Romantische Kulisse

Niagarafälle: Donnernde Fluten der Liebe

Reisen & Urlaub
07.10.2017 06:10

Die Niagarafälle umgibt ein ewiger Mythos der Romantik. Unzählige Paare geben sich vor dieser Kulisse das Jawort. Aber einige Furchtlose haben in den Fluten ganz andere Abenteuer erlebt.

An manchen Tagen tummeln sich Dutzende Bräute und ihre frisch Angetrauten auf der Aussichtsplattform, um ihr neues Eheglück vor dieser spektakulären Kulisse zu verewigen. Seit mehr als 100 Jahren schon gelten die Niagarafälle vor allem in den USA und Kanada als DIE romantische Destination schlechthin. Vielleicht, weil die Liebe eine Urgewalt ist - genau wie die Wassermassen, die sich ohne Unterlass in die Tiefe stürzen. Oder vielleicht, weil man hier wirklich mit voller Kraft in den Hafen der Ehe schippern kann. Es gibt Paare, die sich sogar inmitten der schäumenden Gischt der Fälle auf einem Boot das Jawort förmlich entgegenbrüllen - statt Brautschleier geschmückt mit einem Regenponcho.

Die Niagarafälle sind kein leiser Ort - das Dröhnen der Fluten übertönt alles. "Donnerndes Wasser", Niagara, haben die Indianer das Naturwunder deshalb auch genannt. Es ist der Überbegriff für drei Fälle - der kleine Bridal-Veil-Fall (Brautschleier-Fall), der größere American Fall, der, wie der Name verrät, auf der US-Seite des Grenzflusses liegt, und der berühmteste der drei, der Horseshoe (Hufeisen-) Fall auf der kanadischen Seite. 154 Millionen Liter pro Minute strömen im Sommer über die fast 800 Meter breite halbrunde Kante in die Tiefe, damit könnte man locker eine Million Badewannen füllen.

Hätte der Mensch nicht eingegriffen, wären es doppelt so viel. Für die Elektrizitätsgewinnung in Wasserkraftwerken wird dem Niagara-Fluss einiges abgezwackt - aber nicht zu viel, in einem Vertrag einigten sich die Vereinigten Staaten und Kanada darauf, dass die Schönheit der Fälle durch die Wasserentnahme nicht beeinträchtigt werden darf.

Einen großen Vorteil hat die menschliche Regulierung: Sie hat die unaufhaltsame Erosion verlangsamt. 60 Tonnen Minerale und Steinstaub waschen die Wassermassen minütlich aus dem Felsen, sie verleihen den Niagarafällen ihre typische grün-weißliche Färbung. In den vergangenen 12.500 Jahren hat sich der Horseshoe Fall mehr als elf Kilometer durch die Landschaft gefressen - und ist damit der "schnellste" Wasserfall der Welt. Noch bis in die 50er-Jahre wanderte er einen Meter im Jahr, mittlerweile sind es nur noch wenige Zentimeter. Nichtsdestoweniger: In 50.000 Jahren, so schätzen Wissenschaftler, ist Schluss mit dem Naturschauspiel, dann erreichen die Fälle den sie speisenden Eriesee.

Nicht alle lockt nur die Liebe zu den Niagarafällen
Immer wieder gab es Verrückte, die den Adrenalinkick in den Fluten suchten. Die 63-jährige Lehrerin Annie Edson Taylor war 1901 der erste Mensch, der den Ritt über die Fälle überlebte - in einem Fass rauschte sie die 57 Meter hinab und stieg fast unverletzt aus. "Keiner sollte das je wieder machen", meinte sie danach - aber natürlich hörten nicht alle auf die Lehrerin, und einige haben den Leichtsinn nicht überlebt. Der damals siebenjährige Roger Woodward gilt bis heute als das "Wunder der Niagarafälle" - nachdem sein Boot 1960 gekentert war, überlebte er den Sturz über die Fälle nur geschützt durch eine Schwimmweste völlig unversehrt.

Für den durchschnittlichen Touristen ist eine Fahrt mit einem der berühmten Ausflugsschiffe abenteuerlich genug. Das touristische Zentrum der Fälle liegt im kanadischen Niagara Falls City. Seit Jahren sticht hier allerdings nicht mehr die berühmte "Maid Of The Mist" in See, sie wurde nach 167 Jahren vom Schifffahrtsunternehmen "Hornblower Niagara Cruises" abgelöst. Das Original legt nur noch in den USA ab - rote und blaue Regenponchos der beiden Cruise-Anbieter mischen sich nun am Fuße des Horseshoe Falls, wenn Touristenscharen die gewaltige Gischt hautnah auf sich einprasseln lassen.

Es gibt viele Möglichkeiten, die Fälle zu bewundern
So etwa von unten im Schiff, von der Seite auf der Aussichtsplattform, besonders spektakulär von oben im Helikopter, und sogar von hinten bei der "Journey Behind The Falls", bei der die Besucher von einem Tunnel aus auf die Rückseite der Wassermassen blicken können.

Nur eines darf man nicht: den Niagarafällen den Rücken kehren. Dann geht die Romantik ziemlich schnell flöten. Entlang des Ufers sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Hotelburgen in die Höhe geschossen, die zwar alle einen guten Ausblick bieten, aber selbst kein schöner Anblick sind. In der Stadt gibt es Casinos, ein Hard Rock Café, Wachsfigurenkabinette, ein Frankenstein-Haus und sonstige Skurrilitäten, auf die man bei dem Schauspiel, das die Natur hier ohnehin bietet, gerne verzichten könnte.

Niagara-On-The-Lake
Verliebte sollten lieber durch die Straßen des nahe gelegenen Städtchens Niagara-On-The-Lake flanieren. Das 19.-Jahrhundert-Schatzkästchen, einst sogar Hauptstadt der Provinz Ontario, gilt als einer der schönsten Orte der Provinz. Kleine Boutiquen, gemütliche Restaurants und malerische Häuser reihen sich aneinander. Berühmt ist die Stadt auch für das alljährliche Shaw-Festival - von April bis November werden in drei Theatern Stücke von George Bernard Shaw aufgeführt.

Die Briten, die nach der Amerikanischen Revolution hierher flohen, haben der Stadt ihren Stempel aufgedrückt. Noch heute wird der traditionelle Afternoon-Tea im prunkvollen Prince of Wales Hotel serviert. Hier nächtigten 1901 der Duke und die Duchess of Wales, der spätere König George V. und Königin Mary - ein wahrhaft majestätischer Ort, um seine Flitterwochen zu verbringen.

Auch ein Ausflug in die umliegenden Weingebiete darf im Romantik-Programm nicht fehlen - vor allem der berühmte Eiswein der Region harmoniert perfekt mit den süßen Seiten der Liebe. Die Niagarafälle mögen ein Massentourismus-Ziel sein - aber neben diesem brodelnden Giganten wird ohnehin jede Menschenmenge ganz klein. Ihren einmaligen Anblick sollte man nicht versäumen, egal, ob glücklicher Single, verliebt, verlobt oder verheiratet.

Franziska Trost, Kronen Zeitung

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