25-Jahre-Jubiläum

Naked Lunch: Klagenfurter bei Bruce Springsteen

Musik
15.10.2015 12:48
Nur wenige Bands in Österreich sind innerhalb weniger Jahre so hoch gestiegen und dann doch wieder tief gefallen - die Kärntner von Naked Lunch galten vor gut zwei Dekaden als internationale Indie-Heilsbringer, landeten aber schnell und brutal am Boden der Realität. Der Beharrlichkeit der Bandmitglieder ist es zu verdanken, dass die Truppe heuer den 25. Geburtstag feiert und dazu auch eine brandneue "Singles Collection" und den Soundtrack zum Erfolgsfilm "Jack" veröffentlicht. Wie schwierig der Weg bis hierhin war und in welchen Sphären die Band einst schwebte, das rekapitulierten wir im gemütlichen Talk mit Oliver Welter und Herwig Zamernik.
(Bild: kmm)

"Krone": Oliver, Herwig - 25 Jahre Naked Lunch. Dieses Jubiläum begeht ihr mit der neuen Best-Of-Zusammenstellung "Singles Collection", dem Soundtrack für den Unterweger-Film "Jack" und einigen speziellen Live-Dates. Viel zu tun, also. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass euch Jubiläen solcher Art etwas bedeuten?
Herwig Zamernik: Mir wird eigentlich erst jetzt während den Interviews immer mehr bewusst, was das bedeutet. Sich damit auseinanderzusetzen, dass es wirklich ein großes Jubiläum ist. Grundsätzlich bin ich aber kein Jubiläumsfeierer.
Oliver Welter: Hätte uns unsere Plattenfirma dankenswerterweise nicht darauf aufmerksam gemacht, wären wir das Jubiläum sicher übergangen. Wir sind in solchen Dingen wirklich schlecht, ich feiere auch meinen Geburtstag nicht und Ostern ungern. Wir feiern gerne. Immer und jeden Tag, aber nicht zu bestimmten Anlässen. Es ist seltsam, wie sich jetzt längst vergraben geglaubte Erinnerungen wieder zurückmelden.

"Krone": So eine Marke mach doch sicher stolz?
Zamernik: Nein. Kein Stolz. Als erstes ist es erschreckend, dass man sagen kann, man ist seit 25 Jahren zusammen. Wobei - ich bin ja erst vor 23 Jahren eingestiegen.
Welter: Was redest du dann überhaupt mit?
Zamernik: Ich rede halt gerne. Aber 23 ist ja auch erschreckend - so eine Zeitspanne ist total absurd. Das ist ja fast schon so wie bei Status Quo, AC/DC und Iron Maiden.
Welter: Wir werden das jetzt so handhaben, dass nur ich alleine die 25 Jahre feiere, weil du das erst in zwei Jahren machen darfst. (lacht) Dann kannst du das alleine machen. Der Herwig hat schon richtig angesetzt, wenn man ganz jung ist und eine Band gründet, hat man normalerweise keine riesengroßen Ziele. Es geht nur darum, dass es geil ist, Instrumente einzustöpseln, aufzudrehen und ein paar Mal in der Woche laut zu sein. Das erfüllt einen total. Ich denke 100 Prozent aller Musiker müssten mir rechtgeben wenn ich sage, niemand rechnet mit so einem Erfolg oder denkt daran. Das ist dann auch der Grund, warum wir im Positiven, wie auch im Negativen erschrocken sind.

"Krone": Eine Rückschau bringt ja eine breite Palette an Emotionen hervor. Was kommt bei euch hoch, wenn ihr an die Anfänge zurückdenkt? Wehmut? Freude? Ekstase?
Zamernik: Naked Lunch waren noch nie eine einfache Band. Wir sind untereinander noch streitbarer, als man das vielleicht glauben mag. Durch das Jubiläum kommen jetzt Sachen auf, die man in irgendeiner Form auch schon verdrängt hat. Stolz ist jedenfalls keine Emotion, das ist ein schlecht behaftetes Scheißwort. Wir genießen am Älterwerden auch, dass wir einen anderen Umgangston entwickelt haben und untereinander besser werden. Wo wir vor Jahrzehnten noch durchdrehten, bestellen wir uns jetzt noch eine Runde Bier. Natürlich streiten wir herum, aber auf einer anderen Ebene.

