Familie "entsetzt"

D: Wie Rechte die Idee der Wirmer-Fahne verdrehen

Ausland
03.08.2015 13:10
Die Wirmer-Fahne mit schwarz-goldenem Kreuz auf rotem Grund wird bei Demos der islamfeindlichen Pegida-Bewegung immer wieder geschwenkt und ist auch bei rechten bzw. rechtsextremen Gruppierungen in Deutschland beliebt. Entworfen hatte sie Josef Wirmer 1944 allerdings als Symbol für den Widerstand gegen Nazi-Deutschland. Die Familie des Hitler-Gegners ist angesichts der aktuellen Verwendung der Fahne "entsetzt" und erwägt rechtliche Schritte.

Die Flagge drücke "all das aus, was unser Vater und die anderen Mitglieder der Widerstandsbewegung im Kern wollten: die Ablehnung des verbrecherischen Nazi-Staates und die Wiederherstellung einer funktionsfähigen Demokratie", erklärte der Sohn von Josef Wirmer, Anton, am Montag gegenüber "Spiegel Online".

"Symbol der Erhebung gegen Unrechtsregime der Nazis"
Josef Wirmer hatte die Fahne 1944 entworfen - "als Symbol der Erhebung gegen das Unrechtsregime der Nazis", wie sich sein Sohn heute erinnert. Das Kreuz, das sich auch in anderen Nationalflaggen wie der norwegischen findet, stehe dabei nicht nur für christliche Werte. "Es ist auch Kontrapunkt gegen das Hakenkreuz", so Anton Wirmer.

Sein Vater Josef, katholischer Jurist und Zentrumspolitiker, gehörte zum engeren Kreis der Unterstützer des Attentats auf Adolf Hitler durch Claus Graf Schenk von Stauffenberg am 20. Juli 1944. Nach dem missglückten Attentat wurde Wirmer am 4. August festgenommen und im Konzentrationslager Ravensbrück gefangen gehalten. Am 8. September 1944 wurde er zum Tode verurteilt und nur zwei Stunden nach der Urteilsverkündung hingerichtet.

"Fahne steht für freiheitliche und tolerante Gesellschaft"
Dass die Wirmer-Fahne 71 Jahre später nun von Pegida-Anhängern - und auch von zahlreichen rechten und rechtsextremen Gruppierungen - durch deutsche Städte getragen wird, betrachtet Anton Wirmer laut "Spiegel Online" mit Entsetzen. "Es ist im Grunde die Verdrehung all der Ideen, die seine Flagge darstellt." Wirmer betonte zugleich, wie wichtig es sei, die Menschen über den Ursprung der Fahne und die damit verbundenen Werte aufzuklären. "Die Wirmer-Fahne steht nicht für einen abstrakten Widerstandsbegriff. Sie steht vor allem für eine freiheitliche und tolerante Gesellschaft."

Demnach prüfe die Familie derzeit rechtliche Schritte. Allerdings gibt Wirmer zu bedenken, dass es sich um ein "rechtlich komplexes Feld" handelt. Zugleich nimmt er aber auch die Firmen, die die Fahne produzieren oder vertreiben, in die Verantwortung. Diese müssten sich fragen lassen, "ob das zu ihrer Unternehmensphilosophie passt und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entspricht. Sie sehen ja, wo die Fahne auftaucht und was damit gemacht wird."

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