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Petra Gregorits: So tickt Rapids stärkste Frau

Sport
05.10.2015 14:44
Petra Gregorits ist vor wenigen Monaten als erste Frau ins Präsidium des SK Rapid eingezogen. sportkrone.at bat die 49-jährige Burgenländerin zum Interview und sprach mit ihr über die Arbeit in einer Männerdomäne, ihre Faszination für den Fußball und die Pläne beim Rekordmeister.

sportkrone.at: Sie wurden vor wenigen Monaten als erste Frau in der 116-jährigen Vereinsgeschichte ins Präsidium des SK Rapid gewählt – wie kam dieses Engagement zustande?
Petra Gregorits: Ich habe mich seit einiger Zeit in der "Arbeitsgemeinschaft Mitglied" ehrenamtlich engagiert. Da bin ich dem Präsidenten Michael Krammer ein paar Mal über den Weg gelaufen und eines Tages hat er mich zu einem Termin gebeten, da wurde ich gefragt.

sportkrone.at: War das schon immer ein Karrierewunsch von Ihnen?
Gregorits: Nein, eigentlich gar nicht. Das war eine unerwartete Sache Aber ich bin sehr vielfältig als Unternehmerin tätig und habe mich schon früher ehrenamtlich im sozialen Bereich und der Interessenspolitik engagiert. Somit war der Karriereschritt wohl logisch.

sportkrone.at: Sie betreiben in Wien ein Unternehmen für Marktforschung und Zielgruppenmarketing, sind seit 2010 Vorsitzende von "Frau in der Wirtschaft" in der Wirtschaftskammer Wien – wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Gregorits: Für Unternehmer und Unternehmerinnen ist es ganz wichtig, nach außen zu gehen, sich zu engagieren, Netzwerke aufzubauen. Ich bin jemand, der gern etwas tut. Mein Sohn ist erwachsen und mein Mann unterstützt mich bei all meinen Tätigkeiten, obwohl er nicht so fußballbegeistert ist. Aber ich muss einfach neben dem Unternehmen auch noch andere Dinge tun können.

sportkrone.at: Das Privatleben kommt nicht zu kurz?
Gregorits: Ich muss mir die Zeit schon gut einteilen, aber ich habe nicht das Gefühl, dass irgendetwas zu kurz kommt. Im Gegenteil – ich kann sehr viel gute Energie daraus mitnehmen.

sportkrone.at: Woher kommt Ihre Faszination für den Fußball bzw. für den Verein Rapid?
Gregorits: Ich bin grün-weiß aufgewachsen in einem Gasthaus im Burgenland. Mein Vater war großer Rapid-Fan. Ich war oft am Fußballplatz, hab‘ auch als junges Mädchen selbst ein paar Mal gespielt. Als ich nach Wien gekommen bin, hatte ich weniger Kontakt zur Fußballszene. Erst wieder durch meinen Sohn, der ebenfalls Rapid-Fan ist und auch als Nachwuchstrainer gearbeitet hat.

sportkrone.at: Was zählt genau zu Ihren Aufgabenbereichen im Rapid-Präsidium?
Gregorits: Mein Portfolio betrifft Frauen, Familien und Businessnetzwerke. Das ist naheliegend aufgrund meines Engagements im Frauenbereich bei der Wirtschaftskammer. Prinzipiell geht es darum, mehr Frauen ins Stadion zu bringen. Jetzt haben wir etwa 30 Prozent weibliche Matchbesucherinnen.

sportkrone.at: Gibt es da schon Strategien dazu, wie man das erreichen kann?
Gregorits: Es entwickelt sich gerade von Woche zu Woche. Es gibt so viele Fußball-Mütter, die ihre Söhne zu den Trainings bringen, da gibt es eine große Masse, die man bewegen kann. Kinderbetreuung im Stadion ist ebenfalls ein Thema.

sportkrone.at: Das Fußballgeschäft ist nach wie vor eine Männerdomäne – welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?
Gregorits: Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich habe schon lange nicht mehr so viel Wertschätzung erfahren, wie in diesem Präsidium. Ich spüre so viel positive Energie. Die gemeinsame Emotion auf ein Ziel hinzuarbeiten, im Sinne des Vereins, beflügelt. Es macht wirklich viel Spaß und ich sage sehr oft, es ist mir eine grün-weiße Freude, da mitmachen zu können. Ich höre von den Kollegen oft, dass ich einen anderen Input bringe, aber das war ja auch das Ziel. Natürlich stelle ich Fragen, wenn ich etwas genauer wissen will. Für die Männer sind gewisse Dinge naheliegender. Logisch, sie sind ja auch länger dabei. Aber ich versuche viele Dinge zu hinterfragen und bekomme auch gute Antworten darauf.

sportkrone.at: Warum tun sich dennoch viele Frauen im Sportbereich/Fußballbereich immer noch so schwer?
Gregorits: Ich denke, das ist ein gesellschaftspolitisches Thema. Wir haben in vielen Bereichen viele Frauen in kleineren Vereinen. Österreich ist ein Land der Freiwilligen. Aber es gibt viele Bereiche, wo es um Entscheidungsfunktionen geht, wo viele Frauen sagen: "Ich tu‘ mir das nicht an", obwohl sie die Kompetenzen dazu hätten. Es ist eine Zeitfrage. Mit kleineren Kindern ist es etwa eine Herausforderung. Wenn Frauen etwas machen, wollen sie es voll und ganz machen. Sichtbar ist Fußball noch ein Männersport. Es geht um Kraft, es geht um Tempo, es geht um Ausdauer. Die Erziehung spielt da bestimmt eine große Rolle, dass weniger Mädchen oder Frauen im Fußballbereich tätig sind.

