Festival-Finale

Frequency: Der unverstandene Quasi-Headliner

Musik
23.08.2015 14:23
Mit Kendrick Lamar hat das Frequency Festival in St. Pölten für den Finaltag seiner 15. Auflage einen angesagten Act an Land gezogen. Doch ganz konnte Lamar am Samstag seine Rolle als Highlight nicht erfüllen, nicht zuletzt deswegen, weil es zwischen ihm und dem Publikum Verständigungsprobleme gab. Diese gab es beim zweiten Headliner Linkin Park nicht zu vermelden. Da wurde kompromisslos gerockt.
(Bild: kmm)

Das Gelände des Frequency-Festivals in St. Pölten hat sich gegen Samstagabend zum letzten Mal zu füllen begonnen. Musikalisch gab es vor den Gigs der Headliner am Abend mit SDP und Alligatoah - beide aus Deutschland - zwei von den bereits Anwesenden bejubelte Bands zu sehen. Hier regierte jeweils der Spaß. Zur positiven Überraschung der "Aufwärmrunde" gerieten die Briten Gengahr.

Botschaft ohne Zuspruch
Mit Against Me! aus den USA enterte zuvor am Nachmittag einer der ersten der bekannteren Acts des Tages die Space Stage. Geboten wurde schnörkelloser Punkrock. Allzu groß geriet der Zuspruch für die Show um die Band von Laura Jane Grace, die vor ihrer Geschlechtsangleichung Tom Gabel hieß, bei strahlender Sonne zu dieser frühen Stunde aber noch nicht.

Wer dieser Show den Rücken kehrte und in die Halle der Weekender Stage wechselte, wurde dort mit Gengahr belohnt. Die britische Indie-Band hat erst im Juni ihr Debüt "A Dream Outside" veröffentlicht. Mit diesem lieferte sie leicht verträumten und psychedelischen Gitarrenpop, der dank der unkonventionellen Songstrukturen und dem Falsettgesang von Frontmann Felix Bushe so eingängig wie unverkennbar ausfiel.

Den Nerv getroffen
Als erster nachmittäglicher Publikumsmagnet erwies sich jedoch das Berliner Duo SDP, das auf der Green Stage mit Liveband zeigte, dass Partysound halt immer geht. Mit Songs wie "Mittelfinger" ("Ich hab gar nicht so viel Mittelfinger, wie ich zeigen will") oder "Wenn ich groß bin" ("Ich kann fressen, ich kann fasten. Ich bleib' klein, wie die Löhne in Sachsen") traf die 1999 gegründete Formation problemlos den Nerv der Anwesenden. Musikalisch gab es dazu einen Mix von Rock bis Hip-Hop serviert.

Mit zahlenmäßig geringerem Zuspruch mussten hingegen die Mad Caddies aus den USA auskommen, jedoch schwang so mancher Zuhörer zum schwungvollen Ska-Punk der Kalifornier sein Tanzbein. Da passte es, dass man gegen Ende des Auftritts gar volkstümliche Klänge vernahm - wohl ein Zugeständnis an das Gastgeberland.

Tiefpunkt am Kirtag
Das Prädikat "erschütternd" hat sich dafür eindeutig die Band Eskimo Callboy verdient. Das deutsche Gespann aus Nordrhein-Westfalen hüpfte viel und konnte wenig und lieferte Songs, die wie eine Mischung aus Hardcore und Kirtag-Disco klangen. Dazu massig Trommelwirbel und ein grölender Frontmann namens Sebastian "Sushi" Biesler. Dieser verlor manchmal scheinbar die Übersicht: "Ei, ei - Kevin, wo bist denn du?" fragte dieser in Richtung eines Bandkollegen. Insgesamt der Soundtrack zur Alkoholvergiftung.

Ganz im Gegensatz dazu der Auftritt des deutschen Rappers Alligatoah. Statt der typischen Deutschrap-Beleidigungen setzt er auf satirisch-anspruchsvolle Texte, und das goutiert das Publikum. Der Bereich vor der Mainstage war bereits zum Brechen voll und die Lyrics bekannt. Egal ob "Trostpreis" oder "Was der Bauer nicht kennt" - beinahe jede Textzeile saß bei der Fangemeinde. Spektakulär war auch das Bühnenbild: Alligatoah in einem römischen Streitwagen, umgeben vom beflügelten Musiker-Himmelfahrtskommando, das Bombengürtel trägt. An Sozialkritik wurde nicht gespart, es gab Kritik an fanatischen Religionsauffassungen und Ausländerhass.

