast du Schmerzen?
Grünberg: Ich hab nie starke Schmerzen gehabt wie andere Patienten hier, ich muss nur wenig Schmerzmittel nehmen. Anfangs hatte ich in den Armen ein gewisses Kribbeln, als ob Ameisen krabbeln. Das ist jetzt fast weg.

"Krone": Wie ist dein Alltag?
Grünberg: Das Passive beim Anziehen oder Essen ist nicht so unangenehm, ich bin ja froh, dass mir jemand hilft, meine Eltern, mein Freund, meine Schwester oder Sportler.

"Krone": Was sind deine größten Ziele in der Reha?
Grünberg: Ich will später selbst essen können. Ich kann ja die Finger nicht bewegen, aber es gibt Essbehelfe, Schlaufen an der Hand, die werden dann fix drangeschnallt. Eines Tages mit Messer und Gabel zu schneiden, das wird schwer, ich kann ja keinen Druck ausüben. Und ich will halt Zähneputzen lernen, da gibt es auch so Schlaufen für die Zahnbürste, dass man selbst Zähne putzen kann - selber putzt man doch immer anders. Und allein Rollstuhl fahren, damit ich mobil bin!

"Krone": Wie lange musst du in der Reha bleiben?
Grünberg: Zwischen sechs und zehn Monaten. Das hängt davon ab, wie ich mich entwickle. Wenn man sieht, dass alles geht, was möglich ist, dann geht es nach Hause.

"Krone": Machst du mit Vanessa Sahinovic, die nach dem Unfall in Baku auch querschnittgelähmt und jetzt ebenfalls in dieser Reha-Klinik ist, gemeinsame Übungen?
Grünberg: Von den Lähmungen ist es bei uns ganz unterschiedlich. Ich kann die Hände nicht bewegen, sie aber ganz normal. Wir haben immer Einzeltherapien, nichts gemeinsam. Am Wochenende treffen wir einander - dass man ein bisschen quatscht. Sie ist ein total liebes Mädchen. Wir geben uns gegenseitig Kraft.

"Krone": Wer sind neben deinen Eltern deine großen Stützen?
Grünberg: Tom (Manager Herzog), der am Anfang die meiste Arbeit hatte, meine Schwester, Sportkollegen und natürlich mein Freund, cool, dass der Freund zu mir hält, man ist ja trotzdem ein ganz normaler Mensch. Christoph war die ganze Zeit dabei, Anfang Oktober ist er wieder nach Graz gefahren, wo er Maschinenbau studiert. Zu Allerheiligen kommt er wieder heim, er ist von meinem Nachbarort.

"Krone": Welche Hilfsaktion hat dich besonders gerührt?
Grünberg: Laufen für Kira, das war schon extrem, das Stabhochspringen mit Weltrekordler Renaud Lavillenie in Salzburg oder das Riesenplakat "Admira für Kira", nur zwei Tage nach meinem Unfall.

"Krone": Gibt es von den Tausenden aufmunternden Nachrichten, die du bekommen hast, eine, die du erwähnen möchtest?
Grünberg: Ich habe zum Beispiel von einem jungen Mädchen einen lieben Brief bekommen, die hat erzählt, dass ich ihr Kraft gebe bei ihrer Krankheit. Es ist schön, dass ich anderen Leuten Kraft gebe, es hat ihr geholfen, dass ich kämpfe und mich nicht hängen lasse. Alle, die im Rollstuhl sitzen, machen eine schwere Phase durch. Viele sagen, ihr Leben fängt erst im Rollstuhl an. Ich krieg immer noch viel Post, manchmal am Tag zehn Briefe, dann krieg ich mal Rosen geschenkt, von Unbekannten, das ist ganz witzig.

"Krone": Geht dir der Sturz, der zehn Wochen her ist, noch ständig durch den Kopf?
Grünberg: Nicht mehr. Wenn man drüber redet, dann kommt es wieder, es ist aber nie so, dass ich deshalb nicht schlafen kann, das ist ja kein Albtraum, es gibt schlimmere Albträume. Mein Kopf ist ja in Ordnung, ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen, nur genau auf die Wirbelsäule. Es kann sich eben keiner vorstellen, wie der Sturz passiert ist, es war kein Riesenfehler, es waren Kleinigkeiten, die zusammengespielt haben, ein bisschen Pech, ein bisschen Schicksal, alles Mögliche, der Sprung war mit acht Schritten Anlauf ein Sprung, den ich schon tausend Mal gemacht habe, vielleicht noch öfter.

"Krone": Willst du wieder einmal zur Leichtathletik kommen?
Grünberg: Unbedingt! Ich will zum Training von den Jungs, mit denen ich trainiert habe, zuschauen bei Titelkämpfen.

"Krone": Rätst du Mädchen jetzt vom Stabhochsprung ab?
Grünberg: Nein! Stabhochsprung ist so elegant, er bleibt die schönste Disziplin, und: Stabhoch ist nicht gefährlich! Es passiert halt immer überall was. Skifahrern passieren schlimme Unfälle. Es kann genauso beim 100-m-Lauf sein, wenn der stolpert und auf den Kopf fällt, kann der genauso wie ich eine schlimme Verletzung haben, es kann genauso beim Spazieren was passieren. Wenn man stolpert, wenn's deppert zugeht, dann passiert halt so was.

"Krone": Was ist langfristig dein Ziel? Zukunftsträume?
Grünberg: Am Anfang habe ich gedacht, es geht nicht, dass ich mein Studium der Pharmazie weiter mache, weil doch viel Praxis dabei ist, im Labor Sachen zusammenmixen und so, aber die Uni hat schon mit meinen Eltern geredet, dann krieg ich halt einen Assistenten, den ich dann anleiten muss, mein Studium ist von ihnen aus möglich. Ich möchte es gerne abschließen. Ich war jetzt im vierten Semester, das Studium geht über zehn Semester. Jetzt kann ich mich beim Lesen nicht lang konzentrieren, ich lese nicht viel, mal einen Brief oder so, aber wenn das wieder kommt, dann ist es mit dem Studium keine Frage. Und sportlich? Hobbymäßig mache ich auf jeden Fall etwas. Ob wettkampfmäßig, das weiß ich jetzt wirklich noch nicht.

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(Bild: KMM)



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