"Krone": Würde es Naked Lunch überhaupt noch geben, wenn ihr euch nicht schon seit Ewigkeiten auch mit Soloprojekten auseinandersetzen würdet?
Welter: Die Soloprojekte sind meiner Meinung nach immens wichtig. Ich bin mir sicher, dass es die Band ohne diese Geschichten nicht geben würde.
Zamernik: Echt jetzt? Ich sehe das komplett anders.
Welter: Die persönlichen Freiheiten braucht man. Egal, ob du jetzt deine Solosachen machst oder ich mit Stermann und Grissemann arbeite - das ist immens wichtig für uns. Wir beide sind ja seit 23 Jahren ein Paar, so lange haben viele nicht einmal eine Beziehung. Diese Freiräume haben wir uns zugestanden und errauft.

"Krone": Herwig, du bist eben vor 23 Jahren nach dem Release des Debütalbums "Balsam" eingestiegen. Damals noch in Doppelfunktion mit der heimischen Death-Metal-Institution Disharmonic Orchestra. Musikalische Intoleranz fremden Genres gegenüber war damals noch stärker vorhanden als heute, hattest du keine Probleme mit der Metal-Szenepolizei?
Zamernik: Disharmonic Orchestra waren ja selbst nie eine verbohrte Band. Sie waren Teil einer Szene, aber niemals mit Black- oder Death-Metallern konform. Das war jedenfalls in beiden Richtungen kein Thema.

"Krone": Den Martin Schirenc von Pungent Stench, der wohl bekanntesten heimischen Death-Metal-Band, hätte man sich aber nicht bei Naked Lunch vorstellen können.
Welter: Naked Lunch hätten sich aber auch nie vorstellen können, den Schirenc in die Band zu holen. Das wäre sich nicht ausgegangen. Disharmonic Orchestra waren fantastisch und genauso wie wir waren sie aus Kärnten. Es gab damals nicht viele Bands wie uns beide, die ein bisschen größer und weiter gedacht haben. Der Herwig war auch immer eine Bühnensau und außerdem offen für unsere Musik, so wie ich offen für seine Musik war. Ich war sogar ein Riesenfan von Disharmonic Orchestra.
Zamernik: Du hast unsere damalige Nummer "Idiosyncrasy" produziert - in deinem Studio. Du weißt aber schon wie das geklungen hat? Unpackbar - so ein dünnes Schlagzeug habe ich mein Leben lang nicht mehr gehört. (lacht) Aber es war echt gut.
Welter: Ich hab alles gegeben. Ihr seid alle mit so Top-Produktionen gekommen und habt mir Morbid Angel vorgespielt.
Zamernik: Ich stand einfach auf extreme Musikarten. Das hätte genauso gut Techno und Free Jazz sein können, Hauptsache abseits der Norm. Dass es dann Death Metal war, war im Prinzip Zufall.
Welter: Es gab jedenfalls immer einen gegenseitigen Respekt und das war super. Daran hat sich nie etwas geändert und es hat uns immer Spaß gemacht, uns mit verschiedenen Genres auseinanderzusetzen. Herwig und ich sind einfach riesengroße Musik-Fans - Grenzen gab es da nie.

"Krone": Als Band mit großer Vision hattet ihr auch immer wieder Rückschläge zu verkraften. Gab es den Moment, wo ihr wusstet, es geht von da an nicht mehr weiter?
Zamernik: Ja, Ende der 90er-Jahre war der große Schnitt, wo wir wussten, wir machen mit der "Songs For The Exhausted" noch das letzte Album und der Prozess hat dann auch gute fünf Jahre gedauert. Währenddessen war eigentlich der Scheide- oder Schlusspunkt für die Band da, aber es entwickelte sich ungeplant zu einem Neustart.

