Pulverfass Türkei

Nach Luftangriff: PKK kündigt Waffenstillstand auf

Ausland
25.07.2015 12:20
Nachdem die türkische Luftwaffe am Freitag und Samstag erneut Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien ins Visier genommen, dabei aber auch Angriffe auf Militärlager der von Ankara verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans geflogen hat, hat die PKK ihren Waffenstillstand mit der türkischen Regierung aufgekündigt. Nach dem Luftangriff auf PKK-Lager im Nordirak in der Nacht sei der Waffenstillstand bedeutungslos geworden, erklärte die PKK am Samstag auf ihrer Internetseite.

Die beiden Seiten hatten 2012 Friedensgespräche begonnen. Dabei wurde auch ein Waffenstillstand und ein Abzug der PKK-Kämpfer aus der Türkei in den Nordirak vereinbart. Der Friedensprozess liegt vor dem Hintergrund gegenseitigen Misstrauens derzeit aber auf Eis.

Militärlager der PKK im Nordirak bombardiert
Die Kampfjets vom Typ F-16 hoben vom Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir im Südosten des Landes ab, wie die Fernsehsender CNN-Türk und NTV berichteten. Die Luftwaffe habe Stellungen des IS in Syrien und der PKK im Nordirak bombardiert, teilte das Büro von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Samstag mit. Im Nordirak wurden demnach Ziele wie Unterstände und Waffenlager der PKK angegriffen. Unter den genannten Orten sind auch die Kandil-Berge, wo die Kurdenkämpfer ihr Hauptquartier haben. Neben den Luftangriffen seien auch Artillerieangriffe türkischer Bodentruppen erfolgt.

Die PKK wird von der türkischen Regierung als Terrororganisation eingestuft. Mitglieder des bewaffneten Arms der PKK hatten sich in dieser Woche zur Tötung zweier Polizisten in der Türkei bekannt. Sie bezeichneten die Taten als Vergeltung für das Massaker von Suruc in der Südtürkei, bei dem 32 Menschen getötet und etwa 100 weitere verletzt wurden.

600 Festnahmen bei Razzien
Als Reaktion auf die jüngste Gewalt ging die türkische Polizei am Freitag auch mit Anti-Terror-Razzien gegen mutmaßliche Extremisten vor. Insgesamt wurden 590 Menschen wegen Terrorvorwürfen festgenommen. Außer gegen den IS und die PKK richteten sich die Razzien auch gegen die PKK-Jugendorganisation YDG-H sowie gegen die marxistische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C. Eine Frau wurde dabei laut der Nachrichtenagentur Anadolu bei einer Schießerei mit Polizisten in Istanbul getötet.

Am Freitagabend kam es dort bei Protesten gegen die IS-Miliz zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Einsatzkräfte gingen mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Teilnehmer der Kundgebung vor. Diese verurteilten das Attentat in Suruc und warfen der Regierung vor, IS-Kämpfer in der Türkei zu tolerieren.

Türkei geht erstmals gegen den IS vor
Die türkische Luftwaffe flog nach Angaben von Davutoglu am Samstag zum dritten Mal Angriffe gegen Stellungen des IS in Syrien. Bereits Freitagfrüh hatte die türkische Luftwaffe Stellungen der IS-Extremisten im Nachbarland Syrien bombardiert. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei mindestens neun IS-Kämpfer getötet und zwölf weitere verletzt. Der Militäreinsatz gegen den IS habe sein Ziel erreicht und werde fortgeführt, sagte Regierungschef Davutoglu nach den ersten Bombardements.

Es war das erste Mal, dass die türkischen Streitkräfte Angriffe auf IS-Stellungen in Syrien flogen, seit die Miliz im Sommer des Vorjahres weite Teile des Landes erobert hatte. Am Donnerstag hatten türkische Panzer bereits Stellungen der Dschihadisten in Syrien beschossen. Zuvor war ein türkischer Soldat durch Schüsse aus dem Nachbarland getötet worden.

Die Luftangriffe auf die IS-Stellungen markieren eine Kehrtwende im Umgang der Türkei mit der Dschihadistenmiliz. Die islamisch-konservative Regierung in Ankara war seit Langem dafür kritisiert worden, zu wenig gegen die Dschihadisten zu tun. Die Türkei beteiligte sich bisher nicht an den US-geführten Luftangriffen gegen den IS in Syrien. Grund für den nunmehr offenen Konflikt Ankaras mit dem IS ist vor allem der folgenschwere Anschlag vom Montag. Der Selbstmordanschlag wird dem IS zugeschrieben.

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