Lage "dramatisch"

Aufnahmesperre für Traiskirchen verhängt

Österreich
31.07.2015 21:00
Das Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Traiskirchen wird ab kommender Woche keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen - voraussichtlich ab Mittwoch. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll verkündete am Freitag via Aussendung einen Aufnahmestopp aufgrund der Ergebnisse einer gesundheitsbehördlichen Überprüfung tags zuvor. Ein entsprechender Bescheid soll am Montag dem Innenministerium zugestellt werden, hieß es.

"Die medizinische Lage erfordert diese Maßnahme", begründete Pröll den Aufnahmestopp. Die hygienische Situation sei "dramatisch". Auf Anordnung des Landeshauptmannes hatte am Donnerstag eine gesundheitsbehördliche Überprüfung der Erstaufnahmestelle Ost stattgefunden. Daran nahmen ein neunköpfiges Ärzteteam sowie ein Jurist der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Baden teil.

"Lage würde noch unübersichtlicher werden"
Das Ergebnis der gesundheitsbehördlichen Überprüfung im Erstaufnahmezentrum zeige zwar einen stabilen Gesundheitszustand der dort untergebrachten Flüchtlinge. Viele registrierte Asylwerber habe man aber zu einer medizinischen Erstuntersuchung nicht antreffen können. "Daher ist eine Einschätzung des Gesundheitszustandes dieser nicht angetroffenen Asylwerber nicht möglich und mit einem Restrisiko aus medizinischer Sicht verknüpft", heißt es in der Aussendung des Landes Niederösterreich.

Die Lage in Traiskirchen würde durch die weitere Aufnahme von Asylwerbern "noch unübersichtlicher werden und daher ein zusätzliches Gefahrenpotenzial aus medizinischer Sicht in sich bergen", wird die Aufnahmesperre weiter argumentiert. Aufgrund des "eklatanten Überbelags" sei auch die hygienische Situation "dramatisch". "Mit dieser Maßnahme setzt die Behörde einen klaren Schritt, um einen weiteren Zulauf ins Lager Traiskirchen zu verhindern", so Pröll. Zuletzt waren mehr als 4.500 Flüchtlinge im überfüllten Erstaufnahmezentrum gewesen, davon an die 2.300 ohne Bett.

Amnesty besichtigt Traiskirchen am Donnerstag
Am Freitagabend teilte dann Amnesty International in einer Aussendung mit, es werde das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen am kommenden Donnerstag besichtigen. Man habe aus dem Innenministerium einen entsprechenden Termin erhalten und akzeptiert. Die Vertreter der Menschenrechtsorganisation erwarten sich demnach, nächste Woche bereits "wesentliche Verbesserungen" an Ort und Stelle dokumentieren zu können.

Amnesty Österreich hatte von der Zentrale in London den Auftrag für eine international autorisierte "Research-Mission" erhalten. Gemeinsam mit einem österreichischen Team soll eine Mannschaft aus London prüfen, wie es aus menschenrechtlicher Sicht um das heimische Flüchtlingswesen bestellt ist.

Wien nimmt alle unbegleiteten Mädchen aus Traiskirchen auf
Die Stadt Wien hatte beteits am Freitagvormittag mitgeteilt, dass sie alle unbegleiteten Mädchen aus der Erstaufnahmestelle Traiskirchen aufnimmt. Die rund 50 minderjährigen Mädchen sollen vom Arbeitersamariterbund abgeholt und in eine leer stehende Liegenschaft der Stadt Wien gebracht werden.

Angesichts der dramatischen Situation in Traiskirchen habe sie mit Flüchtlingskoordinator Peter Hacker besprochen, welche zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen die Bundeshauptstadt noch setzen könne, "um endlich Bewegung in die offensichtlich österreichweite Erstarrung zu bringen", sagte die Wiener Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely. Wien betreut nach Angaben Wehselys derzeit knapp 10.000 Flüchtlinge, davon 500 unbegleitete Minderjährige.

Mehr Geld für Minderjährige
Die Regierungsspitze kündigte am Freitag an, für unbegleitete Minderjährige ab sofort den Tagsatz zu erhöhen. Für die Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen in Wohngruppen stehen mit 1. August dann 95 Euro statt bisher 77 Euro pro Tag zur Verfügung. Damit kommt die Regierung einer dringenden Forderung von NGOs und Kinderanwälten nach. Die jährlichen Mehrkosten dafür werden mit 32 Millionen Euro beziffert.

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