"Krone": Welche eklatanten Fehler habt ihr damals selber gemacht?
Zamernik: Alle, die man machen kann. Es hat uns offensichtlich nichts das Genick gebrochen. Wir kamen einfach zu spät drauf. Das war so, wie wenn ein Vater zu seinem Buben geht und sagt: "Du wirst es erst verstehen, wenn du älter bist". Auch wenn das der beschissenste Spruch der Welt ist, aber er ist richtig. Mit der Zeit habe ich verstanden, dass uns größter Fehler war, nicht bei uns zu sein. Nicht bei sich sein ist der größte Fehler, den man machen kann. Sich verleiten zu lassen von Schall und Rauch, von Geschäftsblabla.
Welter: 1991 habe ich die erste EP "Naked" gemacht. Ganz alleine, 8-Spur-Rekorder, viel Elan und ein totaler Independent-Gedanke. Die ersten fünf, sechs Jahre gingen stetig bergauf, ohne dass wir dafür groß was dazugeben mussten. Man will als erstes eine internationale Plattenfirma haben - war da. Als nächstes waren wir plötzlich mit allen Seattle-Größen auf Tour. Dann wollten wir nach England und plötzlich gingen da alle Touren auf und wir bekamen Offerte von überall. Zwei Monate später saßen wir im besten Hotel am New Yorker Times Square, danach Video drehen in Sao Paulo. Das war alles so einfach und wir haben aufgehört zu reflektieren. Und da verloren wir dieses bei uns sein. Wären wir damals vier, fünf Jahre älter gewesen oder hätten ein paar Flops gehabt, wäre uns der Absturz danach wohl nicht mehr so passiert. Es ging aber immer steil bergauf.

"Krone": Dann kamdas alles so?
Zamernik: Im Grunde schon, ja.
Welter: Als uns damals alles ein bisschen englitten ist, fanden wir das auch cool, dass man sich so aufführt. Ich kann mich noch daran erinnern, an das Hotel am Times Square in New York, kurz davor hatten damals Oasis eingecheckt, die ihre erste Single veröffentlichten. Die Rezeptionistin fragte uns, ob wir auch eine Rock-Band wären und wir uns wohl nicht so aufführen würden, weil die damals anscheinend alles zerlegten. Damals dachten wir uns: "Hey super, wir können alles machen." Man verliert die Bodenhaftung. Wir waren im Proberaum von Bruce Springsteen und Prince in New York. Vorher hatten wir zusammen mit Disharmonic Orchestra einen verschimmelten 5-m²-Proberaum ohne Licht in Kärnten. Plötzlich hatten wir 250m² mit Bühne und Spiegeln rundherum. Da kommst du plötzlich als Klagenfurter hin - damit konnten wir einfach nicht mehr umgehen. (lacht) Wir haben dadurch auch die Musik vernachlässigt, es ging nur mehr um andere Sachen. Mittendrin war das geil, aber in der Reflektion erkennst du die Fehler.
Zamernik: Die holten uns mit der Stretchlimousine und verdunkelten Scheiben ab - das kennt man normalerweise nur aus Filmen.

"Krone": Wie tief war der Sturz dann für euch persönlich?
Zamernik: Offensichtlich tief genug. Wir mussten uns dann eben neu erfinden und haben Jahre später gewusst, dass wir jahrelang einfach irgendwo waren. Die Musik hatte keine Schuld.

