Juncker-Vorschlag

So will die EU 160.000 Flüchtlinge verteilen

Ausland
09.09.2015 16:25
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Mittwoch in seiner ersten Rede zur Lage der Union vor dem EU-Parlament in Straßburg seine Pläne zum Vorgehen in der Flüchtlingskrise präsentiert. Wie erwartet, forderte Juncker die Verteilung von 160.000 über Griechenland, Ungarn und Italien eingereisten Flüchtlingen. Österreich soll davon 4853 Personen aufnehmen, Deutschland mit 40.206 und Frankreich mit 30.783 Menschen schultern den Löwenanteil.

Ob die EU-Staaten der verpflichtenden Quote zustimmen, ist derzeit fraglich. "Ich hoffe wirklich, dass sich diesmal alle beteiligen werden", sagte Juncker. Die Verteilung der Flüchtlinge, die laut Juncker das Recht haben sollten, ab dem Tag ihrer Ankunft auch arbeiten zu dürfen, soll nach einem verbindlichen Schlüssel auf Grundlage von quantifizierbaren Kriterien wie Bevölkerungszahl, Bruttoinlandsprodukt, durchschnittlicher Zahl der bisherigen Asylanträge und Arbeitslosenquote erfolgen.

Betroffen von der Aufteilung sind nur 22 EU-Länder, denn Griechenland, Ungarn und Italien sind ausgenommen und Großbritannien, Irland und Dänemark haben eine Ausnahmeregelung. Für die Umsiedelungsmaßnahmen werden aus dem EU-Haushalt Gelder in Höhe von 780 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Der Umsiedelungsmechanismus soll auf Dauer angelegt werden. Die EU-Kommission schlägt einen strukturierten Solidaritätsmechanismus vor, der jederzeit von der Kommission aktiviert werden kann, um einem EU-Mitgliedsstaat zu helfen, der sich in einer Notlage befindet und dessen Asylsystem aufgrund eines unverhältnismäßig großen Zustroms von Drittstaatsangehörigen extremem Druck ausgesetzt ist.

Alle Beitrittskandidaten "sichere Herkunftsländer"
Alle potenziellen EU-Beitrittskandidaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien und die Türkei) sollten als "sichere Herkunftsländer" gelten, so Juncker weiter. Asylanträge von Staatsbürgern aus diesen Ländern können rascher abgewickelt werden und haben nur wenig Aussicht auf Erfolg. Sollte sich jedoch herausstellen, "dass in diesen Ländern Menschenrechtsverletzungen geschehen, die die Gewährung von Asyl rechtfertigen", müsse man darüber nachdenken, ihnen den Kandidatenstatus abzusprechen, sagte der EU-Kommissionspräsident, der auch festhielt, dass Flüchtlingen "rasch und angemessen" geholfen werden müsse. Eventuelle Rückführungen sollen effektiver organisiert werden.

Sanktionen bei Verstößen gegen gemeinsame Asylregeln
Die EU-Mitgliedsstaaten will Juncker sanktionieren, wenn sie gegen gemeinsame Asylregeln verstoßen. Neue Vertragsverletzungsverfahren würden in den nächsten Tagen eingeleitet, kündigte er an. Es gebe gemeinsame Standards und diese müssten eingehalten werden. Mit Vertragsverletzungsverfahren hatte die EU-Kommission bereits vor wenigen Tagen gedroht.

Die EU wird weiters in Syrien Hilfe an Ort und Stelle insbesondere für Binnenflüchtlinge leisten und unterstützt Nachbarländer wie Jordanien, Libanon oder die Türkei. Bisher wurden dafür 3,9 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die Bekämpfung von Menschenschmugglern stellt eine weitere Priorität dar, dafür wurde die umstrittene Anti-Schlepper-Mission "Eunavfor Med" gegründet. Brüssel plant außerdem eine stärkere finanzielle Unterstützung afrikanischer Staaten, um Fluchtursachen zu beseitigen. Konkret ist die Rede von einem Not-Treuhandfonds in der Höhe von 1,8 Milliarden Euro.

Faymann sieht Junckers Vorschläge positiv
Bundeskanzler Werner Faymann sieht durch die Vorschläge von Juncker Bewegung in der Flüchtlingsdebatte, speziell was die Einführung europäischer Quoten angeht. Es brauche nun "dringend" einen Sondergipfel, wo man diese Pläne besprechen könne, so Faymann, der auch betonte, dass jeder Vorstoß für verpflichtende Flüchtlingsquoten in der EU von Österreich unterstützt werde. Die Vorschläge der Kommission würden nun genau analysiert.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel beharrte darauf, zu einer fairen und verbindlichen Verteilung aller ankommenden Flüchtlinge auf sämtliche EU-Mitgliedsstaaten zu kommen. Die von Juncker vorgestellten Pläne zur Aufteilung seien ein "erster Schritt", sagte Merkel. Es könne aber nicht dabei bleiben, nur eine bestimmte Zahl von Flüchtlingen auf die EU-Staaten zu verteilen: "Wir müssen überlegen, wie wir mit den Flüchtlingen, die bei uns ankommen, umgehen."

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