Grenzwerte erhöht

So viel dürfen Lebensmittel strahlen

Salzburg
26.07.2015 20:55
Schock bei Salzburgs Atom-Gegnern: Das Europa-Parlament hat im Juli weitgehend unbemerkt die Höchstwerte radioaktiver Verseuchung bestätigt, die bei einem Atom-Unfall für Lebensmittel gelten werden. Diese waren nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl festgelegt worden, Experten hatten wiederholt verlangt, die hohen Grenzwerte zu senken. Auch Österreichs EU-Parlamentarier, ausgenommen Grüne und FPÖ, stimmten für die viel zu hohen Grenzwerte.

Salzburger erinnern sich noch ganz besonders an die Atom-Katastrophe von Tschernobyl in der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986: Unsere Milch war damals so stark radioaktiv belastet, dass Babys sie nicht trinken durften. Wegen eines Atomreaktors, der in 1000 Kilometern Entfernung in der Ukraine explodierte! Die "Mütter gegen Atomgefahren" mit der grünen Landtagsabgeordneten Karoline Hochreiter organisierten damals unbelastete Milch aus dem Lungau, die im Hof des Schlosses Mirabell verteilt wurde.

Nach Tschernobyl war unsere Milch verseucht
Die jetzigen EU-Beschlüsse sind für Prof. Heinz Stockinger von der Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE) eine verpasste Chance auf gesündere Lebensmittel: "Eine unverantwortliche Entscheidung gegenüber den Bürgern, verseuchte Grundnahrungsmittel kann man damit in Zukunft leichter auf unseren Markt bringen, kontaminierte Lebensmittel dürfen in der EU dann völlig unbeschränkt gehandelt werden."

Strahlende Lebensmittel dürfen in den Handel
Es geht um zwei Haupt-Isotope (Caesium 137 und Jod). Bei Grundnahrungsmitteln gilt die Obergrenze von 2000 Becquerel/kg (Jod) bzw. 1250 Bq/kg (Cs-137). "Das bedeutet unannehmbar hohe Risken für Kinder, schwangere und stillende Frauen", so die CRIIRAD-Strahlen-Experten der französischen Universität von Valence.

Keiner kennt die Namen der EU-Strahlen-Experten
Heinz Stockinger: "Ein Skandal ist es auch, dass die Grenzwerte von 31, von den EURATOM-Staaten bestellten Experten festgeschrieben wurden, deren Namen geheim gehalten werden. Von ihnen kennt man auch keine Funktionen, Publikationen, nichts ist überprüfbar. Man kann sie nicht zur Verantwortung ziehen." Schöpft man die Grenzwerte tatsächlich aus, würde das eine 30-prozentige Mehrbelastung an Strahlen bringen. Nach Ansicht des PLAGE-Chefs hat die EU und die Atomlobby nur ein Ziel: "Die Strahlendosen und Risken herunter zu spielen." Selbst vor massiven Lügen schreckt man dabei nicht zurück: Bei der Verseuchung des Trinkwassers hätte die Grenzwertberechnung laut WHO einen Tages-Verbrauch von zwei Litern annehmen sollen: "Doch die EU-Experten gehen von zwei Schluck am Tag, gerade einmal 16 Milliliter aus. Das führt zu geradezu kriminellen Grenzwerten."

Zehnfach höhere Werte als für Grundnahrungsmittel wie Milch, Fleisch, Fisch, Getränke, Wasser, Obst, Gemüse und Getreide gelten für so genannte "Nahrungsmittel von minderer Bedeutung" (Gewürze, Fenchel, Zitrusfrüchte, Knoblauch, Wurzeln und Knollen etc.). Auch Salzburgs EU-Abgeordnete Claudia Schmidt (VP) hat die Hand gehoben und zugestimmt. Stockinger bedauert das: "Wir hatten ihr angeboten, sie über Hintergründe zu informieren." Laut Experten wurden die Grenzwerte für einen Atom-Unfall außerhalb der EU festgelegt, doch Heinz Stockinger ist überzeugt: "Die Regelung gilt für jeden GAU, auch innerhalb der EU. Und die Experten haben schon angedeutet, dass die Werte nötigenfalls rasch weiter angehoben werden könnten." Und der nächste Super-GAU kommt bestimmt: Seit 1979 gab es drei davon (Harrisburg, Tschernobyl, Fukushima).

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