"Haut's ab!"

Emotionale Asyl-Demo der ÖH in Traiskirchen

Österreich
26.07.2015 17:46
Sehr emotional zu Beginn, doch ohne gröbere Zwischenfälle ist am Sonntag die Asyl-Demonstration der Österreichischen Hochschülerschaft in Traiskirchen über die Bühne gegangen. Die Stimmung in der Stadt, in der sich das überfüllte Erstaufnahmezentrum des Bundes befindet, war zu Beginn aufgeheizt. Teile der Bewohner goutierten die Kundgebung nicht, die Reden der Aktivisten wurden von Buhrufen unterbrochen, die Stimmung beruhigte sich erst im Verlauf der Demonstration wieder.

Nach Veranstalterangaben waren "an die 500 Teilnehmer" dem Aufruf zur Demonstration gefolgt - im weiteren Verlauf sollen es sogar bis zu 1.000 Demonstranten gewesen sein. Laut Polizei waren es nur bis zu 300 Menschen. Der niederösterreichische Polizeisprecher Markus Haindl berichtete von "mindestens ebenso vielen Schaulustigen". Es habe keine Verletzten und auch keine Festnahmen gegeben, resümierte Haindl. Er berichtete von einer - einzigen - angeblichen Sachbeschädigung, bei der ein Mistkübel angezündet worden sein soll.

"Seit 60 Jahren der Nachttopf der Nation"
"Haut's ab", "Schleicht's euch" und ähnliche Aufforderungen zu gehen bekamen die Demonstranten zu Beginn von den Einwohnern der Stadt zu hören. Nur die Bewohner, die seit Jahrzehnten mit dem Flüchtlingslager leben, hätten das Recht, hier zu demonstrieren, sagte etwa ein Zaungast. Noch kein Traiskirchner habe einem Asylwerber etwas getan, betonte er. Aber: "Wir sind seit 60 Jahren der Nachttopf der Nation." Nun sei es "5 vor 12", vonseiten der Politik gebe es keine Lösung.

Von einem Pritschenwagen aus erklangen die Reden der Aktivisten, die - jeweils ins Englische übersetzt - unter anderem von einem Sieg der Demokratie über das zuvor verhängte Verbot einer von der Initiative "Freedom Not Frontex Vienna" geplanten Demonstration sprachen. Scharfe Kritik wurde an denjenigen geübt, die Schuld an der angesichts zunehmender Flüchtlingszahlen eskalierenden Situation tragen würden. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner habe jegliche Hilfeleistung unterlassen, auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll trage Verantwortung.

Asylwerber: "Wir sind keine Tiere"
Dann führte der Demonstrationszug durch die Gassen bis zum Flüchtlingslager, die Teilnehmer skandierten Parolen wie "No border, no nation, stop deportation". Auch Asylwerber kamen zu Wort und schlossen sich im Verlauf dem Protest an. "We want passports", war zu hören, "wir sind keine Tiere, wir sind Menschen, Kinder, Familien". Und auch: "Wir wollen nicht zurück in die Hölle."

"Immer nur warten, warten, warten"
Es heiße immer nur "wait, wait, wait", erzählte ein 26-jähriger Iraker. Der studierte Journalist wurde am 30. Juni in Traiskirchen aufgenommen - und schläft nach seinen Angaben seit 26 Tagen im "Garten". Auf seiner Bescheinigung stehe "Unterkunft: kein Bett". Ähnliches sagte eine 20-jährige Frau aus Somalia, die seit eineinhalb Monaten mit ihrem Mann "wartet". "No good here", sagte ein 15-Jähriger aus demselben Land.

Bürgermeister Andreas Babler erklärte am Rande der Demonstration, dass er nichts davon halte, Proteste gegen die österreichische Asylpolitik nach Traiskirchen zu tragen, wo die Bevölkerung nichts für die Zustände könne. Wenn er die Kompetenzen hätte, würde es derartige Massenlager nicht geben, so Babler.

"Nonstop-Kundgebung" für Flüchtlinge auch in Wien
Eine "Nonstop-Kundgebung" für eine humanere Flüchtlingspolitik findet seit Sonntagabend auch vor der Staatsoper in Wien statt. Dabei soll gegen die Art und Weise protestiert werden, mit der aus der Situation verzweifelter Menschen politische Kleingeld geschlagen werde. Gefordert wird, die Zustände im Lager Traiskirchen sofort zu beenden und alle Flüchtlinge in Österreich menschenwürdig unterzubringen. Zahlreiche Künstler wollen für ein Programm rund um die Uhr sorgen.

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