Freiwillig umgekehrt

18-Jähriger wollte IS-Kämpfer werden – verurteilt

Österreich
08.09.2015 12:03
Ein 18-Jähriger aus dem Bezirk Linz-Land, der IS-Kämpfer werden wollte, aber letztlich doch davon Abstand nahm, hat am Dienstag im Landesgericht Linz 15 Monate Haft, davon zehn bedingt, ausgefasst. Wegen der besonderen Umstände stellte das Gericht die Möglichkeit einer weiteren Strafmilderung in Aussicht. Zuvor muss aber das Urteil rechtskräftig werden.

Der gebürtige Tschetschene ist als Achtjähriger nach Österreich gekommen. Sein Vater war im Konflikt in seiner Heimat umgekommen. Der nunmehr 18-Jährige lebt mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Stiefvater im Bezirk Linz-Land. Über einen entfernten Verwandten in seinem Alter wurde er im Dezember des vergangenen Jahres über eine TV-Dokumentation sowie Videos im Internet auf den Krieg in Syrien aufmerksam. Beide beschlossen, sich dem IS anzuschließen.

"Das hier ist nicht meine Sache"
Der Verwandte übernahm die Organisation: Sie sparten Geld und kauften sich ohne Wissen der Familie ein One-Way-Ticket nach Istanbul. Dort sollten sie in einer Wohnung warten, bis sie von Kontaktleuten nach Syrien gebracht werden, um dort zu kämpfen. Aber schon einen Tag nach der Ankunft in Istanbul, am 16. Juni, rief der junge Mann in Oberösterreich an und bat seine Familie, sie solle ihn heimbringen: "Das hier ist nicht meine Sache." Denn er hatte in Istanbul auf seinem Mobiltelefon ein Video gesehen, in dem ein IS-Kämpfer aus einem fahrenden Auto heraus auf die Zivilbevölkerung schoss. Seine Eltern holten ihn daraufhin ab. Sein Verwandter blieb, er dürfte nach Syrien weitergereist sein, über sein Schicksal ist nichts bekannt.

Reumütiges Geständnis abgelegt
Im Jugendschöffenprozess am Dienstag legte der 18-Jährige wie schon zuvor bei der Polizei ein reumütiges Geständnis ab. Er werde seine Taten nicht mehr wiederholen und auch niemandem empfehlen. Die Staatsanwältin warf ihm dennoch das Verbrechen der terroristischen Vereinigung vor. Denn er habe mit seinem Verhalten den IS gefördert - nicht zuletzt damit, dass dessen Kämpfer mit alsbaldiger Verstärkung rechnen konnten.

Das Gericht sprach den jungen Mann schuldig im Sinne der Anklage und verurteilte ihn zu 15 Monaten Haft, davon zehn bedingt. Der Strafrahmen hätte für ihn sechs Monate bis zehn Jahre betragen. Mildernd wurden das Geständnis, die freiwillige Rückkehr, die bisherige Unbescholtenheit und das Alter unter 21 gewertet. Sein Verteidiger erklärte Rechtsmittelverzicht, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.

18-Jähriger soll Präventionsarbeit leisten
Für den Fall, dass es rechtskräftig werden sollte, stellte Richter Walter Eichinger die Möglichkeit eines Strafaufschubes, verbunden mit einer Weisung in Aussicht. Der Verteidiger des 18-Jährigen stellte vorsorglich gleich einen entsprechenden Antrag. Das Gericht ist der Ansicht, dass dieser Angeklagte, der zu seiner Tat stehe, voll integriert und kooperationsbereit sei, potenzielle Täter abhalten könnte, indem er in Schulen geht und dort erzählt, was er erlebt hat: Er war Propaganda-Videos auf den Leim gegangen, hatte in der Folge seine Lehrstelle verloren, weil er unentschuldigt ferngeblieben ist, und sah nicht zuletzt die andere Seite, nämlich ein Video, in dem auf Zivilisten geschossen wird. Sollte er - nach entsprechender Vorbereitung - diese Präventionseinsätze leisten, könnte er sogar nachträglich Strafmilderung begehren und die Strafe zur Gänze nachgesehen werden.

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