Dashcam an Bord

“nüviCam”: Navigieren im juristischen Graubereich

Elektronik
27.09.2015 09:00
Ob Spurhalteassistent oder Kollisionswarner: Mit seiner eingebauten Kamera soll das "nüviCam" von Garmin für mehr Sicherheit beim Fahren sorgen - und navigiert sich damit direkt in einen rechtlichen Graubereich. krone.at hat das "Premium-Navi" getestet.

Fahrerassistenzfunktionen, die bislang nur Oberklassefahrzeugen vorbehalten waren, verspricht Garmin mit seinem nüviCam. Ermöglicht wird dies über eine integrierte Kamera, die mögliche Gefahren erkennen und rechtzeitig davor warnen soll - von der Kollisionswarnung über den Spurhalte-Assistenten bis hin zur Zielansicht per Augmented-Reality-Funktion.

Im Praxistest bei zwei mehrstündigen Fahrten durch die Stadt, über Land und auf der Autobahn funktionierte dies nur teilweise. Mal schlug das Gerät bei allzu flotten Spurwechseln und zu wenig Abstand zum Vordermann zuverlässig Alarm, mal blieb es hingegen stumm. Die Gründe dafür können laut Garmin-Website vielfältig sein: Regen, Schnee, Nebel, Sonnenlicht, Schatten oder Reflexionen - sie alle können die Sicht der Kamera auf das Geschehen trüben bzw. beeinflussen, was die richtige Anwendung nicht gerade erleichtert.

Einfache Montage und Bedienung
Dafür sind Montage sowie Bedienung kinderleicht und faktisch selbsterklärend: Der Saugnapffuß wird an der Windschutzscheibe befestigt, das rund 320 Gramm schwere Navi an diesem wiederum per Magnet. Umständliches Herumhantieren mit Halterungen, in die das Navi mehr schlecht als recht hineinpasst bzw. herausgeht, gehören damit der Vergangenheit an. Gewöhnungsbedürftiger ist dagegen die schiere Größe des nüviCam: Mit einer Bildschirmdiagonale von 15,4 Zentimetern nimmt es einen nicht unbedeutenden Platz auf der Windschutzscheibe bzw. in Handtasche oder Rucksack ein, wenn es nach der Fahrt spazieren getragen werden will.

Im Gegenzug dafür bietet das mit 800 x 480 Pixeln auflösende Display den entscheidenden Vorteil, dass sämtliche Hinweise klar und deutlich zu lesen/sehen sind - vorausgesetzt, die Sonne scheint nicht zu stark. Dann nämlich spiegelt das glänzende Echtglasdisplay stark und erschwert somit die Sicht auf die Informationen. Klarer Sprachansagen sei Dank, sollte man aber dennoch problemlos zum Ziel finden. Apropos Sprachansagen: Die funktionieren auch in umgekehrter Richtung und ermöglichen die Steuerung des Navis per Sprachbefehl, sodass die Hände am Steuer bleiben.

Navigation mit Bravour
Beim Navigieren selbst gibt sich das nüviCam keine Blöße: Die GPS-Verbindung zum Satelliten steht ebenso schnell wie die gewünschte Route, in deren Planung Verkehrsinformationen, etwa zu Staus und Umleitungen, in Echtzeit einfließen. Per App mit dem Smartphone gekoppelt, finden zudem etwa Wetterinformationen oder neue Points of Interest ihren Weg auf das Gerät, sollte sich unter den Millionen von bereits vorinstallierten Foursquare-POIs nicht die richtige Adresse finden.

Erst einmal auf der Straße, punktet das Navi nebst Tempo- und Radarwarnungen mit einer detaillierten Ansicht von Anschlussstellen, während farbige Pfeile auf die richtige Fahrspur hinweisen. Unser persönliches Highlight aber war die sogenannte photoReal-Kreuzungsansicht: Sie stellt Kreuzungen und Anschlussstellen fotorealistisch dar, einschließlich der Landschaft in der Umgebung. Eingeblendete Schilder sehen also genauso aus wie ihre realen Ebenbilder.

Unmittelbar vor dem Ziel, kommt dann die von Garmin "Real Vision" getaufte Augmented-Reality-Anzeige zum Einsatz: Bei Annäherung wechselt die nüviCam zur Kameraansicht und kombiniert dieses Echtbild mit virtuellen Hinweisen. Die Suche nach der exakten Hausnummer soll damit laut Hersteller der Vergangenheit angehören.

Filmen im juristischen Graubereich
Die Kamera kann aber noch mehr, nämlich auf Wunsch automatisch das Verkehrsgeschehen aufzeichnen. Zu diesem Zweck liegt dem nüviCam eine microSD-Speicherkarte (4 GB) bei. In einigen "Ländern bzw. Gerichtsbarkeiten ist die systematische Aufzeichnung des Straßenverkehrs mit Kamera" allerdings gesetzlich geregelt, wie Garmin auf seiner Website schreibt. Der Nutzer müsse sich mit den jeweiligen Gesetzen und Rechten auf Privatsphäre für das jeweilige Einsatzgebiet vertraut machen und diese einhalten.

In Österreich navigieren Nutzer damit in einer juristischen Grauzone. Denn während die Veröffentlichung und Weitergabe von Aufnahmen von Personen und Fahrzeugkennzeichen ohne deren Unkenntlichmachung eindeutig gegen das Recht auf Schutz personenbezogener Daten verstößt, ist die Dokumentation für private Zwecke erlaubt - solange es sich eben nicht um eine systematische Überwachung oder um bewusstes Sammeln von Beweismaterial handelt. Sprich: Wer schöne Landschaften beim Fahren festhalten möchte, kann dies tun; der Nachweis von Straftaten anderer oder der eigenen (Un-)Schuld mittels Dashcam ist aus datenschutzrechtlichen Gründen hingegen verboten.

Die integrierte Ereigniserkennung des nüviCam, die im Falle einer Kollision automatisch Bild- und GPS-Dateien speichert, nutzt hierzulande vor Gericht demnach nichts. Immerhin: Hat es bereits geknallt und man hat selbst gerade weder Smartphone noch Digitalkamera zur Hand, kann man mit dem nüviCam die Schäden für die Versicherungsmeldung fotografisch festhalten.

Fazit: Auch wenn sich die Dashcam-Funktionalität des Garmin-Navis hierzulande aus rechtlichen Gründen nicht bzw. nur stark eingeschränkt nutzen lässt: Seine Hauptaufgabe, nämlich die Navigation, meistert das nüviCam mit Bravour. Die Anzeigen sind, allen voran dank photoReal-Kreuzungsansicht, überaus informativ, die Bedienung trotz des großen Funktionsumfangs intuitiv und übersichtlich gestaltet. Der Preis ist allerdings auch nicht billig und bewegt sich je nach Modell zwischen 379 und 399 Euro, Here-Kartenupdates gibt es ein (Geräte-)Leben lang kostenlos.

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