sportkrone.at: Kann es auch ein Vorteil sein, als einzige Frau mit Männern zu arbeiten?
Gregorits: Möglicherweise ja, in meiner Situation ist es vielleicht ein Vorteil. Aber es soll nicht so bleiben. Es sind ja immer mehr Frauen in den Geschäftsbereichen tätig. Als wir in Amsterdam waren, gab es bei Ajax sozusagen einen weiblichen Andy Marek, eine Spielorganisatorin, die auch zuständig für Sponsoring und PR beim Verein war. Auch bei Schachtjor Donezk waren viele Frauen in diesen Bereichen tätig. Ich glaube, es ist auch eine Frage von Funktionen. Wir reden immer davon, dass wir mehr Frauen in Entscheidungsfunktionen brauchen. Es ist spannend, dass es in der Politik und in der Wirtschaft eher langsam voran geht und dass es gerade im Fußball, der als große Männerdomäne gilt, jetzt funktioniert.

sportkrone.at: Gibt es Freundinnen in ihrem privaten Umfeld, die Sie um den Job beneiden?
Gregorits: Am Tag des Heimspiels gegen Donezk hat mich eine Freundin angerufen, die gerade aus dem Urlaub zurückgekommen ist, und hat mich gefragt ob wir uns treffen wollen. Ich hab ihr gesagt: "Es tut mir leid, wir spielen heute gegen Donezk." Sie meinte darauf: "Das ist mir auch noch nie passiert, dass mich eine Freundin versetzt, weil sie zu einem Fußballspiel geht." Vor allem viele Männer bringen mir positives Erstaunen und Anerkennung entgegen. Ein Bekannter aus meinem Freundeskreis sagte zu mir, er beneidet mich wirklich darum. Ich denke, die meisten freuen sich für mich.

sportkrone.at: Denken Sie, dass Sie unter größerer Beobachtung stehen als Ihre männlichen Kollegen und somit vielleicht mehr unter Druck?
Gregorits: Unter Druck stehe ich nicht. Mehr im Fokus schon. Aber ich empfinde das positiv. Auch die Aufmerksamkeit von den Fans, Leute bedanken sich bei mir. Das ist für mich eine schöne Erfahrung.

sportkrone.at: Warum gibt es Ihrer Meinung nach keine Sportdirektorinnen bzw. Trainerinnen im Männerfußball?
Gregorits: Ich glaube, dass wir Frauen, wenn wir etwas wirklich wollen, es auch einfordern sollten. Bei mir gab es immer einen roten Faden in allem, was ich getan habe: Zielgruppenentwicklung, Marketing, Veranstaltungen organisieren. Es wiederholt sich immer wieder in meiner Karriere. All diese Bereiche kann ich bei Rapid einbringen und perfektionieren. Ich bin möglicherweise durch meine früheren Tätigkeiten schon aufgefallen. Einer oder eine muss voran gehen und dann bricht das Eis. Dass es gerade mich getroffen hat, überrascht mich selbst am meisten.

sportkrone.at: Wie begegnen Sie Männern, die Frauen im Fußball noch immer belächeln?
Gregorits: Das muss man einfach stehen lassen. Ich habe bisher zum Glück noch nicht so viele negative Erfahrungen gemacht. Einige Männer waren zu Beginn schon erstaunt und haben mich spüren lassen: "Was will die da? Versteht ja nix von Fußball." Das trifft einen, aber ich lass' das stehen, das sind oft Uninformiertheiten und Klischees, die bedient werden. Bei mir überwiegen die positiven Rückmeldungen bei weitem.

sportkrone.at: Welche Tit solchen Fragen setze ich mich tagtäglich auseinander. Man sollte wissen: Was will ich? Wo will ich hin? Ich denke, wenn man seiner Leidenschaft, seinem Herzen folgt, dann kann man die richtigen Dinge richtig gut machen. Man muss sich selber treu bleiben, das kommt auch bei den Männern am besten an.

sportkrone.at: Gibt es Pläne für eine Frauenmannschaft bei Rapid?
Gregorits: Das Thema diskutieren wir derzeit recht intensiv. Ich bin eine, die sich sehr einsetzt für Gleichbehandlung. Es wäre in meinem Sinne, dass wir den Frauenfußball österreichweit unterstützen. Momentan ist bei Rapid die Zeit noch nicht reif. Wenn, dann richtig gut und nicht nur fürs Image. Wir haben ein tolles Special Needs Team und rund um dieses setzen wir verstärkt auf das Thema Diversity.

sportkrone.at: Welche Ziele möchten Sie in Ihrer Funktion erreichen?
Gregorits: Dieses Jahr ist so dynamisch und spannend: Europa League, Meisterschaft, neues Stadion, Business-Konzept, Mitgliederentwicklung. All diese Dinge zu unterstützen und etwas dazu beizutragen ist mein Ziel. Und ich denke, wenn das neue Stadion fertig ist, dann geht’s erst richtig los.

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(Bild: KMM)



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