In der Ägäis

Lärmangriff auf gefährdete Robben und Wale

Tierecke
29.09.2015 09:53
Mönchsrobben sind die am stärksten gefährdete Meeressäugetierart Europas: Der Gesamtbestand wird im östlichen Mittelmeer auf knapp 300 und im gesamten Mittelmeer auf maximal 450 Individuen geschätzt. Nun plant ein US-amerikanisches Unternehmen inmitten des Verbreitungsgebietes der Robben Schallkanonen einzusetzen, um die Bodenbeschaffenheit zu erforschen - ein Lärmangriff mit oftmals fatalen Folgen für die Meerestiere.

Im November und Dezember diesen Jahres soll während 30 Tagen und insgesamt 384 Stunden alle zehn bis 15 Sekunden Explosionsschall von mehr als 240 Dezibel ausgesandt werden. Das Echo der Schallwellen, die mehrere Hundert Meter in die Erdkruste am Meeresgrund eindringen, wird mit 93 Empfängern registriert und danach analysiert. Die Organisation "OceanCare" warnt vor unwiderruflichen Folgen und sieht in dem Projekt des US-amerikanischen Unternehmens Lamont-Doherty Earth Observatory einen klaren Verstoß gegen gültige Artenschutzbestimmungen.

Walstrandungen nach seismischen Tests
In der Vergangenheit haben griechische Behörden seismische Tests, die bei der Suche nach Bodenschätzen eingesetzt werden, ohne große Auflagen genehmigt. Auch der durch die NATO verursachte Unterwasserlärm wurde in der zentralen Ägäis ohne Risikominimierung geduldet. Die Folgen: mehrfache Walstrandungen, da die Intensität der Lärmquellen insbesondere tieftauchende Walarten, darunter Pott- und Schnabelwale, aus ihrem Gebiet vertreibt. Intensiver Schall kann aber auch zu physischen Schäden bis hin zum Tod führen.

US-Unternehmen müssen sich an eigene Gesetze halten
Meeresschützer sehen in den Auflagen des Marine Mammal Protection Act der USA nun aber eine Chance, das Projekt zu verhindern, da amerikanische Unternehmen eben auch an die eigene Gesetzgebung gebunden sind. Erst vergangene Woche verpflichtete sich die US-Marine dazu, auf Aktivitäten, die intensiven Lärm verursachen, in bestimmten für Walarten sensiblen Gebieten zu verzichten. "Ein Schnabelwal im Mittelmeer ist genauso lärmempfindlich wie im Pazifik und der seismische Lärm ähnlich gefährlich wie der von Militärsonar", erklärt Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare.

Mönchsrobben haben Sonderschutzstatus
Die Expertin verweist auf den Sonderschutzstatus der Walarten und Mönchsrobben durch internationale Verträge, wie etwa durch die Bonner Konvention, die Biodiversitätskonvention, aber auch durch Walschutzabkommen im Mittelmeer. Das für die Untersuchungen vorgesehene Gebiet wurde zudem von der Biodiversitätskonvention als ökologisch und biologisch wertvolle Zone ausgezeichnet.

"Das Risiko ist einfach zu groß"
"Welchen Wert haben ein Schutzgebiet und die jahrelangen intensiven Bemühungen, die Mönchsrobben in der Ägäis vor dem Aussterben zu bewahren, wenn man dann die Tiere über mehrere Wochen zudröhnt. Das Risiko ist einfach zu groß, besonders wenn man bedenkt, dass die vom Lärm verschreckten Mönchsrobben Jungtiere zurücklassen müssten, die ohne ihre Mütter wohl nicht überleben können", warnt Lüber und fordert eine klare Absage an das Projekt durch die US-amerikanischen Behörden.

Europäische Institutionen gefragt
Nicolas Entrup, Campaigner für "OceanCare" und die US-amerikanische Naturschutzorganisation NRDC, sieht die europäischen Institutionen in der Pflicht: "Eine Umweltverträglichkeitsprüfung kann in so einem Fall kaum zu einem für das Projekt positiven Urteil kommen. Doch was tun, wenn seitens der griechischen Behörden gar keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt wird?" Die öffentliche Konsultation der US-Behörden für die von Lamont-Doherty Earth Observatory beantragten geophysikalischen Untersuchungen läuft bis Anfang Oktober 2015.

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