"Krone": Das Lösen vom alten Sound war aber doch sicher notwendig, um den Exitus der Band zu verhindern?
Zamernik: Es ging nicht nur um den Sound, das ist immer nur die Fassade, die alle sehen. Aber dahinter muss viel mehr umgebaut werden, damit es überhaupt weitergeht.
Welter: Die zehn Jahre davor willst und sollst du auch nicht negieren. Deswegen sind die alten Songs jetzt auch auf unserer Compilation, weil sie ein Teil von uns sind. Am Ende war es einfach ein Reset, wir haben auf null gestellt.
Zamernik: "Songs For The Exhausted" war auch musikalisch ein unglaublicher Krampf - da begann dann der Kampf zwischen uns. Das hat sich dann auch auf eine andere Ebene verlagert. Nach dem Album war nichts eitel Wonne, ganz im Gegenteil. Der Kampf begab sich damals auf was Künstlerisches hin, davor war es Menschlich-Zerstörerisch. Wir haben den Prozess aus irgendeinem Grund machen müssen. Warum auch immer.

"Krone": Wenn man sich die "Singles Collection" anhört, hört man im Prinzip drei verschiedene Bands, weil ihr euch oft verändert habt. Überrascht euch das manchmal selbst, welche Wege ihr eingeschlagen habt?
Welter: Überraschen tut uns nichts, aber wir sind keine Menschen, die sich musikalisch nur im eigenen Kosmos bewegen. Wir hören uns unsere Songs privat nicht an. Ich habe erstmals seit unzähligen Jahren wieder Sachen aus den 90ern gehört, die spielen wir ja auch nicht live. Das ist wirklich eine andere Welt, aber bei vielen anderen Künstlern, die ich schätze, war das ähnlich. Von außen interpretiert man immer Kalkül hinein, aber dem ist nicht so. Wir wollen uns bei Gott nicht mit dieser Band messen, aber hör dir "Creep" von Radiohead an und alles, was nach "Kid A" kam. Das waren ganz anderen Ebenen. Reflexive Menschen bedürfen eines Umbruchs, man trägt trotzdem die alten Zeiten mit. Hätten wir einen AC/DC- oder Status Quo-Weg eingeschlagen, würde es uns sicher nicht mehr geben. Das kann ich garantieren.
Zamernik: Hätten sich Naked Lunch nicht neu er- und gefunden, wäre die Band längst tot.
Welter: Die Änderungen ergaben sich hauptsächlich durch Einflüsse von außen. Die Gitarrenmusik war zwischen 1995 und 2000 eigentlich tot, Grunge war damals schon ein langweiliger Scheißdreck und die ganzen Soundgardens, TADs und Nirvanas sind von den Nickelbacks dieser Welt abgelöst worden. Plötzlich gab es diese 1- bis 20-Hit-Wonder Konsolenbands. Da fragten wir uns selbst, ob das Weitermachen noch einen Sinn hätte. Plötzlich gab es Minimal House und Groove-Sounds - war unser Trio da noch zeitgemäß? Da gab es auf einem ähnlichen energetischen Level andere, die uns zeigten, wo der Bartl den Most herholt. Energie prägte mich immer. In London sind wir mal in einem Taxi gefahren, etwa 1993. Da fuhr so ein Rastafari, der sich einen Joint anzündete, das Radio anmachte und mich dann völlig aus den Socken warf. Was war das? Drum'n'Bass, hieß damals noch Jungle. Das war das Geilste, das ich je erlebt habe. Das ist wie für einen Metalfan, wenn der mit 16 erstmals die "Kill 'Em All" von Metallica hört. Da zweifelte ich erstmals an unserer Musik, weil mich das einfach zu stark mitnahm.

"Krone": Wenn ihr so auf Extreme steht - ist es für euch wichtig, nicht auf zu eingängige Popsongs zu schielen?
Welter: Nein, wir sind totale Verfechter von großen, perfekten, klassischen Pop-Songs. Das ist für mich die Champions League der Musik, nach dem alle heischen. Ein Song wie "Military Of The Heart" wäre vielleicht noch poppiger gegangen, aber ich bin mit ihm zufrieden, so wie er ist.