Geniale Missverständnisse
Der aus Compton in Kalifornien stammende Kendrick Lamar gilt als Genie seines Faches. Bei seinem Auftritt auf der Space Stage, der Hauptbühne des Events, ereilte ihn dann das Schicksal, das man Genies zuschreibt: Er blieb zum Teil unverstanden. Der Grund war nicht seine musikalische Darbietung, denn viel besser konnte man diese Musik kaum live umsetzen: Eine Band mit klassischer Rockbesetzung begleitete die Show des 28-Jährigen. Vielmehr lag es an der Kommunikation, wenn etwa Lamar vom Publikum das Singen von Textzeilen einforderte, die aber scheinbar nicht verstanden wurden. So geschah es etwa bei "Bitch, Don't Kill My Vibe".

Doch der Beginn seines Gigs ließ davon noch nichts erahnen. Als er sich mit ein wenig Verspätung zu seiner auf ihn wartenden Band gesellte, schlug ihm erst einmal großer Jubel entgegen. Mit "Money Tree" von seinem zweiten Studioalbum "Good Kid, M.A.A.D City" eröffnete er seinen Gig. Dieser Track wird unkonventionellerweise von einem Sample des Dream-Pop-Duos Beach House untermalt. Nach Träumen war dem Publikum aber nicht zumute, was sich vor allem daran zeigte, dass die Stimmung jedes Mal dann wieder anstieg, wenn der Westcoast-Rapper eines seiner härteren Stücke spielte.

Interaktionsprobleme
Was seine unerhörten Forderungen betrifft, so schien der Rapstar nicht darauf einzugehen, denn obwohl eine Reaktion ausblieb, forderte er immer wieder und meist ohne Erfolg. Immerhin, manchmal hatte er Glück, so wurde dann doch geklatscht oder gewunken. Trotz dieser wohl für beide Seiten etwas frustrierenden Missverständnisse war sein Auftritt sehr gut. Und eines ist gewiss: Mit seinem dritten Album, dem Meisterwerk "To Pimp A Butterfly" wird er der einzige der heurigen Frequency-Acts sein, der sich am Jahresende ganz vorne in den Bestenlisten finden wird.

Beim letzten Headliner des diesjährigen Frequency stimmte die Chemie zwischen Act und Publikum schon eher. Linkin Park wussten genau, was die Fans erwarten, und zeigten das auch bis zum Finale. Selbst nach knapp zwei Stunden Live-Performance mit viel Körpereinsatz lieferte die amerikanische Nu-Metal-Band noch 100 Prozent. Besonders beeindruckend: das Durchhaltevermögen von Lead-Sänger Chester Bennington, dessen Stimme auch gegen Ende hin keinerlei Aussetzer oder Schwachstellen erkennen ließ. Die gelungene Mischung aus alten Hymnen (z.B. "In the End" oder "Numb") und neuen Hits begeisterte die Zuschauermenge und deckte die gesamte Bandbreite der US-Formation ab. Die Fangemeinde vor der Space Stage war begeistert und feierte die Band bis zur letzten Nummer. Und Kommunikationsprobleme gab es auch keine, eine der Botschaften bestand nämlich aus einer Fahne des Wiener Fußballvereins Rapid.

Enttäuschende Nebenschauplätze
Die Green Stage geriet hingegen zuvor eher zu einem Nebenschauplatz, denn weder Interpol noch TV On The Radio überzeugten trotz recht souveräner Darbietungen wirklich. Beide Bands scheinen ihre beste Zeit hinter sich, oder zumindest einen schlechten Tag erwischt zu haben. Bei TV On The Radio sorgte zudem ein schlechter Sound für eine eher schwammige Akustik, während die Düsterrocker von Interpol hingegen fast ein wenig lustlos ihre alten Hits spielten. Für die Festivalbesucher blieb hingegen noch ausreichend Zeit zum Feiern, denn noch bis 6 Uhr in der Früh durfte vor der UAF- und der Electro-Stage getanzt werden. Bis zum nächsten Mal!

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