"In unseren Händen"

Kämpfe in Afghanistan: Taliban erobern Kunduz

Ausland
28.09.2015 17:17
Die radikalislamische Taliban-Miliz hat am Montag nach heftigen Gefechten die nordafghanische Stadt Kunduz erobert. Taliban-Kämpfer hissten ihre Flagge auf dem zentralen Platz der Stadt, wie ein Korrespondent einer Nachrichtenagentur berichtete. Zudem befreiten sie Gefangene aus dem Provinzgefängnis und besetzten Regierungsgebäude sowie ein Krankenhaus. Via Twitter teilten die Islamisten mit: "Kunduz ist in unseren Händen."

Zwei Jahre nach dem Abzug der deutschen Bundeswehr aus Kunduz haben die radikalislamischen Taliban die nordafghanische Provinzhauptstadt erobert. "Die Stadt ist unglücklicherweise an die Taliban gefallen", sagte der Sprecher des afghanischen Innenministeriums, Sedik Sedikki, am Montag in der Hauptstadt Kabul.

Bei ihrem Angriff hatten die Taliban gegen Mittag das Zentrum der nordafghanischen Provinzhauptstadt erreicht. Ein Polizeisprecher sprach von "schwere Kämpfen in Kunduz", ein Taliban-Sprecher rief die Bevölkerung über Twitter auf, in den Häusern zu bleiben. Die Bürger hätten vonseiten seiner Gruppe nichts zu befürchten. Am Nachmittag teilte Provinzratsmitglied Aminullah Ayuddin der Nachrichtenagentur dpa mit, die Taliban hätten das Provinzgefängnis in ihre Gewalt gebracht und Hunderte Gefangene daraus befreit. "Ihnen allen wurde erlaubt, nach Hause zu gehen. Alle früheren Taliban-Kämpfer im Gefängnis schlossen sich dem Kampf gegen die Sicherheitskräfte an."

Regierungssitz und Krankenhaus eingenommen
Den Taliban gelang es zudem, mehrere Regierungsgebäude unter ihre Kontrolle zu bringen, darunter den Amtssitz der Provinzregierung. "Sie haben auch das öffentliche Krankenhaus mit seinen 200 Betten eingenommen", sagte Provinzratsmitglied Ghulam Rabbani Rabbani. Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid teilte über Twitter mit, in dem Provinz-Krankenhaus suchten Taliban-Kämpfer nach "verwundeten feindlichen Soldaten". Einige Polizisten seien gefangen genommen worden. Die Taliban hätten Fahrzeuge und Waffen erobert und setzten ihren Vormarsch in Richtung Flughafen fort.

Ein dpa-Reporter in Kunduz sagte, die Taliban hätten wichtige Zufahrtsstraßen zur Stadt abgeschnitten. Ein Regierungsmitarbeiter in Kunduz, der anonym bleiben wollte, sagte: "Taliban-Kämpfer mit ihren Waffen sind überall in der Stadt. Viele Menschen fliehen in Richtung des Flughafens, der etwas sicherer ist." Die Polizei hatte zuvor mitgeteilt, dass Hubschrauber der Armee die Aufständischen mit Raketen angreifen würden. Ein Polizeikommandeur in der Nachbarprovinz Balch erklärte, Sondereinheiten von Polizei und Militär seien auf dem Weg nach Kunduz. Angaben zu Opfern lagen nicht vor.

Zweiter Angriff auf Kunduz in diesem Jahr
Der Einmarsch in die Provinzhauptstadt könnte einen Wendepunkt in dem seit fast 14 Jahren anhaltenden Aufstand der Taliban markieren. Der Angriff auf Kunduz ist der zweite seiner Art in diesem Jahr, im Juni hatten die afghanischen Streitkräfte einen Vorstoß abgewehrt. Der NATO-Kampfeinsatz in Afghanistan endete im Dezember des Vorjahres, in Kunduz befand sich das Feldlager der deutschen Bundeswehr.

Die Gewalt in Afghanistan hat in den vergangenen Jahren wieder zugenommen. Derzeit verlassen monatlich bis zu 100.000 Afghanen ihr Heimatland, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die Zahl der Flüchtlinge sei seit Anfang des Jahres gestiegen, als die afghanischen Behörden elektronisch lesbare Pässe ausgaben, mit denen eine Ausreise in den Iran möglich ist. Die Nachfrage sei enorm.

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