"Krone": Eure letzte Single "The Sun" war wohl eure poppigste, eingängigste Nummer.
Welter: Der ist auch nicht diametral produziert. Wir haben schon immer gerne sowohl den vermeintlich großen Pop-Entwurf folgend, als auch Sachen zerstörerisch zu behandeln gewusst.

"Krone": So wie der zerstörte Fernseher bei eurem legendären Auftritt bei "Willkommen Österreich".
Welter: Das war ich nicht, das war der da. (fuchtelt und deutet auf Zamernik) Mit Vandalismus habe ich nichts zu tun.
Zamernik: Das war Zufall. Ich habe damit auch nichts zu tun.

"Krone": Aber warum habt ihr euch Ende der 90er nicht einfach aufgelöst? Kurz darauf verstarb auch euer alter Bassist Georg Timber-Trattnig. Es hat doch sehr iel für ein Ende gesprochen.
Zamernik: Wenn eine Katze am Land angefahren wird kommt der Jäger und schaut sich das Tier an. Wenn da noch Leben in den Augen ist, lässt man es sein und dann erholt sie sich. In unserer Band war auch noch Leben, fertig. Es war noch nicht die Zeit zum Abschuss, nur weil wir angefahren wurden.

"Krone": Diskurs ist seit je her ein essenzieller Bestandteil von Naked Lunch, wir haben es vorher schon angeschnitten. Wie weit dürfen Konfrontationen und Diskussionen gehen, bevor es zu viel wird?
Zamernik: Heute kanalisieren wir Konflikte anders, es hat sich viel verändert. Früher ging es oft für alle Beteiligten zu weit. Heute hat man mal einen Konflikt, aber man weiß auch, wann genug ist. Bei uns ging das in gewissen Phasen immer weiter und tiefer. Das war ein Prozess, den wir durchleben mussten und bei uns war und ist das nicht einfach. Bei uns gab es auch Vorkommnisse, da würde man bei Familien von heraufbeschworenen Untiefen reden, aber wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir das einfach ausgetragen haben. Das heißt nicht, dass wir die Konflikte nicht weiter austragen, nur anders. Zurzeit geht das ganz gut. Es ist noch genauso intensiv, hört aber auch schneller wieder auf.

"Krone": Für Konflikte sorgte auch die Ablehnung der Amadeus-Nominierung 2013. Da ging es euch aber eher darum, dass man euch musikalisch missverstanden hat.
Welter: Es geht grundsätzlich um die Lächerlichkeit dieser Veranstaltung. Man hat uns nachgesagt, wir wären in Eitelkeit gekränkt gewesen, das ist einfach ein Blödsinn. Naked Lunch in die Sparte "Hard n' Heavy" reinzustopfen ist beleidigend für uns und auch für die Hard-n'-Heavy-Branche. Diese Konzeptlosigkeit dieser Menschen, die dafür verantwortlich sind, war einfach unfassbar. Wir haben einmal den FM4-Alternative-Amadeus gewonnen, 2007 war das, aber das hat uns in der. Wir sind Fans von Wanda und Bilderbuch und freuen uns, wenn die da was abräumen, aber dieser Provinzialismus hat uns so genervt. In dem Sinn sind wir autark.
Zamernik: Das hat wirklich nichts mit Eitelkeit zu tun. Natürlich ist es eine kleine Welt, aber darum geht es ja nicht. Wenn man aus der Not heraus, aus Unwissenheit, eine Band wie uns dort reinbucht, dann brauchen wir da nicht mitspielen. Das kann ich mir bildlich vorstellen, wie das dort abgegangen ist. Du kannst da nichts anderes machen, als so etwas zu verweigern. Ich nehme gerne Ehrungen, Preise, Pokale und Medaillen an, wenn sie einen Wert haben. Aber nicht, weil irgendwelche komischen Major-Typen selbst ihre Gelder austeilen. In Wahrheit ruinieren die doch alles. Da geht es um alles, aber nicht um Musik.

"Krone": Um Musik geht es dafür beim Unterweger-Film "Jack", für den ihr den Soundtrack komponiert habt. Hat euch die Geschichte um diese Person oder die Person selbst schon so fasziniert, dass ihr sofort dafür an Bord wart?
Welter: Ich persönlich habe mich nicht über den Film und den Gesprächen mit der Regisseurin Elisabeth Scharang hinaus mit Jack Unterweger beschäftigt. Ich will aber auch nicht. Ich oute mich jetzt als literaturaffiner Mensch und halte seine Schreibe für sehr verzichtbar. Ich mag ihn nicht sonderlich, aber der Film ist auch nicht dafür da, jemanden davon überzeugen, dass er ein besserer Mensch ist.
Zamernik: Mit Elisabeth ist es schon der zweite Film, für den wir mit ihr zusammenarbeiten. Absurderweise war der erste ein Franz-Fuchs-Film, noch so ein Killer. Ich weiß aber, wie Elisabeth für ihre Arbeit brennt und daher braucht sie uns auch nicht als korrektiv, um da aktiv in ihr Projekt einzugreifen. Wenn jemand für etwas brennt, dann arbeitet meist auch das Umfeld gut.

"Krone": Im Gegensatz zu normalen Naked-Lunch-Alben habt ihr hier aber jemanden, der euch in eurer Kreativität beschränken kann, eure Ideen overrulen könnte.
Zamernik: So funktioniert sie aber nicht. Sie holt uns für das, was wir können, das ist dann natürlich eine schöne Arbeitsebene. Es ist ein Austausch und genau so wird Arbeit auch interessant und gut.
Welter: Wir machen viel Film- und Theaterarbeit und eigentlich macht das schon auch viel einfacher. Auch im energetischen Sinne. Wir sind sehr akribische Arbeiter und arbeiten mit Ernsthaftigkeit und Lust daran, aber im Endeffekt geht es da nicht um alles - ganz im Gegensatz zu einem Album von uns. Da kann das Overrulen auch gut sein.

"Krone": Im November gibt's in Österreich und Deutschland auch ein paar Jubiläumsshows mit angekündigten Gästen, die ihr jetzt wahrscheinlich noch nicht verraten werdet.
Zamernik: Na. Wohl, der Andreas Gabalier ist dabei für ein Amadeus-Special. (lacht)
Welter: Wir wissen es noch nicht genau, aber es ist schon einiges geplant. Am Ende des Tages werden wir diejenigen sein, die am meisten überrascht sein werden.

"Krone": Wie sehen die nächsten 25 Jahre Naked Lunch aus?
Zamernik:(lacht) Die werden sich wohl nicht ausgehen. Wir sind doch weit über der möglichen Hälfte.
Welter: Du vielleicht, ja, aber ich bin voller Energie. Schau mich an - ich bin das blühende Leben.

"Krone": Heute ist es ja eigentlich cooler, sich aufzulösen und dann wieder zu kommen. Egal, ob das jetzt Faith No More, Refused oder offensichtlich die Spice Girls sind. Ihr habt immer durchgehalten.
Zamernik: Vergleich uns jetzt nicht mit den Spice Girls!
Welter: Das ist doch alles eine finanzielle Geschichte und völlig legitim. Mike Patton von Faith No More wird jetzt mit seinem kleinen Label auch nicht reich, der braucht dann halt die große Bühne wieder. Oder die Pixies - die steigen nicht einmal in denselben Bus, die treffen sich nur mehr auf der Bühne.

Zum 25-Jahre-Jubiläum gibt es nicht nur die "Singles-Collection" und den Filmsoundtrack für "Jack", sondern auch haufenweise Live-Dates. Am 8. November im Stadttheater Klagenfurt, am 12. November im Linzer Posthof, am 13. November in der Generalmusikdirektion in Graz und am 23. November in der Wiener Arena. Tickets erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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